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Otoakustische Emissionen durch Knochenleitungsstimulation

16.04.2010

Ein Hörtest mit Otoakustischen Emissionen (OAE) liefert als objektives Verfahren auch dann eine Aussage über die Funktion der Sinneszellen im Hörorgan (Cochlea), wenn die untersuchten Personen selbst beim Test nicht mitwirken können, wie z. B. Babys. OAE werden als Antwort auf einen Schallreiz ausgelöst und ihr Vorhandensein deutet auf ein gesundes Innenohr hin. Üblicherweise werden die Reize mit Miniaturlautsprechern im Gehörgang dargeboten. Eine zusätzliche Stimulation mit sog. Knochenleitungshörern kann noch mehr Information über die Funktion des Ohres liefern.

Wenn beim OAE-Hörtest das Ohr mit zwei Reintönen beschallt wird, erzeugen die Sinneszellen im Innenohr einen zusätzlichen tieferen Ton. Dieser Ton wird Distorsionsprodukt-Otoakustische Emission (DPOAE) genannt und kann mittels eines Miniaturmikrofons im Gehörgang aufgezeichnet werden.

Der Nachweis von DPOAE bei Stimulation mit Miniaturlautsprechern im Gehörgang setzt allerdings eine intakte Mittelohrkette voraus. Nur so ist es möglich, eine Aussage über die Funktion der Sinneszellen zu treffen. Bei bestimmten Formen der Schwerhörigkeit (Schallleitungsschwerhörigkeit) werden allerdings die Schallreize abgeschwächt, bevor sie die Sinneszellen erreichen, und somit ist trotz intakter Haarzellen kein Nachweis von DPOAE möglich.

Eine alternative und bislang wenig untersuchte Variante stellt die Knochenleitungs-Stimulation von DPOAE dar. Dabei werden sogenannte Knochenleitungshörer auf die Schädelknochen des Patienten aufgesetzt. Die so dargebotenen Reiztöne gelangen direkt auf dem Knochenweg zum Innenohr. Damit wird ein Einfluss der Schallleitungskette im Mittelohr auf die Stimulation weitgehend ausgeschlossen.

In einer Studie zur Untersuchung der Eignung von Knochenleitung zur Stimulation von DPOAE, bei der handelsübliche Knochenleitungshörer zum Einsatz kamen, konnten bei allen Probanden bei mindestens einer Frequenz mittels Knochleitung stimulierte DPOAE nachgewiesen werden. Im Hinblick auf die Kalibrierung der Reize weist diese Art der Stimulation den Vorteil auf, dass einfache Mikrofonsonden zur Messung der DPOAE im Gehörgang ausreichen würden. Ferner entfällt die bei DPOAE-Sonden bekannte Störung des Sondenmikrofons durch die sog. Nahfelder der Sondenlautsprecher, weil die Knochenleitungshörer und das Sondenmikrofon weit voneinander entfernt sind.


 

800 Hz   1000Hz   1200Hz
Bild 1: Beispiel einer durch die Reiztöne f1 = 1000 Hz und f2 = 1200 Hz ausgelösten DPOAE. Die DPOAE liegt hier bei einer Frequenz fdp von 800 Hz.

Zeigen Sie auf die Lautsprechersymbole und hören Sie sich die Stimuli (f1, f2) und die dadurch ausgelöste (verstärkte, sonst nicht hörbare!) DPOAE (fdp) an.

Wie Sie hören, entspricht die Tonhöhe der vom Ohr erzeugten DPOAE dem fehlenden Grundton eines Dur-Dreiklangs. Das Frequenzverhältnis (f2 / f1) zwischen den Primärtönen entspricht einer kleinen und (f1 / fdp) einer großen Terz.

Ansprechpartner:

Makram A. Zebian, FB 1.6, AG 1.61, E-mail: makram.a.zebian@ptb.de