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Neues breitbandiges Leistungsnormal für aktuelle Herausforderungen im Bereich der Elektrizitätsmesstechnik

05.11.2021

Die elektrische Leistungs- und Energiemessung bei Frequenzen oberhalb von 50 Hz gewinnt durch veränderte und neue Technologien zunehmend an Bedeutung. Beispiele sind hochfrequent taktende Umrichtersysteme zur Steuerung der Einspeisung regenerativer Energien ins Verbrauchernetz oder die Verbrauchsmessung an induktiven Ladesystemen für Elektrofahrzeuge, welche Leistungsmessungen im Frequenzbereich zwischen 10 kHz und 100 kHz erfordert.

 

Neben der Abrechnung der Ladeenergie werden solche Messungen auch für die Bewertung und Weiterentwicklung der Effizienz verschiedener elektrischer Komponenten in induktiven Ladesystemen benötigt. Zur Beurteilung der elektromagnetischen Aussendungen wird zudem der Momentanwert der elektrischen Leistung benötigt.


Im Rahmen des in diesem Jahr abgeschlossenen europäischen Metrologieforschungsprojekts „Metrology for Inductive Charging of Electric Vehicles“ (Opens external link in new windowMICEV), hat die PTB eine rückgeführte Normalmesseinrichtung für Wechselleistungen bis zu einer Frequenz von 150 kHz entwickelt. Diese bildet die Grundlage zur Rückführung von Leistungsmessgeräten mit einem erweiterten Frequenzbereich. Damit können auch die korrekte Messung der elektrischen Leistung und die korrekte Abrechnung der übertragenen elektrischen Energie sichergestellt werden. Das neue Messsystem soll im ersten Schritt für die rückgeführte Messung rein sinusförmiger elektrischer Größen dienen und dann auf gemischte Signalformen erweitert werden. Die elektrische Leistung wird hierbei mit einer Phantomleistungserzeugung bei Frequenzen bis zu 150 kHz erzeugt und anschließend mittels geeigneter Sensorik gemessen, wobei relative Messunsicherheiten bis hinab zu 0,1 mW/VA erreicht werden.


Das Bild zeigt den Aufbau des Messsystems. Zuerst werden zwei synchronisierte elektrische Signale mittels Digital-Analog-Wandlern (DAC) im Spannungsbereich von ±10 V erzeugt und vorgefiltert. Diese Signale werden dann mit breitbandigen Spannungs- und Transkonduktanzverstärkern in die gewünschten Strom- (I) und Spannungsverläufe (U) umgewandelt und dem zu bewertenden Leistungsmessgerät (DUT) und der Sensorik des Messystems zugeführt. Für die Signalerfassung werden die Eingangssignale in Messsignale mit maximalen Spannungsamplituden von ± 5 V umgewandelt und anschließend jeweils von einem zweikanaligen Analog-Digital-Wandler (ADC) differenziell erfasst. Per Software werden diese Signale dann über Fouriertransformationen (FFT) in diskrete Frequenzkomponenten zerlegt, die dann entsprechend der frequenzabhängig kalibrierten Sensorik und Digitizer in ihrer Amplitude und Phase korrigiert werden. Diese frequenzspezifisch korrigierten Strom-Spannungsverläufe werden zu spektral aufgelösten Wirkleistungen (P), Blindleistungen (Q) bzw. Scheinleistungen (S) verrechnet, woraus sich schließlich die Gesamtwerte von P, Q und S ergeben. Die so ermittelten Werte können nun mit den vom DUT angezeigten Messwerten verglichen werden.


Vergleichsmessungen mit zwei kommerziell verfügbaren Leistungsanalysatoren haben ergeben, dass das neue Messsystem keine systematische Abweichung in der Größenordnung der untersuchten Fehlergrenzen der Geräte aufweist. Typische von den Herstellern dieser Leistungsanalysatoren angegebenen Fehlergrenzen liegen zwischen etwa 0,2 mW/VA und 0,3 mW/VA. Mit dem neu aufgebauten Messplatz der PTB können zunächst sinusförmige Spannungen bis 240 V und Ströme bis 14 A erzeugt und gemessen werden – dabei werden Unsicherheiten erreicht, die um etwa einen Faktor 3 besser sind als die der kommerziellen Systeme.


Zukünftig ist geplant, das System für Messungen von Signalen mit verzerrten Kurvenformen (Grundschwingungen inklusive Oberschwingungen) aufzurüsten. Damit ließen sich alle relevanten Szenarien in Verbrauchernetzen nachbilden und auch die Auswirkungen von Oberschwingungen charakterisieren, die z.B. bei Leistungsumrichtern auftreten.

 

Aufbauschema Phantomleistungsmesssystem für Frequenzen bis 150 kHz

 Bild: Phantomleistungsmesssystem für Frequenzen bis 150 kHz.

 

 

Opens internal link in current window Fachbereich 2.3 „Elektrische Energiemesstechnik“