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Vergleichskalibrierung eines schweren Triaxial-Geschwindigkeitsaufnehmers

25.09.2008

Die spezifizierte Qualität eines Schwingerregers kann durch parasitäre Querbewegungen als Folge der Belastung durch den zu kalibrierenden Prüfling stark beeinträchtigt werden. Masse, Baugröße, Steifigkeit und mechanische Ankopplung des Sensors haben Einfluss auf die Güte der gewünschten - i. A. uniaxialen - Schwingbewegung. Auf Anfrage des METAS (Schweiz) wurde ein für die dortige Kalibriereinrichtung sehr großer und schwerer Triaxial-Geschwindigkeitsaufnehmer auf dem für höhere Lasten ausgelegten Mehrkomponenten-Schwingerreger der PTB vergleichend kalibriert. Mittels laserinterferometrischer Erfassung der Referenz- und Störgrößen konnte gezeigt werden, dass sich der Einfluss störender Rotationsbewegungen rechnerisch weitgehend kompensieren lässt.

Bei der Sekundärkalibrierung von Schwingungsaufnehmern mit Hilfe eines Schwingerregers ermittelt sich die Aufnehmerempfindlichkeit aus den simultan gemessenen Signalen des Prüflings und eines Referenzaufnehmers. Eine steife mechanische Kopplung mit identischen Bewegungsabläufen beider Sensoren wird dabei vorausgesetzt. Die ISO 16063-21 [1] benennt diesbezüglich verschiedene Anforderungen an die Kalibriereinrichtung und die damit erreichbaren Messunsicherheiten. Während sich störende Querbewegungen bei kleinen, leichten Aufnehmern auf schweren Schwingerregerarmaturen in Grenzen halten, ist dies bei vergleichsweise großen und schweren Aufnehmern nicht mehr der Fall.
Bei dem untersuchten Aufnehmer handelte es sich um den für Erschütterungsmessungen im Bauwesen häufig eingesetzten Triaxial-Geschwindigkeitsaufnehmer Typ MS2003+ der schweizerischen Firma SYSCOM. Der Aufnehmer von 1,55 kg Masse und Abmessungen von 12 x 12 x 8 cm³ ist für den relativ weiten Frequenzbereich von 1 Hz bis 350 Hz und für eine Dynamik von mehr als 130 dB spezifiziert.
Am schweizerischen Metrologieinstitut METAS wurde der Aufnehmer an einem kugelgelagerten Tiefstfrequenz-Schwingungserreger (Shaker APS-113, SPEKTRA Schwingungstechnik und Akustik GmbH, Dresden) mit zwei unterschiedlichen Aufnehmeradaptionen kalibriert. Die bewegte Armatur des Schwingerregers und der Prüfling waren dabei nahezu gleich schwer. Mit der ersten, ursprünglich vorgesehenen Aufnehmeradaption offenbarte sich, dass der dort vorliegende Versatz zwischen Erreger-Kraftvektor und Schwerpunkt der bewegten Massen ausgeprägte Kippschwingungen anregt, die die Güte der uniaxialen Schwinganregung erheblich beeinträchtigen. Während die parasitären Querbeschleunigungen bei tiefen Frequenzen - und großen Schwingwegen - noch vernachlässigbar klein sind, erreichen sie oberhalb von etwa 40 Hz die Größe der Nominalkomponente und dominieren zum Teil sogar. Eine derartig gestörte Schwinganregung ist für eine Kalibrierung nicht geeignet. Mit der daraufhin optimierten Aufnehmeradaption (siehe Bild 1), bei der der antreibende Kraftvektor (in x-Richtung) nun auf den Massenschwerpunkt der bewegten Struktur wirkte, ließen sich die Querbeschleunigungen ay und az um gut eine Größenordung reduzieren. Jedoch überschreitet die Vertikalkomponente az den erlaubten relativen Maximalwert von 10% nach wie vor über weite Bereiche (siehe Bild 2). Zur Identifizierung rotatorischer Störungen wurde die nominelle Bewegung des Aufnehmergehäuses an mehreren Punkten mit Hilfe eines Laservibrometers erfasst. Die rechnerische Auswertung ergab, dass die x-Empfindlichkeit des Triaxial-Geschwindigkeitsaufnehmers einen bis 200 Hz flachen Amplitudengang aufweist, wenn als Referenzgröße die vom Vibrometer in Höhe der Aufnehmermessachse abgetastete Geschwindigkeit verwendet wird.

