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Verbesserte Messung der Stoßverschiebung an der Fontänen-Uhr CSF2

12.12.2011

Die Gesamtunsicherheit von Messungen mit Fontänen-Uhren setzt sich zusammen aus deren systematischer Unsicherheit und einer statistischen Unsicherheit, die sich aus der charakteristischen Frequenz-Instabilität (dem Frequenzrauschen) einer Fontänen-Uhr und der jeweiligen Messzeit ergibt. Bei der Verbesserung von Fontänen-Uhren ist daher eine Stoßrichtung die Reduzierung der Frequenz-Instabilität, um bei endlicher Messzeit einen möglichst geringen statistischen Messunsicherheitsbeitrag zu erreichen.

Die Frequenz-Instabilität der Fontänen-Uhr CSF2 wird wesentlich durch die Zahl der detektierten Atome (Quantenprojektionsrauschen) bestimmt [1]. Ein Ansatz zur Verbesserung der Instabilität ist daher die Erhöhung der Zahl der detektieren Atome. Dies führt allerdings zu einer größeren Dichte der Atomwolke und somit zu einer größeren Verschiebung der Resonanzfrequenz durch die Stöße der Atome untereinander. Beim bisher verwendeten Verfahren zur Bestimmung dieser Stoßverschiebung werden die Atome in einem Extra-Mikrowellenresonator entweder möglichst vollständig (bei „optimaler“ Mikrowellenamplitude) oder nur teilweise (bei reduzierter Mikrowellenamplitude) in den gewünschten Ausgangszustand für den Uhrenbetrieb gebracht. Mit den daraus sich ergebenden unterschiedlichen atomaren Dichten werden dann Frequenzmessungen durchgeführt und aus den resultierenden Frequenzunterschieden dieser Messungen wird die Stoßverschiebung bestimmt. Da aber die Feldstärke im Resonator über die Durchtrittsöffnung für die Atome variiert, ergibt sich über den Querschnitt der Durchtrittsöffnung kein konstantes Verhältnis der Dichten für die beiden Messungen. Wie auf der linken Seite der Abbildung für ein mittleres Dichteverhältnis von 0,5 gezeigt, variiert dieses Verhältnis um etwa 10% über die Durchtrittsöffnung, was zu einer systematischen Unsicherheit bei der Bestimmung der Stoßverschiebung führt. Diese Unsicherheit steigt mit der Anzahl der detektierten Atome. Der Gewinn bei der statistischen Messunsicherheit beim Betrieb mit einer hohen Atomzahl wird dann mit einer erhöhten systematischen Messunsicherheit bezahlt.

Bei Verwendung der Methode der sogenannten Rapid Adiabatic Passage (RAP) [2] ist es möglich, die systematische Unsicherheit bei der Ermittlung der Stoßverschiebung um eine Größenordnung zu verringern. Dazu müssen sowohl Frequenz als auch Amplitude der Mikrowellenstrahlung im Extra-Resonator während des Durchflugs der Atome moduliert werden. Als Resultat wird nicht nur die mittlere Dichte der Atomwolke um einen Faktor 2 variiert, sondern auch die lokale Dichte über die gesamte Durchtrittsöffnung, wie auf der rechten Seite der Abbildung zu sehen ist.


Gezeigt ist jeweils das mittels einer Monte-Carlo Simulation berechnete Verhältnis von niedriger zu hoher Atomzahldichte über die Durchtrittsöffnung des Extra-Mikrowellenresonators links für das herkömmliche Verfahren zur Stoßverschiebungsbestimmung und rechts für das neue Verfahren mit Hilfe der RAP. In beiden Fällen liegt das Dichteverhältnis im Mittel bei 0,5. Beim neuen Verfahren ergibt sich aber ein deutlich homogeneres Verhältnis über die Durchtrittsöffnung.


Das neue RAP-Verfahren wurde vor kurzem an der Fontänen-Uhr CSF2 in Betrieb genommen. Experimentelle Untersuchungen haben gezeigt, dass das Verhältnis von normaler zu reduzierter Dichte der Atomwolke um weniger als 0,5% von dem Faktor 2 abweicht. Dieses Ergebnis ermöglicht den Betrieb von CSF2 mit wesentlich höheren Atomzahlen, ohne dass die systematische Unsicherheit signifikant steigt. Die sich aus einem solchen Betrieb ergebende kleinere Frequenz-Instabilität ermöglicht das Erreichen geringerer Gesamtunsicherheiten in kürzerer Zeit.


Literatur:

[1]    V. Gerginov, N. Nemitz, S. Weyers, R. Schröder, D. Griebsch, R. Wynands, Uncertainty evaluation of the caesium fountain clock PTB-CSF2, Metrologia 47, 65 (2010)
[2]    F. P. Dos Santos, H. Marion, S. Bize, Y. Sortais, A. Clairon, C. Salomon, Controlling the cold collision shift in high precision atomic interferometry, Phys. Rev. Lett. 89, 233004 (2002)