Logo der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt
Panoramablick in die Uhrenhalle der PTB mit den vier Caesiumuhren CS1, CS2, CSF1 und CSF2.

Zeitnormale

Arbeitsgruppe 4.41

Die Uhrzeit aus einer Fontäne kalter Atome

In vieler Hinsicht ist eine Fontänen-Atomuhr eine logische Weiterentwicklung der bisher gebräuchlichen Atomuhren mit einem thermischen Atomstrahl. In einer herkömmlichen Atomuhr wird ein thermischer Caesiumatomstrahl geformt, der nur Atome in einem Hyperfeinstrukturzustand enthält. Er wird in zwei getrennten Bereichen von Mikrowellenfeldern bestrahlt, die mit gleicher Phase nahe der Resonanzfrequenz schwingen. In der ersten Zone werden die Atome in eine Überlagerung aus den beiden Hyperfeinstrukturzuständen des Grundzustandes gebracht. Dieser Superpositionszustand oszilliert anschließend mit seiner charakteristischen Eigenfrequenz. Im zweiten Mikrowellenfeld wird die Phase dieser Schwingung dann mit der des Generatorfeldes verglichen: Die resultierende Besetzung der Hyperfeinstrukturzustände hängt gerade von dieser Phasenlage ab, Messgröße ist daher die Besetzung des zuvor leeren Zustands.

Der Phasenvergleich zwischen atomarer Schwingung und Generatorfeld ist um so genauer, je mehr Zeit zwischen den beiden Mikrowellenanregungen vergeht. Man registriert eine resonanzartige Reaktion der Atome mit einer spektralen "Linienbreite" W, mit W = 1/(2.T), wobei die Wechselwirkungszeit T die Flugzeit zwischen den beiden Anregungen ist.

Schon in den fünfziger Jahren war es das Ziel von Jerrold Zacharias am Massachusetts Institute of Technology, die Flugzeit gegenüber der mit einem thermischen Atomstrahl erreichbaren zu verlängern. Hierzu versuchte er, eine "Caesium-Fontäne" aufzubauen, in der die langsamen Atome aus einer senkrecht orientierten thermischen Quelle unter der Wirkung der Schwerkraft umkehren sollten. Er wollte ihre Zustandsänderung nachweisen, nachdem sie sowohl beim Steigen als auch beim anschließenden Fallen dasselbe Mikrowellenfeld durchflogen hatten. Zacharias war nicht erfolgreich: Die ohnehin geringe Anzahl der ausreichend langsamen Atome in seinem thermischen Strahl wurde durch Stöße im Bereich der Atomstrahlquelle soweit vermindert, dass er kein Signal nachweisen konnte. Die Atome waren "zu heiß", ihre Relativgeschwindigkeiten zu groß.

Ganz anders heute: Durch Laserkühlung sammelt man in Bruchteilen einer Sekunde etwa 107 kalte Caesiumatome in einer Wolke auf, deren Relativgeschwindigkeiten im Bereich von einigen cm/s liegen. Die Atome sind sozusagen "eingefroren" und man erhält eine Quelle kalter Atome. Werden die Laser, die die vertikale Bewegung der Atome beeinflussen, auf definierte Weise kurzzeitig gegeneinander verstimmt, so kann den gekühlten Atomen ein gezielter "Schubs" aufwärts gegeben werden: Sie fliegen mit einigen m/s nach oben, steigen solange auf, bis die Schwerkraft ihre Bewegungsenergie aufgezehrt hat, und fallen auf dem gleichen Weg wieder zurück. In der Tat ein Szenario, das an eine Fontäne erinnert.

Ähnlich wie in einer konventionellen Atomuhr wird der Energiezustand der Atome manipuliert und gemessen. Die Atome werden zu Beginn in einem einzigen Energiezustand präpariert und sie durchfliegen während ihrer Auf- und Abwärtsbewegung ein Mikrowellenfeld. Die Zeit der Wechselwirkung ist jedoch bedeutend länger als in konventionellen Atomuhren: Wie ein Stein, den man einen Meter hochwirft, benötigen auch die Caesiumatome knapp eine Sekunde, bis sie zum Ursprung zurückkehren. Auf diese Weise wird die Wechselwirkungszeit T verlängert und die Linienbreite des gemessenen Resonanzsignals entsprechend verringert.