Kalibrierung am Schwingerreger des METAS mit optimierter Montageanordnung des Prüflings.

Bild 1: Kalibrierung am Schwingerreger des METAS mit optimierter Montageanordnung des Prüflings.

Plattformbewegungen am METAS-Schwingerreger bei optimierter Montageanordnung: Beschleunigungskomponenten ax, ay, az (gemessen mit Triaxial-Beschleunigungsaufnehmer PCB 356B08), nomineller Schwingweg dx (gemessen mit Referenz-Beschleunigungsaufnehmer Honeywell QA2000).

Bild 2: Plattformbewegungen am METAS-Schwingerreger bei optimierter Montageanordnung:
Beschleunigungskomponenten ax, ay, az (gemessen mit Triaxial-Beschleunigungsaufnehmer PCB 356B08), nomineller Schwingweg dx (gemessen mit Referenz-Beschleunigungsaufnehmer Honeywell QA2000).

Zur Überprüfung dieses mit einem nicht-idealen Schwingerreger gewonnenen Kalibrierergebnisses wurde eine Vergleichskalibrierung auf der für Prüflasten bis 100 kg ausgelegten Mehrkomponenten-Beschleunigungs-Normalmesseinrichtung der PTB durchgeführt (siehe Bild 3). Diese Messeinrichtung verwendet drei orthogonal angeordnete Shaker, die die Schwingarmatur über ein hydrostatisches Kreuzkoppellager antreiben. Bei nun deutlich schwächeren Störbewegungen konnte der flache Amplitudengang der x-Empfindlichkeit bis 300 Hz eindrucksvoll bestätigt werden (siehe Bild 4). Das Diagramm zeigt die auf den verschiedenen Messeinrichtungen direkt gemessenen bzw. bezüglich der Kippbewegung korrigierten Amplitudengänge im Vergleich. Die hier beschriebenen, in Kooperation mit dem METAS durchgeführten Arbeiten wurden auf der IMEKO TC3-Konferenz 2007 präsentiert [2].

Kalibrierung auf der Mehrkomponenten-Beschleunigungs-NME der PTB.

Bild 3: Kalibrierung auf der Mehrkomponenten-Beschleunigungs-NME der PTB.

Kalibrierergebnisse mit den zwei verschiedenen Messeinrichtungen im Vergleich: Amplitudengang der x-Empfindlichkeit, dargestellt sind die direkten und die mittels zusätzlicher Laservibrometersignale korrigierten Verläufe.

Bild 4: Kalibrierergebnisse mit den zwei verschiedenen Messeinrichtungen im Vergleich:
Amplitudengang der x-Empfindlichkeit, dargestellt sind die direkten und die mittels zusätzlicher Laservibrometersignale korrigierten Verläufe.

[1] ISO 16063-21:2003, ”Methods for the calibration of vibration and shock transducers — Part 21: Vibration calibration by comparison to a reference transducer”, International Organization for Standardization, Geneva, 2003.

[2] Chr. Hof, M. Kobusch: Comparison of the calibration of a heavy multi-component vibration transducer on different exciter systems, Proc. of IMEKO TC3 & TC16 & TC22 International Conference, 2007, Merida, Mexico, CD-ROM and www.imeko.org

Ansprechpartner:

M. Kobusch, FB 1.3, AG 1.34, E-Mail: michael.kobusch@ptb.de