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Neuartige chemische Bildgebung mit phasenkohärenten Superkontinua

31.12.2004

Bildgebungsverfahren, die selektiv bestimmte Molekülsorten und gegebenenfalls auch ihre Besetzungszustände darstellen können, werden in den unterschiedlichsten Gebieten benötigt, etwa bei der quantitativen Mikroskopie, bei in vivo-Untersuchungen biologischer Proben oder bei der Thermometrie von Verbrennungsprozessen.

Ein eingeführtes Verfahren hierfür ist die kohärente Anti-Stokes-Raman-Streuung (CARS). Dabei werden zwei Lichtfelder (Pump- und Stokes-Feld) in die Probe eingestrahlt, deren Frequenzabstand (die sog. Stokesverschiebung) auf einen Raman-aktiven Übergang des interessierenden Moleküls abgestimmt ist. Sie präparieren eine kollektive Materialanregung, an der der Pumpimpuls inelastisch gestreut wird. Dabei wird seine Energie entsprechend der Stokesverschiebung erhöht, d. h. seine Frequenz wird blauverschoben. Die Leistung des so entstandenen Anti-Stokes Signals (AS-Signal) repräsentiert die gesuchte Stoffkonzentration im Wechselwirkungsvolumen. Bei der konventionellen CARS-Bildgebung wird das AS-Signal einfach mit einem empfindlichen Photodetektor registriert, während die Probe abgerastert wird [1].

Bei dem neuen Heterodyn-CARS-Verfahren wird eine spezielle Eigenschaft des AS-Signals ausgenutzt, die bisher noch nicht betrachtet wurde: es handelt sich bei CARS um einen kohärenten Vierwellenmischprozess. Deshalb liegt hier eine feste Phasenbeziehung zwischen den Stokes-, Pump- und AS-Feldern vor. Mit einem weiteren, starken Überlagerungsfeld auf der Frequenz des AS-Signals, das ebenfalls eine feste Phasenbeziehung zu den Stokes- und Pumpfeldern aufweisen müsste, hätte man damit die Möglichkeit zur Heterodyn-Detektion des schwachen AS-Signals. Die Vorteile dieser Detektionsart sind offenkundig: prinzipiell gestattet sie auch bei starken Hintergrundsignalen eine quantenrausch-limitierte Detektion. Es besteht eine einfache Möglichkeit zur schmalbandigen Filterung und die konfokale Geometrie ermöglicht ein verbessertes laterales Auflösungsvermögen. Auf eine Bildkontrastverbesserung durch „gated-heterodyne-CARS“ (GH-CARS) wird später eingegangen.

In Kooperation mit der Gruppe von Prof. E. Riedle, an der Ludwig-Maximilians-Universität München, wurde erstmalig das GH-CARS-Funktionsprinzip demonstriert. In diesem Experiment wurden drei nichtkollinear phasenangepasste optisch-parametrische Verstärker (NOPA) [2] verwendet, die selektiv drei Spektralbereiche verstärken. Als gemeinsames Eingangssignal diente ein Superkontinuum, das durch Fokussierung von ultrakurzen Lichtimpulsen in eine Saphirplatte erzeugt wurde. Zwei der NOPA-Ausgangssignale erzeugten durch zeitlichen und räumlichen Überlapp in der Probe das AS-Signal, welches mit dem dritten, dem Überlagerungs-NOPA-Signal zur Interferenz gebracht wurde. Es konnte gezeigt werden, dass die Superkontinuumserzeugung mit anschließender parametrischer Verstärkung die Phasenkohärenz erhält.


