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Ein Fahrstuhl für Atome in der Strontium-Gitteruhr

11.12.2011

Optische Uhren sind die Atomuhren der Zukunft. Sie haben das Potential 100-fach genauer und 1000-fach stabiler als die z. Z. besten Caesium Atomuhren zu sein. In einer optischen Uhr dient ein atomarer Übergang im sichtbaren Spektralbereich als Referenz, also mit einer Frequenz von etwa 500 THz. Im Gegensatz dazu arbeiten die z. Z. besten Caesium Atomuhren mit einer 50 000-fach geringeren Frequenz im Mikrowellenbereich. Sie machen die Sekunde zu der am genauesten realisierten SI Einheit.
Momentan werden verschiedene Typen optischer Uhren erforscht. In optischen Gitteruhren werden die Referenzatome im Interferenzmuster zweier fokussierter Laserstrahlen – dem optischen Gitter – gehalten, damit sie sich während der Spektroskopie um weniger als den Bruchteil einer Wellenlänge bewegen. Strontium Gitteruhren sind die weltweit am besten erforschten optischen Uhren und sind bereits hinsichtlich Stabilität und systematischer Genauigkeit besser als die z. Z. besten Caesium Atomuhren [1]. Weitere Verbesserungen der Strontium Gitteruhren sind in Zukunft möglich, insbesondere mit einem besseren Verständnis des Einflusses der thermischen Strahlung aus der Umgebung. Dazu ist es nötig, die Atome in einer gut kontrollierten Umgebung zu untersuchen – was in den üblichen Aufbauten schwierig ist [2].
In der Strontium Gitteruhr der PTB wurde nun zum weltweit ersten Mal ein mechanisch bewegtes optisches Gitter realisiert (Abbildung 1). Damit ist es nun möglich die Atome mit hoher Transporteffizienz (>95%) und in kurzer Zeit (230 ms) in eine etwa 5 cm entfernte Umgebung zu verschieben um sie dort zu untersuchen.
Um den Einfluss thermischer Strahlung besser beschreiben zu können soll zunächst die Wirkung statischer elektrischer Felder auf den atomaren Referenzübergang untersucht werden. Dazu werden die Atome in einen Plattenkondensator verschoben, dessen elektrisches Feld mit sub-Promille-Genauigkeit bekannt ist. Damit dies möglich ist darf der Plattenabstand von 0.5 cm nur um wenige 100 nm über eine Länge von 7 cm variieren. Zudem muss er mit der selben Genauigkeit absolut bekannt sein. Abbildung 2 zeigt den hierfür gebauten Kondensator, der aus goldbeschichteten Zerodurplatten besteht und dessen Parallelität interferometrisch  gemessen wurde.
Erste Messungen zeigen (Abbildung 3), dass die Stabilität der Strontium Gitteruhr durch den Transport der Atome selbst nicht beeinträchtigt wird. Lediglich die längere Zykluszeit reduziert die Stabilität so, dass eine Genauigkeit von 10-16 in einer halben Stunde erreicht werden kann.

 



Absorptionsaufnahmen der im optischen Gitter gehaltenen Atome vor der Verschiebung und nach einer Verschiebung um 1 mm bzw. um 2 mm. In hellblau sind die überlagerten Gitterstrahlen schematisch angedeutet.



Präzisionskondensator, bestehend aus zwei Zerodurplatten, beschichtet mit einer semitransparenten Goldschicht. Als Größenvergleich dient eine Münze.


Stabilität zwischen zwei alternierend auf die im Gitter gehaltenen Strontium Atome stabilisierten Frequenzen, ohne Transport (Dreiecke) und mit Transport (Kreise). Der erwartete 1/τ1/2 - Abfall wird durch die blaue bzw. rote Linie hervorgehoben. Die Instabilität einer nicht alternierend stabilisierten Uhr ist halb so groß.


Literatur:

[1]    S. Falke, H. Schnatz, J. S. R. Vellore Winfred, T. Middelmann, S. Vogt, S. Weyers, B. Lipphardt, G. Grosche, F. Riehle, U. Sterr, C. Lisdat, The 87Sr optical frequency standard at PTB, Metrologia 48, 399 (2011)

[2]     T. Middelmann, C. Lisdat, S. Falke, J. S. R. Vellore Winfred, F. Riehle, U. Sterr, Tackling the Blackbody Shift in a Strontium Optical Lattice Clock, IEEE Trans. Instrum. Meas. 60, 2550 (2011)