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Experiment zum „Quantenmetrologischen Dreieck“ auf der Zielgeraden

05.12.2007

Deutliche Fortschritte wurden in der PTB bei Experimenten mit Einzelelektronen-Schaltungen erzielt, welche auf die Realisierung eines Quantennormals für die elektrische Kapazität abzielen. Diese Schaltungen ermöglichen das Abzählen einzelner Elektronen und damit deren kontrollierten Transfer und Speicherung auf den Elektroden eines Kondensators. Das Zielexperiment, der "Electron Counting Capacitance Standard" (ECCS), erlaubt schließlich die Untersuchung fundamentaler Fragestellungen bezüglich des Verständnisses der Quanteneffekte, die in der elektrischen Metrologie eingesetzt werden. Dieses Verständnis wird eine wichtige Rolle bei der geplanten Neudefinition unseres Einheitensystems (SI) spielen.
Erst kürzlich war es in der PTB gelungen, den kontrollierten „Shuttle“-Transfer wohldefinierter kleiner Ladungspakete zwischen metallischen Elektroden zu demonstrieren. Jedes dieser Ladungspakete bestand dabei aus einer wohldefinierten Anzahl von wenigen (einem bis fünf) Elektronen. Die experimentell beobachtete Stabilität bei diesem Ladungstransfer ist durch die Haltezeit oder Verweildauer der Elektronen limitiert, welche als mittlere Zeit zwischen unerwünschten Fluktuationen der Elektronenzahl auf den Elektroden definiert ist. Bisher lagen die maximal erzielten Haltezeiten bei etwa einer Minute. Für die im ECCS-Experiment erforderliche Präzision sind jedoch etwa zehn Minuten erforderlich.
Inzwischen wurden weitere erhebliche Fortschritte beim Einsatz der Einzelelektronen-Schaltungen gemacht [1]. Die jüngste Generation der Einzelelektronen-Pumpen (Bild 1) wurde im Reinraumzentrum der PTB auf reinem Quarzglas-Substrat hergestellt. Sie zeigt eine deutlich erhöhte Stabilität. In ersten Experimenten wurden Haltezeiten von zehn bis fünfzehn Minuten erreicht (Bild 2a). Im „Shuttle-Modus“ wurden weiterhin Transferfehlerraten von nur wenigen Elektronen in einer Million beobachtet (Bild 2b). In diesem Betriebsmodus be- und entlädt die Einzelelektronen-Pumpe zyklisch die Inselelektrode mit einer effektiven Frequenz von 0,1 MHz.
Gegenwärtig wird an einer weiteren Steigerung der Präzision um zwei Größenordnungen gearbeitet, wie sie für das angestrebte ECCS-Experiment erforderlich ist. Angesichts der jüngsten Fortschritte ist davon auszugehen, dass diese Verbesserung bis zum Jahr 2011 im Zeitrahmen des europäischen Metrologieprojekts REUNIAM erreicht werden wird [2].

[1] H. Scherer, S.V. Lotkhov, G.-D. Willenberg, B. Camarota, Progress towards the electron counting capacitance standard at PTB, angenommen zur Publikation in IEEE Trans. Instrum. Meas. (2009).

[2] Diese Arbeit ist Teil des Projekts “REUNIAM” (Nr. T1.J1.3). Die innerhalb dieses EURAMET-Gemeinschaftsprojekts durchgeführte Forschung wird durch das siebte Rahmenprogramm der EU unter Zuwendungsvereinbarung Nr. 217257 finanziell unterstützt.

Abb. 1: Schema der Einzelelektronen-Schaltung. Eine Seite der Einzelelektronen-Pumpe, bestehend aus fünf Tunnelkontakten, ist an eine kleine metallische Inselelektrode angeschlossen. Die Insel ist kapazitiv mit einem Einzelelektronen-Transistor verbunden, der den Ladungszustand der Insel detektiert.

Abb. 2 (a): Fluktuationen einzelner Elektronen auf der Inselelektrode im passiven Speichermodus der Elektronenpumpe. Die erkennbaren Potentialsprünge entsprechen der unerwünschten Ladungsänderung von jeweils einem zusätzlich „eingefangenen“ oder „freigegebenem“ Elektron. Die mittlere Speicherzeit thold betrug hier mehr als 10 min.
(b): Entsprechende Ladungsfluktuationen während des Shuttle-Betriebs der Elektronenpumpe, bei dem einzelne Elektronen im Takt von 10 µs hin- und hergepumpt wurden. Unerwünschte Ladungsänderungen traten hier durchschnittlich im Abstand von terror = 1,8 s auf, was einem relativen Transferfehler von 10 µs/1.8 s = 5,5 . 10-6 entspricht.