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Röntgenoptik

Arbeitsgruppe 4.25

Röntgentopographie

Monochromatische Röntgenstrahlen werden an Kristalloberflächen innerhalb eines sehr engen Winkelbereichs nahezu vollständig reflektiert. Beiderseits des Reflexionsbereiches fällt die Intensität des gestreuten Strahls sehr steil ab. Diesen Effekt kann man zur hochgenauen Charakterisierung oberflächennaher Gitterverzerrungen ausnutzen. Die Arbeitsgruppe besitzt verschiedene Röntgenbeugungsapparaturen zur Sichtbarmachung von Kristallbaufehlern, darunter eine Anordnung aus zwei Kristallen, von denen einer, der sogenannte Vorkristall, lediglich dazu dient, die Divergenz des Röntgenstrahls zu verkleinern. Der zweite ist der Prüfling, dessen Verzerrungen zu untersuchen sind. Er wird auf die Flankenmitte der Intensitätsverteilung eines Bragg-Reflexes justiert. Lokale Abweichungen im Netzebenenabstand in der Nähe der Oberfläche des Prüfkristalls führen bei dieser Einstellung zu einer der Gitterverzerrung proportionalen Änderung der optischen Dichte auf einer Fotoplatte, die als Detektor für die gestreute Strahlung dient. Gitterverzerrungen von der Größe eines einmilliardstel Bruchteils eines Gitterabstandes sind nachweisbar.

Möchte man besonders großflächige Kristallbereiche möglichst zeitnah untersuchen, wie es z. B. bei Reihenuntersuchungen der Fall sein kann, ist die Doppelkristall-Anordnung nicht das geeignete Mittel. Die Justage ist sehr zeitaufwändig und die abgebildeten Flächen sind relativ klein. Daher wird in unserer Arbeitsgruppe auf eine spezielle Einkristall-Methode: die Berg-Barrett-Topographie zurückgegriffen. Stark ausgeprägte Defekte, wie Zwillinge und Versetzungen lassen sich mit ihr problemlos nachweisen. Der optimale Fall für eine Berg-Barrett-Aufnahme sieht folgendermaßen aus: ein leicht divergenter Röntgenstrahl fällt unter flachem Glanzwinkel auf die Kristalloberfläche. Die einjustierten asymmetrischen Netzebenen im Kristallgitter beugen dann den Strahl so, dass er nahezu senkrecht aus der Kristallfläche kommt. Ein so dicht wie möglich vor der Probe platziertes Detektor-Material wandelt dann die Röntgenintensität in optisch auslesbare Kontrastmuster. Hierdurch entsteht eine geometrisch nahezu unverzerrte, großflächige Abbildung. Defekte machen sich durch größere Intensität bemerkbar. Verwendet man z. B. einen Röntgenfilm, werden z. B. Versetzungen als schwarze Linien auf grauem Hintergrund erkennbar.

Voraussetzung für dieses Verfahren ist, dass man stark asymmetrische Bragg-Reflexe im Prüfling ausfindig machen kann. Zu diesem Zweck wurde ein Zweikreis-Diffraktometer so modifiziert, dass sich ausgewählte asymmetrische Reflexe schnell und sicher finden lassen. Hierzu wird der Prüfling auf einem Motor rotiert, während der Glanzwinkel durchgefahren wird. Die abgebeugte Intensität wird mit einem Photomultiplier erfasst und mit einem Vielkanal-Analysator, der mit der Probenrotation synchronisiert ist, ausgewertet.