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Feldstärkemesstechnik

Rückführung auf SI-Grundeinheiten: Erzeugung und Darstellung der Kalibrierfelder

Elektromagnetische Felder mit möglichst genau bekannter Feldstärke werden in der PTB als Vorgabewert zur Kalibrierung von kleinen, meist portablen HF-Feldstärkemessgeräten (sogenannte "Strahlungsmonitoren") benötigt. Diese Felder lassen sich naturgemäß nicht als verkörperte Normale bewahren, stattdessen muss man diese physikalischen Größen bei Bedarf in einer "Normalmesseinrichtung" jederzeit erzeugen ("darstellen") können. Dafür kommen nur Verfahren in Betracht, bei denen die Feldstärke von den physikalischen Grundeinheiten abgeleitet ("rückgeführt") ist. Dabei setzt man voraus, dass sämtliche relevanten Komponenten der Apparatur kalibriert und damit bereits rückgeführt sind und dass die Feldgröße ausschließlich an Hand dieser Daten sowie aus den physikalischen Gesetzen abgeleitet wird - im hier interessierenden Frequenz- und Feldstärkebereich sehen wir die klassische Elektrodynamik (siehe auch Jackson, John David) bzw. die "Maxwellschen Gleichungen" dafür als gültig an.

Insbesondere für die magnetische Feldstärke (H, gemessen in A/m) erscheint eine solche Rückführung zunächst einfach, da als Grundgrößen lediglich Länge (Meter) und Stromstärke (Ampere) auftreten. In der Praxis erfordert die Darstellung aller relevanten HF-Feldgrößen - elektrische (E) und magnetische Feldstärke (H) bzw. Energiestromdichte (S) - jedoch eine Vielzahl von Zwischenschritten und führt über speziell für die HF-Technik geeignete Messgrößen. Die Arbeitsgruppe 2.21 verwendet zur Darstellung der Felder daher nur Verfahren, die auf HF-Wirkleistung, Streuparametern (siehe auch Opens internal link in current windowMichel, Hans J.) sowie gegebenenfalls mechanischen Dimensionen basieren. Für diese Größen stehen HF-Messgeräte (Leistungsmesser, Vektor-Netzwerkanalysatoren) zur Verfügung, die eine geringe Messunsicherheit aufweisen und mittels Kalibrierung auf die entsprechenden Normale der Opens internal link in current windowArbeitsgruppe 2.22 Hochfrequenzmesstechnik rückgeführt sind.

Opens internal link in current windowFeldgeneratoren

Opens internal link in current windowAuftragsabwicklung

Die erzeugten Felder müssen für die Kalibrierung bestimmte, gut definierte und reproduzierbare Eigenschaften aufweisen:

Der Energietransport erfolgt nur in einer Richtung als linear polarisierte transversal-elektromagnetische Welle (sogenannte "TEM"-Welle).

Dabei sind die Fernfeldbedingungen erfüllt, d.h.

  • elektrisches und magnetisches Feld sind gleichzeitig vorhanden,
  • die Feldvektoren stehen aufeinander sowie auf der Ausbreitungsrichtung senkrecht und oszillieren in Phase,
  • ihre Amplituden stehen in einem festen Verhältnis (E/H >> 377 Ω).

Je nach Frequenz bzw. Wellenlänge weisen die elektromagnetischen Wellen und die technischen Einrichtungen unterschiedliche Eigenschaften auf. Insbesondere bei niedrigen Frequenzen sind Sendeantennen relativ groß, und die Wirksamkeit von Absorberkabinen ist nur mäßig. Die Bestimmung des Antennen-Gewinnfaktors ist problematisch, außerdem überlagern Rest-Reflexionen von den Kabinenwänden das berechnete Feld und erhöhen so die Gesamt-Unsicherheit noch zusätzlich. In diesem Bereich verwendet man daher stattdessen sog. "TEM-Wellenleiter", deren inneres Volumen jedoch begrenzt ist. Bei höheren Frequenzen sind die Kabinen-Absorber zunehmend wirksam, und der Gewinnfaktor von Hornantennen ist mit geringer Unsicherheit bestimmbar. Zur Kalibrierung von Strahlungsmonitoren ist es daher zweckmäßig, den Frequenzbereich bei ca. 1 GHz zu unterteilen, wobei die Arbeitsgruppe 2.21 im unteren Bereich geführte Wellen in speziellen "TEM"- bzw. "GTEM"-Zellen erzeugt und bei höheren Frequenzen die Strahlungsfelder von Hornantennen in Absorberräumen verwendet.

Frequenzgang und Nichtlinearität

Bei der Kalibrierung in unmodulierten Feldern einer vorgegebenen Frequenz bestimmt man eine frequenzabhängige Empfindlichkeit bzw. eine Nichtlinearität des Strahlungsmonitors durch Einwirkung der entsprechenden Vorgabewerte auf den Sensor, wobei sich die zugehörigen Skalenfaktoren aus der dargestellten Feldstärke und dem Anzeigewert unmittelbar ergeben. Frequenzgang und Nichtlinearität lassen sich bei den späteren Messungen damit problemlos korrigieren, denn die Frequenz ist meist vorab bekannt bzw. lässt sich relativ einfach bestimmen. Während der Frequenzgang vorwiegend konstruktionsbedingt ist, hängt die Empfindlichkeit bzw. Nichtlinearität vom jeweiligen Sensor-Exemplar ab und unterliegt evtl. einer entsprechenden Streuung. Probleme ergeben sich jedoch bei gleichzeitiger Einwirkung von Feldern unterschiedlicher Frequenz, wenn der Sensor bei diesen Frequenzen sehr verschiedene Empfindlichkeit aufweist. In diesen Fällen ist es nicht mehr ohne weiteres möglich, die Anzeigewerte an Hand der Kalibrierdaten zu korrigieren.

