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Magnetischer Nanoschalter für Thermospannungen

08.12.2011

Magnetische Tunnelstrukturen kommen bereits heute in verschiedenen Bereichen der Informationstechnologie zur Anwendung. So dienen sie zum Beispiel als magnetische Speicherzellen in nichtflüchtigen magnetischen Speicherchips (MRAM , magnetic random access memory) oder als hochempfindliche magnetische Sensoren zum Auslesen der auf Festplatten gespeicherten Daten. Ein jetzt an der PTB im Rahmen einer Forschungskollaboration entdeckter neuer Effekt könnte diesen bestehenden Anwendungen zukünftige eine weitere hinzufügen: die Kontrolle und Steuerung thermischer Spannungen und Ströme in hochintegrierten elektronischen Schaltkreisen.
Magnetische Tunnelstrukturen bestehen aus zwei magnetischen Schichten, die durch eine nur etwa einen Nanometer dünne Isolationsschicht, die sogenannte Tunnelbarriere, voneinander getrennt sind. Die magnetische Orientierung der beiden Schichten in der Tunnelstruktur hat dabei einen großen Einfluss auf ihre elektrischen Eigenschaften: sind die magnetischen Momente der beiden Schichten parallel ausgerichtet, ist der Widerstand niedrig, sind sie entgegengesetzt, ist er hoch. Die Widerstandsänderung beim Umschalten der Magnetisierung kann dabei deutlich über 100 % betragen. So ermöglicht das Schalten der Magnetisierung eine effiziente Kontrolle des elektrischen Stroms durch die magnetische Tunnelstruktur.
Die Arbeiten der PTB-Forscher, die in der renommierten Fachzeitschrift Physical Review Letters beschrieben werden, zeigen nun, dass neben dem elektrischen Strom auch der thermische Strom durch die Tunnelstruktur durch das Schalten der Magnetisierung beeinflusst werden kann. In ihren Experimenten erzeugten die Wissenschaftler einen Temperaturunterschied zwischen den beiden magnetischen Schichten und untersuchten die dadurch entstehende elektrische Spannung, die sogenannte Thermospannung. Dabei zeigte sich, dass die Thermospannung fast genauso stark von der magnetischen Orientierung der beiden Schichten abhängt, wie der elektrische Widerstand. Durch Schalten der Magnetisierung kann also die Thermospannung und letztendlich auch der thermische Strom durch die Probe kontrolliert werden.
Zukünftige Anwendungen dieses neuen Effekts ergeben sich z.B. in der Nutzung und gezielten Energieumwandlung von Abwärme in integrierten Schaltkreisen. Zudem ist die Entdeckung dieser sogenannten Tunnel-Magneto-Thermospannung ein Meilenstein im sich rapide entwickelnden Forschungsgebiet "Spinkalorik“, das aktuell auch von der Deutschen Forschungsgemeinschaft in einem großangelegten Schwerpunktprogramm über sechs Jahre gefördert wird.

 

 

Bild:
Eine magnetische Tunnelstruktur besteht aus zwei magnetischen Schichten (rot, blau), die durch eine nur etwa einen Nanometer dünne Isolationsschicht (grau), die sogenannte Tunnelbarriere, getrennt sind. Erzeugt man eine Temperaturdifferenz ΔT über die Barriere, so fällt zwischen der heißen (rot) und einer kalten (blau) Schicht eine Thermospannung VTh ab. Ändert man nun die magnetische Ausrichtung z.B. der heißen Schicht gegenüber der der kalten (Pfeile) führt das zu einer starken Änderung der gemessenen Thermospannung. Dieser Effekt wird Tunnel-Magneto-Thermospannung genannt.

 

 

Ansprechpartner: H. W. Schumacher
Fachbereich 2.5 : Halbleiterphysik und Magnetismus