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Neue Anlage zur kombinierten Kraft- und Drehmomenterzeugung

25.09.2012

Nach aufwendiger Planung befindet sich die Umsetzung einer Maschine zur gleichzeitigen Erzeugung von Längskraft und Drehmoment in der Endphase. Die Messvorrichtung erweitert die Möglichkeiten der PTB zur Kalibrierung sogenannter Mehrkomponenten-Sensoren.

Seit mehreren Jahren existieren auf dem Markt Sensoren, welche die Vorspannkraft und die Reibwerte von Schraubverbindungen messen. Die erreichte Klemmkraft kennzeichnet maßgeblich die Qualität einer Verschraubung. Sie wird wesentlich durch das aufgebrachte Drehmoment und die Reibung beeinflusst. Es besteht daher seitens der Industrie ein hohes Interesse daran, solche Verbindungen zu Gunsten von höheren Klemmkräften und geringeren Dimensionen von Schrauben und somit Werkzeugen, Maschinen und Anlagen zu verbessern. Ein zwingender Schritt auf diesem Weg ist ein einheitliches Messverfahren, welches erlaubt, verschiedene Reibwertsensoren untereinander zu vergleichen.

Die neuartige Zusatzvorrichtung wird genau dieses Ziel erreichen. Nach der vollständigen Inbetriebnahme wird es möglich sein, axiale Druckkräfte im Bereich von 20 kN bis 1 MN und Drehmomente mit Beträgen von 20 N · m bis 2 kN · m zu erzeugen. Neben einem separaten Aufbringen der Komponenten kann ein Sensor auch mit einer beliebigen Kombination von Kraft und Moment belastet werden. Dies ermöglicht es, unerwünschtes Störverhalten, wie z. B. das Übersprechen einer Komponente auf den Messkanal der anderen, genau zu untersuchen.

Die grundlegende Idee ist es, ein reines Drehmoment mit Hilfe eines Kräftepaares zu generieren. Eine Kraft kann im 3D-Raum als ein Vektor mit einem festen Betrag und einer bestimmten Richtung angesehen werden. Ein Kräftepaar besteht in diesem Fall aus zwei Kraftvektoren, welche vom Betrag gleich, in der Richtung parallel und im Richtungssinn genau entgegengesetzt ausgerichtet sind.

Zur Erzeugung eines solchen Kräftepaares wurde ein doppelt ausgeführtes Hebel-Masse-System gewählt, wie es im Bild 1 zu sehen ist. Unterschiedlich schwerer Massestücke werden an Metallbändern angehängt und wirken mit ihrer Gewichtskraft senkrecht zur Erdoberfläche. Um diesen Kräften eine horizontale Richtung zu verleihen, werden die Bänder über reibungsarme Luftlagerrotoren geführt und in ihrer Richtung umgelenkt. Die Enden der Bänder sind an den Enden eines Hebels mit einem Durchmesser von zwei Metern befestigt.

Bild 1: Schematische Darstellung des Hebel-Masse-Systems (Drehmoment, rechts) für die 1 MN Kraftmesseinrichtung (Kraft, links) und der Kombination beider Systeme (mitte).

Um eine möglichst hohe Genauigkeit gewährleisten zu können, sind in der Anlage Abstands- und Neigungssensoren eingebaut. Diese überprüfen das System kontinuierlich auf Änderungen in der Ausrichtung oder detektieren Bewegungen. Verschiedene Schrittmotoren ermöglichen dann über den Zeitraum einer Messung eine konstante perfekte Ausrichtung.

Ebenso im Aufbau befinden sich Zusatzeinrichtungen, mit deren Hilfe auch Biegemomente erzeugt werden können. Damit können weitere Effekte untersucht werden mit dem Ziel, das Angebot der PTB an speziellen Mehrkomponenten-Kalibrierungen zu erweitern.

Ansprechpartner:

Sebastian Baumgarten, FB 1.2, AG 1.22, E-Mail: sebastian.baumgarten@ptb.de