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Richtcharakteristik von Messmikrofonen für hochfrequente Lärmmessungen

01.11.2018

Bei Lärmmessungen wird in der Regel davon ausgegangen, dass die Richtungsabhängigkeit des verwendeten Mikrofons vernachlässigt werden kann. Dies gilt dann, wenn das Mikrofon deutlich kleiner als die Wellenlänge des untersuchten Schalls ist. Im Ultraschallbereich ist diese Bedingung meistens nicht erfüllt.

Im Hörschallbereich beträgt die Wellenlänge je nach Frequenz mehrere Meter bis zu wenigen Zentimetern, im hochfrequenten Ultraschallbereich nur noch wenige Millimeter. Damit ist sie kleiner als die typischerweise verwendeten Mikrofone und ein Mikrofon wird für seitlichen Schalleinfall unempfindlicher je höher die Schallfrequenz ist. Bei einer Lärmmessung mit hochfrequentem Schallanteil führt das dazu, dass das Messergebnis davon abhängt, wie genau das Mikrofon auf die Lärmquelle ausgerichtet ist. Ist die Richtcharakteristik bekannt, kann das Ergebnis korrigiert werden. Sind mehrere Lärmquellen oder Reflexionen vorhanden, kann mithilfe der Richtcharakteristik zumindest eine Messunsicherheit des Ergebnisses angegeben werden.

In diesem Zusammenhang wurden mehrere Mikrofone verschiedener Bauart und unterschiedlicher Hersteller in einem Scanningmessplatz der PTB untersucht (Bild 1). Der Messplatz ist im großen Freifeldraum der PTB installiert und erlaubt es, den Bereich einer Halbkugel über einem Prüfling mit hoher Winkelauflösung abzutasten. Dabei wird ein geeigneter Lautsprecher um das zu untersuchende Mikrofon bewegt, zu jeder Position die Impulsantwort gemessen und daraus die Richtungsempfindlichkeit bestimmt.

 

Bild 1: Mikrofon im Aufbau zur Richtcharakteristikmessung im großen Freifeldraum der PTB

Es zeigte sich, dass Messmikrofone, die der Bauart nach der Norm IEC 61094-4 [1] entsprachen, unabhängig vom Hersteller grundsätzlich sehr ähnliche Richtcharakteristiken aufwiesen. Unterschiede waren vor allem auf das Verhältnis von Baugröße zur Schallwellenlänge zurückzuführen. Sehr große Abweichungen hingegen ergaben sich durch die Verwendung von Schutzgittern. Diese sind nicht genormt und weisen je nach Hersteller sehr unterschiedliche Formen auf. Je nach Bauweise kann selbst der frontal einfallende Schall verfälscht werden.

Die Ergebnisse legen nahe, dass bei Lärmmessungen mit dominantem hochfrequenten Anteil von der Verwendung von Schutzgittern besser abzusehen ist, da die individuelle geometrische Ausführung einen starken Einfluss auf das Messergebnis nimmt. Im rauen Messalltag eines Ingenieurs ist der Einsatz eines Mikrofons ohne Gitter allerdings undenkbar, da das Gitter der einzige Schutz des empfindlichen und teuren Sensors vor Schmutz, Staub und mechanischen Einwirkungen ist.

Es besteht damit ein zu lösendes Dilemma, hochfrequente Lärmmessungen in Zukunft praktikabel und messsicher zugleich zu machen.

Literatur:

[1] DIN EN 61094-4: Meßmikrofone - Teil 4: Anforderungen an Gebrauchs-Normalmikrofone (IEC 61094-4:1995); Deutsche Fassung EN 61094-4:1995

Ansprechpartner:

Dr. Christoph Kling, FB 1.6, AG 1.63, E-Mail: Opens window for sending emailChristoph.Kling(at)ptb.de