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Neues Verfahren zur Bestimmung des Phasenzentrums und zur Korrektur der Mehrwegeausbreitung bei der Antennen-Kalibrierung

24.11.2016

Im Rahmen einer Bachelor-Arbeit wurden neue Verfahren zur robusten Schätzung der Lage des Phasenzentrums und zur Korrektur von Effekten der Mehrwegeausbreitung bei der Antennenkalibrierung implementiert und validiert. Dies ist ein wichtiger Schritt hin zu einer Antennen-Kalibrierung mit geringer Messunsicherheit, die zukünftig von der PTB angeboten werden soll.

 

 

 

 

Die genaue Kenntnis der Abstrahleigenschaften von Antennen ist in vielen messtechnischen Bereichen von enormer Bedeutung. Im Bereich der elektromagnetischen Verträglichkeit oder bei der Kalibrierung von Feldstärkemessgeräten sind genau gemessene Antennenfaktoren entscheidend.

 

Ab Frequenzen oberhalb 1 GHz erfolgt die Kalibrierung des Gewinns von Antennen üblicherweise in Vollabsorberräumen, wobei im einfachsten Fall von Fernfeld- und Freiraumbedingungen ausgegangen wird. Ein Antennenscanner (s. Bild) ermöglicht zudem, dass die Antennen so positioniert werden, dass die richtungsabhängige Abstrahlcharakteristik erfasst werden kann. Trotz des Einsatzes von Absorbern ist Mehrwegeausbreitung bei der Kalibrierung von Antennen aber nicht auszuschließen und stellt oftmals den größten Messunsicherheitsbeitrag dar. Zwar existieren zur Abschätzung dieses Einflusses bereits verschiedene Verfahren, sie liefern allerdings zum Teil inkonsistente Ergebnisse.


Daher wurde jetzt eine Möglichkeit untersucht, Mehrwegeausbreitung durch Kombination verschiedener Messungen möglichst vollständig zu unterdrücken. Grundidee des Verfahrens ist hierbei die Bildung eines virtuellen Antennenarrays, indem mehrere (komplexwertige) Transmissionsmessungen zu einer von Mehrwegeausbreitung befreiten Transmissionsmessung kombiniert werden. Die Gewichtung der einzelnen Transmissionsmessungen erfolgt derart, dass ein virtuelles Dolph-Tschebbycheff-Array gebildet wird, dessen Gruppenfaktor Mehrwegeausbreitung praktisch vollständig ausschließt. Nachdem sowohl die Leistungsfähigkeit des Verfahrens demonstriert (und auch seine Grenzen aufgezeigt) wurden, ließ sich der Einfluss der Mehrwegeausbreitung auf das Messergebnis bestimmen.


Vor allem im unteren Frequenzbereich ist die Antennenkalibrierung aufgrund der mechanischen Größe der Antenne auf das Phasenzentrum zu beziehen. Daher wurde ein robustes Verfahren implementiert, mit dem die Lage des Phasenzentrums ermittelt werden kann. Grundidee hierbei ist es, die Abhängigkeit der Phasendrehung vom Drehwinkel der zu messenden Antenne auszunutzen, um durch Regressionsanalyse die Position des Phasenzentrums zu bestimmen. Hierbei zeigt sich, dass ein robustes Schätzverfahren wie der Theil-Sen-Schätzer für die Regressionsanalyse am besten geeignet ist.

 

Zur Validierung dieses Verfahrens wurde die Position des Phasenzentrums einer logarithmisch-periodischen Dipolantenne (LPDA) in Abhängigkeit von der Betriebsfrequenz gemessen und mit den Ergebnissen einer aus der Literatur bekannten Näherungsformel verglichen. Die dabei erzielte gute Übereinstimmung hat die Leistungsfähigkeit des neu implementierten Verfahrens demonstriert.

 

Antennenscanner in der Absorberhalle der PTB

Bild: Antennenscanner zur Messung des Richtdiagramms von Antennen in der Absorberhalle der PTB.