Typisches Interferogramm, wie es durch Überlagerung von Anti-Stokes- und Überlagerungssignalen entsteht. Das AS-Signal stammt aus der Anregung der symmetrischen C-D-Streckschwingung von Deuterobenzol (C6D6). Frequenzabstand zwischen Stokes- und Überlagerungssignal: ca. 140 THz

Die Ausbildung eines stabilen, kontrastreichen Interferogramms zeigt, dass die Phasenkohärenz im Superkontinuum für eine Heterodyn-Detektion ausreicht. Dazu wurde in einem Experiment, das man sich als nichtlineares Interferometer vorstellen kann, ein Vorschub des Gangunterschiedes von einer viertel Wellenlänge zwischen den Einzelimpulsen realisiert und die Energie von jeweils vier aufeinander folgenden Impulsen miteinander verrechnet. Als Lichtquelle diente hier ein kommerzieller Femtosekundenlaser, der aus einem frequenzverdoppelten Faseroszillator und einem regenerativen Titan-Saphir-Verstärker bestand. Die Impuls-Repetitionsfrequenz betrug ca. 1 kHz. Der Effekt der Heterodyn-Detektion konnte dadurch gezeigt werden, dass das Heterodyn-Signal bei Verminderung des zeitlichen Überlapps von AS- und Überlagerungsimpulsen abnahm.

Bei der CARS-Mikroskopie besteht das Problem, dass neben dem eigentlich gewünschten resonanten stets auch ein nichtresonantes AS-Signal des jeweiligen Lösungsmittels auftritt. Erschwerend kommt hinzu, dass das häufige Lösungsmittel Wasser starke resonante Signale großer spektraler Breite liefert. Ist das interessierende AS-Signal schwach, so kann es vom Hintergrundsignal des Lösungsmittels überdeckt werden.

Die hier erstmals realisierte „gated“-Heterodyn-Detektion eines AS-Signals bietet die Möglichkeit einer effektiven Unterdrückung dieser Hintergrundsignale. Dabei nutzt man aus, dass bei letzteren die kollektive Materialanregung sehr viel schneller abklingt, als diejenige der zu untersuchenden Moleküle. Man strahlt also eine gewisse Zeit nach der Anregung durch die beiden Lichtfelder einen weiteren Lichtimpuls ein, der dann nur noch an der kollektiven Materialanregung der interessierenden Verbindung gestreut wird und zur Emission des gewünschten AS-Signals führt. Um ein hintergrundfreies Heterodyn-Signal zu erhalten, muss der Überlagerungsimpuls lediglich mit dem verzögert eingestrahlten Impuls zeitlich synchronisiert werden.

Die beschriebene Methode zur Unterdrückung von Hintergrundsignalen konnte erfolgreich demonstriert werden. Dazu wurde die Verzögerungszeit des Überlagerungsimpulses variiert und dabei das Heterodyn-Signal registriert. Diese Messung geschah zum einen an einer Probe mit einer langen Phasenrelaxationszeit im Pikosekundenbereich und zum anderen an einer „schnellen“ Substanz als potenzielles Lösungsmittel (s. Bild 2). Man erkennt deutlich, dass nur beim Deuterobenzol zur Zeitposition des abfragenden Impulses (400 und 600 fs) ein Signal entsteht, beim schweren Wasser jedoch nicht. Die Methode erlaubt beispielsweise mit großem Kontrast kleine Benzoltröpfchen in Wasser zu detektieren, die weder mit einem konventionellen Mikroskop noch mit einem konventionellen CARS-Mikroskop zu sehen wären.


Messungen zur Unterdrückung von Hintergrundsignalen bei CARS. Aufgetragen ist das detektierte Heterodyn-Signal über der Verzögerungszeit des Überlagerungssignals. Verglichen werden Deuterobenzol (C6D6) und schweres Wasser (D2O). Δt bezeichnet die nominelle Verzögerungszeit des abfragenden Pumpimpulses relativ zu den anregenden Pump- und Stokes-Impulsen


Literatur:

[1] A. Zumbusch, G. R. Holtom und X. S. Xie, Phys. Rev. Lett. 82, 4142 (1999)

[2] T. Wilhelm, J. Piel und E. Riedle, Opt. Lett. 22, 1494 (1997)