Logo der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt

Zerstörungsfreie Bestimmung von Profilgeometrien von diffraktiven optischen Strukturen mit hohem Aspektverhältnis

13.10.2009

Es wird ein nichtinvasives Verfahren vorgestellt, mit dem die Profilgeometrie optisch diffraktiver Strukturen mit hohem Aspektverhältnis quantitativ charakterisiert werden kann. Es werden exemplarisch Ergebnisse von Profilbestimmungen an einem PMMA-1D-Sinusgitter und an einem Quarz-2D-Kreisgitter (Axicon) gezeigt.


Einführung
Die nichtinvasive bzw. zerstörungsfreie Bestimmung der Profilgeometrie diffraktiver optischer Strukturen ist bei einem hohem Aspektverhältnis (Verhältnis Strukturtiefe zu Strukturbreite >> 1) sowohl mit dem Rasterelektronenmikroskop (REM) als auch mit dem Rasterkraftmikroskop (AFM) oft nicht möglich. So ist z. B. in REM-Aufnahmen der Boden dieser Strukturen aufgrund des hohen Aspektverhältnisses häufig nicht sichtbar. Das AFM stößt ebenso an seine Grenzen, da selbst mit superfeinen Spitzen der Boden von solchen diffraktiven Strukturen nicht mehr erreicht wird. Es wurde ein Replikationsverfahren auf Basis von UV-aushärtenden Polymeren entwickelt, wobei zuerst von der Originalprobe ein Abguss hergestellt, für REM-Untersuchungen geeignet präpariert und anschließend glasartig gebrochen wird. Das gebrochene Replikat kann dann – senkrecht zur Strukturgeometrie – unter dem Elektronenmikroskop betrachtet und analysiert werden.


Das Verfahren
Die einzelnen Schritte zur Herstellung von nicht-invasiven Profilschnitten sind in Bild 1 dargestellt. Es wird zuerst ein Negativ-Replikat vom Original (Master) hergestellt.

 

Verfahrensschritte zum nichtinvasiven Herstellen eines Profilschnittes.

Bild 1: Verfahrensschritte zum nichtinvasiven Herstellen eines Profilschnittes.

Dafür werden als bevorzugte Materialien Celluloseacetat (CA) oder Polyvinylalkohol (PVA) eingesetzt. Abformungen mit Celluloseacetat sind z. B. von Quarz-, Silizium- oder Chrommastern möglich. PVA ist zusätzlich auch für Polymere geeignet. Falls aus irgendwelchen Gründen Reste des Replikatmaterials auf der Originalprobe zurückbleiben, können diese bei Verwendung von Celluloseacetat mit Aceton und bei Polyvinylalkohol mit Wasser wieder abgelöst werden. CA- oder PVA-Replikate lassen sich in vernünftiger Qualität nicht brechen, da diese Materialien zu weich sind. Auch das vorherige Abkühlen z. B. in flüssigem Stickstoff führt nicht zum Erfolg, da sich damit erfahrungsgemäß keine guten Bruchkanten realisieren lassen. Beispielsweise lagert sich bei PVA beim Wiedererwärmen auf Zimmertemperatur Kondenswasser in die Strukturen ein, was zu einer starken Verformung der Bruchkanten und der Strukturen führt. Deshalb wird im Schritt (1b) von dem „weichen“ Negativ-Replikat mittels eines UV-aushärtenden Polymer (z. B. Ormocomp, siehe www.microresist.com) ein hartes, „glasartiges“ Positiv-Replikat erzeugt [1]. Zur Untersuchung im REM wird dieses Positiv-Replikat mit einer dünnen Metallschicht, z. B. 5 nm Platin, besputtert (1c). Dieses Positiv-Replikat könnte im Prinzip direkt gebrochen werden, jedoch können hierbei sehr leicht die abgeformten Oberflächenstrukturen beschädigt werden. Deshalb wird in Schritt (1d) das Positiv-Replikat nochmals in das UV-aushärtende Polymer eingebettet. Man erhält ein glasartiges Sandwich aus UV-Polymer/Sputterschicht/UV-Polymer, das sich einfach brechen lässt, ohne die eingebetteten Strukturen zu deformieren. Im REM lässt sich das vom Original replizierte Profil, d. h. die Sputterschicht, wegen des hohen Kontrastes gut sichtbar machen und kann anschließend quantitativ analysiert werden.


