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Vor-Ort-Kalibrierung von Flüssigkeitsmessgeräten mit neuartigem Injektionsverfahren

01.10.2009

Mengen- und Durchflussmessgeräte werden mit ortsfesten Messeinrichtungen unter Referenzbedingungen geprüft und kalibriert. Problematisch wird es, wenn sich die Messbedingungen bei der industriellen Anwendung von diesen Bedingungen unterscheiden, sich das Messverhalten eines Durchflussmessgerätes daraufhin ändert und die Messergebnisse folglich verfälscht werden. Abhilfe kann ein patentiertes Verfahren schaffen, das mit Hilfe eines statischen Normals (auf der Basis einer exakten Masse- oder Volumenbestimmung) eine Kalibrierung von Mengen- und Durchflussmessgeräten unter Strömungsbedingungen am Einbauort ermöglicht.

Kennzeichnend für das vorzustellende Verfahren ist die Kombination eines statischen Normals mit kontinuierlich arbeitenden Durchflussmessgeräten. Bild 1 zeigt eine entsprechende Messanordnung, in der das statische Normal beispielsweise als Kolben-Messeinrichtung ausgeführt ist und zwischen zwei Mengen- oder Durchflussmessgeräten eine Entnahme oder Injektion einer Fluidmenge ermöglicht. Diese Fluidmenge wird als Volumen mittels der Kolben-Messeinrichtung als Referenzmenge bestimmt und dient zur Kalibrierung der Messgeräte.

Mögliche Ausführungen der Einrichtung zur Bestimmung einer Fluidreferenzmenge mittels Kolben-Messeinrichtung

Bild 1: Mögliche Ausführungen der Einrichtung zur Bestimmung einer Fluidreferenzmenge mittels Kolben-Messeinrichtung

Die Anwendung des Verfahrens besteht aus zwei Schritten. Zunächst werden die Messsignale beider Durchflussmessgeräte synchron aufgenommen. Danach wird während der synchronen Signalaufnahme eine Fluidreferenzmenge zum Beispiel injiziert und somit ein bekannter Teilstrom dem Hauptstrom aufgeprägt. Mit Kenntnis der Messsignale aus den beiden genannten Schritten beider Messgeräte und des Teilstroms lassen sich die Durchflussmessgeräte kalibrieren.

Vorzugsweise eignen sich hierfür Turbinenradzähler, da es bei diesem Verfahren auf eine hohe Wiederholpräzision der Durchflussmessgeräte ankommt. Zudem kann hierbei von nullpunktstabilen Messgeräten ausgegangen werden.

Der Vorteil des Verfahrens besteht in der einfachen Handhabung. Es kann zu jeder Zeit am Einbauort unter den tatsächlichen Messbedingungen im fliegenden Start-Stopp Betrieb angewendet und somit eine Historie zur Messstabilität der Durchflussmessgeräte erstellt werden. Zudem ist die Kalibrierung im Vorfeld planbar, denn die Messunsicherheit ist vom Verhältnis des Hauptstroms zum Teilstrom abhängig. Das Verhältnis lässt sich so klein wählen, dass in Abhängigkeit von der Referenzmenge, der Messzeit und dem Hauptstrom eine geringe Messunsicherheit erreicht werden kann.

Erste Versuche fanden mit einem einfachen Messaufbau der Rohrnennweite DN50 statt und bestätigten die Einsatzrelevanz des neu entwickelten Verfahrens. Dazu zeigt Bild 2 den Messaufbau im Mineralölzählerprüfstand der PTB. Zu sehen sind zwei Turbinenradzähler (durch weiße Quadrate hervorgehoben), die in der Hauptleitung eingebaut sind, sowie ein statisches Normal, bestehend aus einem Glasbehälter (10 Liter) und einer Waage.

Messaufbau im Mineralölzählerprüfstand der PTB zum Nachweis der Einsatzrelevanz des neu entwickelten Verfahrens

Bild 2: Messaufbau im Mineralölzählerprüfstand der PTB zum Nachweis der Einsatzrelevanz des neu entwickelten Verfahrens

Die weiterführende Aufgabe besteht darin, eine Entnahmeeinrichtung zum Beispiel als Kolben-Messeinrichtung so zu entwickeln, dass eine automatische, gleichmäßige und reproduzierbare Entnahme und Bestimmung der Fluidreferenzmenge durchführbar wird. Dazu gehört auch die Entwicklung einer geeigneten Computer-Steuerung mit Datenaufnahme und Zeitmesseinrichtung.

[1] J. Riedel: Transferverfahren zur Validierung von Mengen- und Durchflussmesseinrichtungen mit Newton'schen Flüssigkeiten. Dissertation, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, 2009

[2] J. Riedel, H. Többen: Verfahren zum Kalibrieren eines Durchflussmesssystems. Patent DE 10 2007 019 601 B3, 2009

Ansprechpartner:

Jörg Riedel, FB 1.5, AG 1.53, E-Mail: joerg.riedel@ptb.de