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Neue ratiometrische Spannungswandlermesseinrichtung "ESM IV"

28.11.2017

Die derzeit im Bereich der Prüfung und Kalibrierung von Spannungswandlern eingesetzte Messeinrichtung "ESM II" ist seit etwa 20 Jahren erfolgreich in Betrieb. Die verwendeten Komponenten dieser Einrichtung und deren Software sind jedoch veraltet und oft nicht mehr erhältlich. Daher ist es notwendig dieses Messsystem zu modernisieren, wobei auch seine messtechnischen Eigenschaften verbessert werden sollen.

 

 

 

Messanordnung ratiometrischer Wandlermesseinrichtung

Bild 1: Prinzipielle Messanordnung der ratiometrischen Wandlermesseinrichtung

 

 

Als Herzstück für dieses Messsystem sind ein dual aufgebauter Spannungswandler mit getrennt einstellbaren Teilungsverhältnissen, sowie ein zweikanaliges Abtastsystem vorgesehen. Der Schwerpunkt liegt auf dem Erreichen eines nach Betrag und Phase guten Gleichlaufs zwischen beiden Messpfaden, um das für die Messaufgabe notwendige komplexe Spannungsverhältnis mit möglichst geringer Messunsicherheit zu erfassen. Bild 1 zeigt den prinzipiellen Aufbau des Messsystems "ESM IV" mit den zu vergleichenden Spannungswandlern "X" (Prüfling) und "N" (Normalwandler). Die Pegel der Sekundärseiten von X und N liegen im Bereich von etwa 100 V. Die hochpräzisen, dual aufgebauten Spannungswandler "1" und "2" in der ESM IV passen diese Spannungen mit ihren einstellbaren Teilungsverhältnissen von 0,01 bis 0,1 an die Messbereiche des zweikanaligen Abtastsystems "HRPM" an.

Dieses ermittelt das komplexe Wechselspannungsverhältnis UB / UA und berechnet daraus die Messabweichungen des Wandlers "X". Dazu werden mit einem LabVIEW-Programm die digitalisierten Spannungen uA und uB aufgenommen, und mittels digitaler Fouriertransformation wird aus den Grundschwingungen das komplexe Wechselspannungsverhältnis  UB / UA  errechnet. Eine Software-basierte Synchronisation erfolgt über ein adaptives Resampling-Verfahren, bei dem sowohl das Abtastfenster als auch die Abtastwerte aufeinander abgestimmt werden. Dies erlaubt einen quasi-synchronen Betrieb auch im Falle der Nutzung von 50 Hz Netzsignalen.


Die dualen Spannungswandler der ESM IV mit ihren zehn unterschiedlich einstellbaren Teilungsverhältnissen von 0,01 bis 0,1 sind zweistufig aufgebaut, um sowohl geringe Eigenfehler als auch einen guten Gleichlauf beider Wandler zu erreichen. Die maximale Eingangsspannung beträgt 300 V bei 50 Hz. Die ermittelten Messabweichungen liegen im Bereich unter 0,5 ppm (bzw. µrad).
Das Abtastsystem besteht aus 24-Bit Analog-Digital-Wandlern (ADC) (umax = 10Vpk) mit einer maximalen Abtastrate von 50 kHz. In einem für diesen Digitalisierer aufgebauten analogen Front-End sind differentielle Spannungseingänge, zwei umschaltbaren Verstärkungen zur Realisierung der Messbereiche von ±1Vpk und ±10Vpk, eine Vorfilterung der Signale (B = 10 kHz) sowie eine Kanalvertauschung zur automatischen Kompensation des Gleichlauffehlers realisiert. Zum Schutz des Abtastsystems gibt es eine automatische Overload-Erkennung der maximalen Eingangsspannung des Digitalisierers. Die Messunsicherheiten des Abtastsystems für das Verhältnis  UB / UA  liegen im Bereich von 0,2… 1 µV / V und etwa 0,1… 0,5 µrad für den Phasenwinkel φ21 für Spannungsverhältnisse im Bereich von bis zu 1:3. Zusammen mit den Messunsicherheiten der zwei Spannungsteiler der ESM IV von etwa 0,2… 0,4 ppm wird sich so eine Messunsicherheit von etwa 0,5 ppm (µrad) für die gesamte Messeinrichtung erreichen lassen.

Aufgrund des ratiometrischen Messprinzips kann die ESM IV ungleiche Übersetzungsverhältnisse der Hochspannungswandler X und N rechnerisch ausgleichen, anstatt sie, wie in der ESM II notwendig, mittels zusätzlicher Induktivteiler aufwändig analog zu kompensieren.