Anwendungsbeispiele
a) PMMA-1D-Sinusgitter

Besputterter PVA-Abguss (Negativ-Replikat).

Bild 2: Besputterter PVA-Abguss (Negativ-Replikat).

Als Material für das Negativ-Replikat eignet sich hier nur PVA, da für einen Abdruck in CA die Probe zuvor mit Aceton benetzt werden muss, was jedoch die PMMA-Struktur angreifen würde. In Bild 2 ist eine REM-Aufnahme des PVA-Abgusses dargestellt. Das Profil des Sinusgitters ist in Bild 3 zu sehen. Man kann daraus eine Strukturhöhe von ca. 330 nm ermitteln. 

REM-Aufnahme des Profilschnitts  REM-Aufnahme des Profilschnitts

Bild 3: REM-Aufnahme des Profilschnitts (links: Original, rechts: mit eingezeichnetem sinusförmigen Profil).

b) Quarz-2D-Gitter (Axicon)
Mikrostrukturen mit hohem Aspektverhältnis in dielektrischen Materialien wie Quarz wirken polarisierend. Bei geeigneter Einstellung der Profilparameter können somit Polarisatoren hergestellt werden. Mit radial-symmetrischen Strukturen wie z. B. mit den konzentrischen Ringsystemen in so genannten Axicons kann eine radiale Polarisationsverteilung erzeugt werden. Solche Polarisationsverteilungen sind beispielsweise in der hochauflösenden Mikroskopie von Interesse. Bei den hier untersuchten Axicons haben die konzentrische Ringe typische Breiten von 100 nm bis 500 nm und Strukturtiefen im Bereich von 600 nm bis 2.500 nm, je nach Anwendung.
Die Axicons wurden als transmissive Elemente in Quarzglas vom Heinrich-Hertz-Institut hergestellt. Dazu wurde die Axiconstruktur zunächst mit einem Elektronenstrahlbelichter mit hoher Auflösung (bis 10 nm) in eine dünne PMMA-Schicht geschrieben. Nach der Entwicklung wird das Ring-Muster in einem nasschemischen Ätzprozess in die darunter liegende Chromschicht von ca. 100 nm Dicke kopiert. Im anschließenden anisotropen Plasma-Ätzprozess wird das Chrom-Muster ins Quarzglas übertragen. Die Verwendung von Chrom als "harte Ätzmaske" dient zur Erzielung einer hohen Ätzselektivität, mit der große Strukturtiefen und hohe Aspektverhältnisse erreicht werden [2].
Die REM-Aufnahmen in Bild 4 zeigen links ein Original-Axicon und rechts eine CA-Replikation.

REM-Aufnahmen REM-Aufnahmen

Bild 4: REM-Aufnahmen (links: Original-Axicon, rechts: Besputterter CA-Abguss).

REM-Aufnahmen REM-Aufnahmen

Bild 5: REM-Aufnahme des Profilschnitts.

In  Bild 5 sind REM-Aufnahmen des gebrochenen Sandwichsystems des Axicons zu sehen. Man erkennt im Profilschnitt die Axicon-Strukturen und kann die Form der Profile quantitativ messen ohne das Original-Axicon zu zerstören (hier: Höhe ca. 1,8 µm, Breite: 250 nm, Aspektverhältnis: ca. 7,2).


Diskussion und Zusammenfassung
Mit dem hier dargestellten Verfahren steht eine Methode zur nichtinvasiven Bestimmung der Profil­geometrie von diffraktiven optischen Elementen - auch mit hohen Aspektverhältnissen - zur Verfü­gung. Die beiden gezeigten Anwendungsbeispiele (Strukturen in PMMA und in Quarz) machen deutlich, dass es sich um eine universelle Methode handelt, mit der quantitative Untersuchungen der Profilgeometrie möglich sind.



Literatur:

[1]        J. J. Wang et al., Wafer-Based Nanostructure Manufacturing for Integrated Nanooptic Devices, Journal of Lightwave Technology, Vol. 23(2), (2005)

[2]        R. Brunner et al., Diffraction Based Solid Immersion Lens, J. Opt. Soc. Am. A, Vol. 21, No. 7, pp. 1186-1191 (2004)



Ansprechpartner:
Name:Gerd Ehret
Fachbereich:4.2, Bild- und Wellenoptik
Arbeitsgruppe:4.21, Form- und Wellenfrontmetrologie