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Netzwerkanalyse in Zeit- und Frequenzbereich erstmalig erfolgreich verglichen

24.11.2016

Ein aus koaxialen und koplanaren Komponenten bestehendes Hochfrequenz-Bauteil ist erstmalig mit zwei völlig unterschiedlichen Netzwerkanalyse-Verfahren charakterisiert worden. Für Frequenzen im Bereich 10 bis 110 GHz wurde eine gute Übereinstimmung zwischen konventionellen Netzwerkanalysatormessungen im Frequenzbereich und laserbasierten elektrooptischen Messungen im Zeitbereich erzielt.

 

 

 

 

Das zu charakterisierende Hochfrequenz-"Bauteil" bestand aus einem 20 cm langen koaxialen Semirigid-Kabel mit 1,0 mm-Anschlüssen, einer Mikrowellenprüfspitze mit koaxialem 1,0 mm-Eingang sowie einer 2 mm langen koplanaren Wellenleitung auf einem GaAs-Substrat (siehe Bild 1). Für den Vergleich der unterschiedlichen Netzwerkanalyse-Verfahren wurde der Streuparameter S12 als Maß für die Transmission untersucht.


Für die laserbasierte Netzwerkanalyse wurden im koplanaren Wellenleiter auf optoelektronischem Wege ultrakurze Spannungsimpulse mit Spektralanteilen von 500 MHz bis 500 GHz erzeugt. Die Spannungsimpulse wurden im Zeitbereich an zwei unterschiedlichen Positionen des Wellenleiters mit elektrooptischen Verfahren detektiert und ermöglichten die Bestimmung eines komplexen Reflexionsfaktors auf der koplanaren Wellenleitung. Ersetzt man das mit der Mikrowellenprüfspitze verbundene koaxiale Semirigid-Kabel durch einen in seinen Eigenschaften bekannten koaxialen Kurzschluss und wiederholt die laserbasierte Messung, kann durch einfache mathematische Umformungen der gewünschte Streuparameter S12 extrahiert werden.


Für die konventionelle Netzwerkanalyse mit Hilfe eines vektoriellen Netzwerkanalysators im Frequenzbereich 10 MHz bis 110 GHz wurden die einzelnen Komponenten des Hochfrequenz-Bauteils getrennt charakterisiert. Für die Messung des koaxialen Semirigid-Kabels wurde zunächst eine koaxiale Zweitor-Kalibrierung gemäß Herstellervorgaben durchgeführt. Durch die anschließende Messung von koplanaren Leitungen verschiedener Länge sowie koplanarer Offset-Shorts konnte eine Kalibrierung zweiter Ordnung (Multiline-TRL) mit einer Referenzebene im koplanaren Wellenleiter etabliert werden. Die Fehlerzweitore, die die Relation zwischen der Kalibrierung erster Ordnung (koaxial, 1,0 mm) und zweiter Ordnung (on-wafer) beschreiben, beinhalten die zu charakterisierende Prüfspitze sowie einen durch die Lage der On-Wafer-Referenzebene einstellbaren Anteil eines koplanaren Wellenleiters (hier: 2 mm). Durch die anschließende Kaskadierung der Semirigid-Messung mit den Fehlerzweitoren erhält man die gewünschte Charakterisierung des HF-Bauteils.

 

Bild 2 zeigt den mit den zwei physikalisch völlig unterschiedlichen Netzwerkanalyseverfahren gemessenen Betrag des Streuparameters S12  für das gewählte Hochfrequenz-Bauteil. Das Ergebnis der  konventionellen Netzwerkanalyse liegt lediglich für Frequenzen bis 110 GHz vor, da die koaxiale Kalibrierung gemäß Herstellervorgaben keine höheren Frequenzen erlaubt. Die laserbasierte Netzwerkanalyse liefert wesentlich breitbandigere Ergebnisse, allerdings sind die Messunsicherheiten bei tiefen Frequenzen aufgrund des endlichen Zeitfensters und der mathematischen Nachbearbeitung sehr hoch. Aus diesen Gründen ist der Vergleich der beiden Messmethoden lediglich zwischen 10 und 110 GHz sinnvoll. Anhand der weitgehend überlappenden Konfidenzintervalle kann eine gute Übereinstimmung der beiden Messverfahren festgestellt werden.

 

Hochfrequenzbauteil 

Bild 1: Hochfrequenzbauteil mit koplanaren und koaxialen Elementen.

 

 

Streuparameter des Hochfrequenzbauteils

Bild 2: Betrag des Streuparameters S12 des Hochfrequenzbauteils nach Bild 1. Die 95%-Konfidenz-Intervalle sind hell eingezeichnet.