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Elektrische Charakterisierung getemperter quervernetzter Molekülmonolagen

05.12.2007

In enger Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Prof. Gölzhäuser an der Universität Bielefeld werden die elektrischen Transporteigenschaften organischer „Nanoblätter“ untersucht. Bisher konnte gezeigt werden, dass die zunächst nicht leitenden 1,5 nm dicken Schichten nach Tempern auf mehrere hundert Grad elektrisch leitfähig sind. Dabei steigt die Leitfähigkeit in einem Temperaturbereich von 800 K bis 1200 K um sechs Größenordnungen. Ziel dieses Projektes ist es, die Ladungsträgerkonzentration und deren Beweglichkeit zu bestimmen, um einen detaillierten Einblick in die Physik der elektrischen Transportprozesse innerhalb dieser Graphen-ähnlichen Schichten zu bekommen.
Auf organischen Biphenylthiol–Molekülen basierende Nanoblätter stellen in der Nanotechnologie ein Paradebeispiel für die sogenannte Bottom–Up Synthese dar. In mehreren aufeinander folgenden, aber voneinander unabhängigen Schritten können ihre physikalischen Eigenschaften gezielt verändert werden.
Zunächst wird ein Goldsubstrat in eine Lösung mit Biphenylthiolen getaucht. Nach einer gewissen Zeit bildet sich bei einer bestimmten Temperatur auf dem gesamten Substrat eine hochgeordnete Monolage der Moleküle. Dabei begünstigt die geringe Wechselwirkung der Moleküle untereinander die Selbstorganisation zu einer makroskopischen Schicht. Allerdings weist die so entstandene Schicht lediglich eine schwache mechanische, chemische und thermische Stabilität auf. Durch gegebenenfalls ortsaufgelöste Bestrahlung mit niederenergetischen Elektronen werden die Moleküle mit ihren Nachbarn quervernetzt. Dadurch wird die Molekülschicht bezüglich aller zuvor genannten Aspekte deutlich stabiler. Insbesondere erlaubt die chemische Stabilität ein weiteres Prozessieren mit Ätzlösungen und Lösungsmitteln. So lässt sich durch nasschemisches Ätzen das Goldsubstrat entfernen, ohne dabei das Nanoblatt anzugreifen. Die mechanische Stabilität erlaubt den anschließenden Transfer auf eine isolierende Oberfläche für elektrische Messungen oder sogar auf Gitternetzchen, wie sie in Transmissions–Elektronen–Mikroskopen (TEM) verwendet werden. Letzteres führt zu extrem dünnen (1,5 nm) freitragenden Membranen, die sich insbesondere für die Untersuchung von Nanopartikeln im TEM eignen.
Einer der technologisch vielversprechendsten Aspekte ist jedoch die extrem hohe thermische Stabilität der Molekülschichten. Einerseits können dadurch biochemische Sensoren, die auf den Nanoblättern basieren, thermisch „recycelt“ werden. Andererseits hat sich bisher gezeigt, dass charakteristische Merkmale im Raman-Spektrum der Schichten sich beim Tempern mit zunehmender Ausheiltemperatur verändern. Unterstützt durch hochauflösende TEM Aufnahmen deuten diese Beobachtungen auf die Bildung von nanoskopischen Bereichen hin, in denen das Ausgangsmaterial in kristallinen Kohlenstoff umgewandelt wurde. Gleichzeitig erhöht sich die Leitfähigkeit im Temper-Bereich von 800 K bis 1200 K um sechs Größenordnungen. Die elektrische Leitfähigkeit der Nanoblätter eröffnet eine Vielzahl an weiteren Anwendungen, beispielsweise als extrem empfindliche chemische Sensoren oder in der Quantenmetrologie. Diese Anwendungen setzen ein tiefes Verständnis der elektrischen Transportprozesse voraus.
Das Ziel dieses Projektes ist eine umfassende elektrische Charakterisierung der Monolagen mittels Halleffekt-Messungen bei tiefen Temperaturen. Die dazu notwendigen Nanostrukturen werden mittels elektronenstrahllithographischer Verfahren hergestellt. Eine typische Hallstruktur (dunkel) ist zusammen mit den elektrischen Kontakten (weiß) auf dem Lichtmikroskopbild in Bild 1 gezeigt. Ein für die elektrischen Transportmessungen besonders kritischer Faktor ist der elektrische Kontakt zwischen Molekülschicht und Metallelektrode. Ergänzend zu den standardmäßigen Cr/Au–Kontakte wird zusätzlich eine weitere Schicht reines Gold aufgebracht, wodurch sich ohmsche Kontakte realisieren lassen. In Bild 2 ist die Strom-Spannungs-Kennlinie der Probe aus Bild 1 bei Raumtemperatur gezeigt. Das eingefügte Bild zeigt den Spannungsabfall längs der Probe als Funktion der Stromstärke. Aufbauend auf diesen Vorarbeiten sind in nächster Zukunft Messungen im Magnetfeld bei tiefen Temperaturen vorgesehen.

Bild1:
Lichtmikroskopaufnahme einer Hallstruktur mit elektrischen kontakten (weiß).

Bild 2:
Lineare Strom-Spannungs-Kennlinie einer Hallstruktur bei Raumtemperatur. Einfügung: Spannungsabfall längs der Probe als Funktion der Stromstärke. Die Steigung entspricht einem Schichtwiderstand von 340 MΩ.