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Form- und Wellenfrontmetrologie

Arbeitsgruppe 4.21

Neues Ebenheitsmesssystem DFR

In der Industrie steigt der Bedarf an hochpräzisen Ebenheitsmessungen sowohl mit kleineren Unsicherheiten als auch an größeren Prüflingen stetig. Deshalb wurden an der PTB neue Messsysteme [1-4] für die hochgenaue absolute Topographiemessung von planen Flächen installiert. Diese sog. DFR-Systeme (Deflectometric Flatness Reference) basieren auf deflektometrischen Messprinzipien. Es können damit kreisförmige Prüflinge bis zu 700 mm und langgestreckte Prüflinge bis zu 1 m sowohl liegend als auch stehend gemessen werden. Angestrebt werden mit den Ebenheitsmesssystemen Unsicherheiten, die je nach Prüfling bis zu 0,1 nm für den 95%-Vertrauensbereich betragen können.

Bei den neuen Systemen werden zwei unterschiedliche Deflektometrieverfahren angewendet, die im Folgenden als direkte und Differenz-Deflektometrie bezeichnet werden.Beiden Verfahren gemeinsam ist, dass durch eine hochgenaue Winkelmessung mittels eines Autokollimators die Topographie des Prüflings rekonstruiert wird.

Beim Verfahren der direkten Deflektometrie  (siehe Abb. 1) werden die Steigungswinkel σ(xk)  mit einem hochpräzisen Autokollimator (Genauigkeiten kleiner als 0,01 arcsec) gemessen. Der Autokollimator ist dabei fest mit der Granitbasis verbunden, während mit dem Strahlumlenker der Prüfling gescannt wird.

Abb. 1: Prinzip der direkten Deflektometrie

Die Topographie h(x) erhält man „direkt“ durch Summation der gemessenen Steigungswinkel σ(x):


(*)

Vorteilhaft bei der direkten Deflektometrie sind die kurzen Messzeiten. Nachteilig sind die sich ändernden optischen Weglängen des Autokollimatorstrahls. Dadurch wird die Kalibration des Autokollimators anspruchsvoller und aufwändiger.

Bei der Differenz-Deflektometrie werden dagegen Winkeldifferenzen zwischen Positionen mit festen Abständen - den sog. Shears si - gemessen (siehe Abb. 2). Dieses Verfahren wird auch als Extended Shear Angle Difference (ESAD)-Verfahren bezeichnet. Es wurde in der Arbeitsgruppe erfunden [1] und in der sog. ESAD-Apparatur realisiert [2, 3].

Abb. 2: Prinzip der Differenz-Deflektometrie

Um hier eine eindeutige Lösung zu erhalten, benötigt man in der Regel zwei Shears 1 und 2, die teilerfremd sind [4]. Die Messung liefert die folgenden Winkeldifferenzen:

Δ σ ( xk , si ) = σ ( xk + si ) - σ ( x) mit i = 1,2 für k = 1,2, ...n

Daraus lassen sich durch die sog. natürliche Erweiterung und mittels Transferfunktionen die Steigungswinkel  σ(xk)  berechnen [4]. Aus diesen Steigungswinkeln wird wieder entsprechend Formel (*) die gesuchte Topographie h(xk) berechnet. Vorteilhaft bei der Differenzdeflektometrie ist der nahezu konstante optische Weg des Autokollimatorlichts.

In Abb. 3 ist ein Foto des DFR-Systems für liegende Prüflinge und in Abb. 4 ein Foto des DFR-Systems für stehende Prüflinge gezeigt. Beim DFR-System für liegende Prüflinge besteht die Möglichkeit der direkten und der Differenz-Deflektometriemessung. Beim DFR-System für stehende Prüflinge wird mittels der Differenz-Deflektometrie gemessen.

Abb. 3: Konstruktionsskizze des Aufbaus für liegende Prüflinge (AC: Autokollimator, PP: Pentaprisma)

In Zusammenarbeit mit der Opens internal link in current windowAG 8.42 „Datenanalyse und Messunsicherheit“ werden Modelle entwickelt, um z. B. Einflüsse von Führungsgenauigkeiten, Autokollimatorfehlern und nicht idealen Optiken auf die Messunsicherheit zu quantifizieren und damit eine Messunsicherheit zu berechnen.

Die neuen Ebenheitsmesssysteme werden zur Zeit evaluiert und werden anschließend sowohl für Kundenmessungen als auch für Vergleichsmessungen eingesetzt. Darüber hinaus werden an den Systemen neue Ebenheitsmessverfahren mit höherer lateraler Auflösung untersucht, wie z. B. das sog. Exact Autocollimation Deflectometric Scanning (EADS) [5].