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Präzisionsmesssystem für hohe Wechselspannungen „PS-HVAC“

24.11.2015

Im Rahmen der Erneuerung und Weiterentwicklung von Hochspannungs-messeinrichtungen wurde ein neues Präzisionsmesssystem für hohe Wechselspannungen bis 800 kV und Frequenzen von 10 Hz bis 400 Hz entwickelt und aufgebaut. Das System basiert auf der Erfassung des Ladestroms von Hochspannungsdruckgaskondensatoren und der Konvertierung dieses Stromes in ein digitales Spannungssignal.

 

 

In den letzten Jahrzehnten wurde an vielen Metrologieinstituten das Kapazitäts-Ladestromverfahren zur präzisen Messung von hohen Wechselspannungen verwendet. Auch die Referenzmesssysteme der PTB arbeiten nach diesem Verfahren. Aufgrund der rasanten Entwicklung der A/D-Wandler ist heute der Einsatz von Digitalisierern mit verbesserter Auflösung und größeren Abtastgeschwindigkeiten für die Digitalisierung möglich.

Genutzt wird dies im an der PTB neu entwickelten Messsystem für hohe Wechselspannungen, das in Bild 1 schematisch  dargestellt ist. Ein Druckgaskondensator wird mit der zu messenden AC Hochspannung beaufschlagt, wobei die Niederspannungsseite des Kondensators direkt mit dem Messsystem verbunden ist. Der durch die hohe Wechselspannung verursachte Wechselstrom im Kondensator wird mittels einer Strom-Spannungs-Konvertierung in eine proportionale Spannung im Bereich von ±5 V umgesetzt.

Zur Messbereichsanpassung und für die störungsfreie I/U-Konvertierung wurde ein Widerstandsset aus Präzisionswiderständen mit Temperaturkoeffizienten unterhalb von 1×10-6/K aufgebaut. Zur Minimierung von Störeinkopplungen und von Leitungs- und Temperatureffekten sind die Widerstände mittels einer geschirmten 4-Punkt-Messleitung angebunden.

Aufgrund der flexiblen Kombination des Messsystems mit unterschiedlichen Hochspannungskondensatoren ist auch ein Einsatz vor Ort möglich. Durch die Untersuchungen der Einflüsse von Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Frequenz sowie der Spannungs- und Stromabhängigkeit der Systemkomponenten konnten Korrekturfunktionen in die Messsoftware implementiert werden. Weiterhin beinhaltet das Messsystem eine aktive Temperaturüberwachung zur sofortigen, automatischen Korrektur der Messwerte.

Das Ziel ist eine erweiterte Messunsicherheit von maximal 50×10-6 für das Messsystem inklusive des Hochspannungskondensators. Erste Kalibrierergebnisse lassen sogar deutlich niedrigere Unsicherheiten  erwarten. Zum Ende des Jahres 2015 wird eine Vergleichsmessung mit dem finnischen Staatsinstitut MIKES VTT abschließende Ergebnisse für Netzfrequenzen liefern.

 

 

Bild 1: Schematischer Aufbau (rechts) und Fotografie (links) des Messsystems PS-HVAC mit einem Hochspannungsdruckgaskondensator.