Anisotropie

Trotz konstruktiver Optimierung gelingt es nur näherungsweise, den Anzeigewert eines Strahlungsmonitors "isotrop", d.h. unabhängig von Einfallsrichtung und Polarisation der elektromagnetischen Welle zu machen. Dieser Begriff führt häufig zu Missverständnissen, denn in einigen Publikationen bzw. Kalibrierscheinen wird unter "Anisotropie" eine Variation der Empfindlichkeit verstanden, die sich bei der Kalibrierung ergibt, wenn man lediglich den Sensor unter dem sogenannten "analytischen Winkel" im linear polarisierten Feld exponiert und ihn dabei um die Längsachse des Gerätes rotiert. Entsprechende Konstruktion des Sensors vorausgesetzt werden dabei nacheinander alle drei Antennenelemente parallel bzw. orthogonal zum Feldvektor orientiert, wobei man eine unterschiedliche Empfindlichkeit bzw. den Totalausfall einzelner Elemente sofort erkennt - die Prozedur ist folglich als Funktionsprüfung sehr gut geeignet, für diese Eigenschaft erscheint der Begriff "Rotations-Unsymmetrie" jedoch eher zutreffend. Zur klaren Unterscheidung ist hier unter "Anisotropie" die Variation der Empfindlichkeit verstanden, die sich bei prinzipiell beliebiger Orientierung des kompletten Messgerätes ("Ganzgerät-Exposition", also mit Sensor, Verbindungsleitung und Anzeigegerät) im Feld im Extremfall ergibt. Dies erscheint für die Praxis angemessen, denn bei den meisten Personenschutz- und EMV-Messungen ist der gesamte Strahlungsmonitor und nicht nur der Sensor einem Feld weitgehend unbekannter Struktur ausgesetzt.

Die Erfahrung zeigt, dass die Anisotropie bei den meisten Gerätetypen im Wesentlichen durch die Konstruktion bestimmt ist und einen ausgeprägten Frequenzgang (zum Teil sogar mit Resonanzen) aufweist. Dementsprechend ist die Bestimmung der Anisotropie während der Kalibrierung äußerst wichtig, jedoch relativ aufwändig. Als erste Voraussetzung muss der Feldgenerator des Kalibrierlabors ein genügend großes Volumen bieten, um das komplette Gerät in beliebige Richtungen orientieren zu können, während das Zentrum des Sensors dabei in einer festen Position verbleibt. Außerdem muss in jeder Orientierung ein kompletter Frequenzgang gemessen werden. Um den Aufwand (und damit auch die Kosten der Kalibrierung) in einem vertretbaren Rahmen zu halten, erscheint es unverzichtbar, die gesamte Prozedur rechnergesteuert zu automatisieren. Weiterhin muss man die Anzahl der untersuchten Orientierungen beschränken und dabei z.B. drei bestimmte Positionen auswählen, deren Richtungen an Hand der Konstruktion des Gerätes klar erkennbar sind und von denen man annehmen darf, dass die zugehörigen Frequenzgänge die Extrema der Empfindlichkeit aufzeigen.

Sonstige Störeinflüsse

Für Personenschutz- bzw. EMV-Messungen ist die Bezugsgröße in den Vorschriften und Normen üblicherweise die Feldstärke des ungestörten, "leeren" Feldes, das ohne die Person bzw. ohne das Prüfobjekt am gleichen Ort vorhanden wäre. Da auch das Feldstärke-Messgerät als materielles Objekt selbst eine unvermeidliche Veränderung des Feldes verursacht, ist diese Messaufgabe prinzipiell nur näherungsweise lösbar.
Indem man bei der Kalibrierung die ungestörte "Leerfeldstärke" als Vorgabewert betrachtet und einstellt, setzt man voraus, dass der Strahlungsmonitor das Feld bei einer späteren Messung in derselben Weise verändert und sein Einfluss dadurch "einkalibriert" werden kann, so dass er dann ohne weitere Korrektur direkt die gewünschte "Leerfeldstärke" anzeigt. Die gleiche Annahme gilt für Stützen, Messleitungen oder anderes Zubehör - auch dieses sollte bereits bei der Kalibrierung in der gleichen Weise verwendet werden, wie es später bei der Messung eingesetzt wird.

Technische Unvollkommenheiten der Messgeräte

Hier sind die bei elektronischen Messgeräten zu erwartenden üblichen Störeinflüsse wie Nullpunktstabilität, begrenzte Auflösung bei der Digitalisierung sowie Einflüsse der Umgebungstemperatur im Messunsicherheitbudget angemessen zu berücksichtigen - dies kann durch eigene Untersuchungen bei der Kalibrierung (aufwändig!), Bezug auf Herstellerangaben oder evtl. durch sinnvolle Abschätzung an Hand von Erfahrungen geschehen. Darüber hinaus ist bei einigen Hochfrequenz-Feldsensoren noch mit weiteren unerwünschten Einflüssen zu rechnen, z.B. sind Magnetfeldsensoren evtl. gegenüber den im Fernfeld gleichzeitig vorhandenen elektrischen Feldern empfindlich.

Weiterhin sind zu untersuchen die Empfindlichkeit des Sensors für die jeweils andere Feldkomponente, Amplituden- bzw. Pulsmodulation, Mischprodukte bei Multifrequenzsignalen, Umgebungstemperatur, Langzeitstabilität, mechanische Empfindlichkeit