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Bemaßung und Bewertung von Lärm durch Luftultraschall

21.08.2015

Lärm durch Luftultraschall belastet zunehmend unsere alltägliche Umgebung und kann ein Gesundheitsrisiko darstellen. Es ist ein zunehmender Bedarf zu verzeichnen, die Wahrnehmung und den Einfluss von Luftultraschall zu verstehen und konsistente Regelungen zu erstellen. Das EARS-Projekt brachte nun Forscher aus mehreren Disziplinen zusammen und kombinierte bildgebende Verfahren und audiologische Messungen, um eine Basis zu legen für die Bemaßung und Bewertung von Ultraschalllärm.

Unsere alltägliche Umgebung ist durch Luftultraschall belastet: zu Hause, an der Arbeit und im öffentlichen Raum. Der Lärm entsteht dabei bewusst oder als Nebenprodukt der zunehmenden Benutzung technischer Gerätschaften. Es gibt zahlreiche Hinweise darauf, dass Ultraschall vom Menschen wahrgenommen werden kann und dass dieser Lärm Einfluss auf die menschliche Gesundheit nimmt. Das Wissen um die Wahrnehmungsmechanismen und die Risiken ist dagegen noch recht gering. Nicht zuletzt deshalb sind die wenigen Richtlinien zur Messung und Bewertung von Luftultraschall inkonsistent. Verwender, Hersteller und Arbeitsschützer haben zunehmend Interesse an konsistenten und wohl-fundierten Regelwerken.

Dies war Anlass für fundamentale Studien im Rahmen des EARS-Projektes [1]. Es wurde gefördert von der Europäischen Union im europäischen Metrologie-Forschungsprogramm EMRP. Eine Gruppe von otologisch normalhörenden Personen durchlief verschiedene Hörtests im hochfrequenten Hörfrequenz- und im Ultraschallbereich. Die Hörversuche wurden zum einen als klassische audiologische Tests, zum anderen als Hirnaktivitätsstudien in Magnetenzephalographen (MEG) und funktionalen Magnetresonanztomographen (fMRT) durchgeführt. Dieses besondere Konzept vereinte die Vorteile beider Methoden und erlaubte es an Versuchspersonen, deren individuelle Hörschwellen vermessen wurden, Hirnantworten auf Signale mit absolut bekannten Schalldruckpegeln zu untersuchen. Aus den Ergebnissen konnte unter anderem ein erster Vorschlag für eine Festlegung von Expositionsgrenzen abgeleitet werden.

Die Untersuchungen wurden bei Frequenzen zwischen 14 kHz und 24 kHz durchgeführt. Es konnten Hörschwellen bis zu 24 kHz bestimmt werden (Bild 1). Alle Versuchspersonen fühlten sich stark gestört, sobald sie den Ultraschall wahrnehmen konnten. Im Gegensatz dazu konnten die bildgebenden Verfahren keine signifikante Aktivierung des auditorischen Cortex, der Hirnregion, in der hörbare Signale verarbeitet werden, feststellen.

 

 

Bild 1: Audiologisch bestimmte Hörschwellen im hochfrequenten Hörschall- und Ultraschallbereich. Gezeigt sind die Medianwerte (durchgezogene Linie), Maximal- und Minimalwerte (gestrichelte Linien) und Literaturwerte (rote und blaue Linien). Gemessene Lärmpegel verschiedener Ultraschallanlagen sind zum Vergleich angegeben.

 

Die Untersuchungsergebnisse legen nahe, dass ein Gesundheitsrisiko zumindest bei den untersuchten Schalldruckpegeln wahrscheinlich eher durch Störung bzw. Belästigung und Erregung besteht als durch physischen Schaden im Innenohr. Aufgrund der Ergebnisse wird folgende Strategie zur Bewertung von Ultraschallärm vorgeschlagen: Störung als die grundlegende Einwirkung auf den Menschen kann verhindert werden durch die Unterbindung der Wahrnehmung von Luftultraschall. Beurteilungsbasis für diese Strategie sind Hörschwellen. Im Gegensatz zum normalen Hörbereich sind die hochfrequenten Hörschwellen zwischen 10 kHz und 20 kHz individuell sehr unterschiedlich. Zusätzlich kommt hier der altersbezogene Effekt, dass junge Erwachsene und Kinder besser hören als ältere Erwachsene, sehr viel deutlicher zum Tragen als in anderen Frequenzbereichen. Um dies zu berücksichtigen, sollte eine Minimumhörschwelle oder das 1%-Perzentil eines angemessenen Datensatzes als Expositionsschwelle angesetzt werden. Zuschläge können für Personengruppen mit besonderem Hörempfinden für Ultraschall vorgehalten werden und müssen in der Zukunft diskutiert werden.

Die genannten Expositionskriterien sind ein erster Versuch, die Lärmbewertung im vermeintlich nicht-hörbaren Frequenzbereich des Ultraschalls zu verbessern. Weitere Messdaten mit größeren Gruppen verschiedener Altersstufen sind erforderlich, um die Schlussfolgerungen zu untermauern und zu spezifizieren.

 

Literatur:

[1] Website des EARS-Projekts:Opens external link in new windowears-project.eu

 

 

Ansprechpartner:

Christoph Kling, FB 1.6, AG 1.63, Opens window for sending emailchristoph.kling(at)ptb.de