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Ultrakalte Strontium-Atome für eine optische Gitteruhr

31.12.2006

Das Licht optischer Übergänge hat eine um fünf Größenordnungen höhere Frequenz als die Strahlung von Mikrowellenübergängen. Daher weisen Uhren, die solche optischen Übergänge als Referenz benutzen, gegenüber heutigen primären Cs Uhren Vorteile bezüglich der erreichbaren Stabilität und Genauigkeit auf. Es wird daher erwartet, dass in naher Zukunft die SI-Einheit „Sekunde“ über optische Frequenzen neu definiert wird. Hierbei gelten in elektrischen Fallen gespeicherte einzelne Ionen und in optischen Gittern gefangene neutrale Atome als aussichtsreiche Kandidaten. Im letzteren Fall, der sog. optischen Gitteruhr, werden ca. eine Million neutraler Atome in einem Lichtfeld sich kreuzender Laserstrahlen gespeichert. Dabei lassen sich die Störungen der Falle auf den sehr schmalen atomaren Uhren-Übergang durch Wahl einer geeigneten Wellenlänge des optischen Gitters aufheben.


Schematische Darstellung des Potentials eines optischen Gitters. Die Atome werden in den Potentialmulden dieses Gitters gefangen.

Als wichtiger Schritt zu einer solchen „Gitteruhr“ wurde in der PTB eine Apparatur zur Laserkühlung und Speicherung von Strontiumatomen fertiggestellt. Mit ihr ist es jetzt möglich, innerhalb weniger Millisekunden 107 Atome bis auf eine Temperatur von 1 µK abzukühlen. Diese Kühlung erfolgt dabei in mehreren Schritten.

Zunächst werden die ursprünglich 400 m/s schnellen Atome eines thermischen Atomstrahls durch einen entgegenlaufenden Laserstrahl bis auf 40 m/s abgebremst. Die langsamen Atome werden dann durch weitere Laser aus dem Strahl herausgelenkt und in einer magnetooptischen Falle eingefangen. Diese ersten Schritte der Manipulation erfolgen auf der blauen Strontium-Resonanzlinie bei 462 nm und liefern Atome bei einer Temperatur von 2 mK. Nachdem die Falle 10 ms lang geladen wurde, werden die blauen Laserstrahlen abgeschaltet und stattdessen rotes Licht der Interkombinationslinie bei 689 nm eingestrahlt. In dieser „roten“ magnetooptischen Falle kühlen die Atome weiter bis auf wenige µK ab.

Die Messung der Temperatur und Dichte der kalten Atomwolke erfolgt durch Beobachtung ihrer Expansion nach Abschalten der roten magnetooptischen Falle. Dabei wird der Schatten, den die Atomwolke durch die Absorption eines resonanten Laserstrahls wirft, mit einer CCD Kamera aufgenommen und ausgewertet.

Eine Reihe von Absorptionsbildern (Abb. 2) zeigt, wie die Atomwolke unter dem Einfluss der Schwerkraft herunterfällt und aufgrund der verbleibenden thermischen Bewegung expandiert.


Zeitreihe von Absorptionsbildern in Falschfarbendarstellung einer frei expandierenden Wolke von ca. 107 Strontium-Atomen. Das erste Bild wurde 6 ms nach Abschalten der Falle aufgenommen. Der zeitliche Abstand der Bilder beträgt 2 ms, die einzelne Größe 1,7 mm x 1,9 mm.

Als nächste Schritte sind der Transfer der ultrakalten Atome in ein optisches Gitter und die Messung der Frequenz des wenigen Millihertz breiten Uhren-Übergangs geplant.