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Kriechmessungen an Präzisions-Drehmomentaufnehmern im Vergleich

26.01.2011

Drehmomentaufnehmer reagieren aufgrund von internen Umlagerungsvorgängen auf veränderte Belastungen verzögert. Erst Minuten nach einer Änderung findet das Ausgangssignal asymptotisch in einen stabilen Zustand (Bild 1). Dieses Kriechen genannte Verhalten muss man kennen, um die Eignung eines Drehmomentaufnehmers für dynamische oder hochpräzise Aufgaben beurteilen zu können. Deshalb fordert die DIN 51309 bei der Kalibrierung von Drehmomentaufnehmern die Durchführung entsprechender Kriechmessungen.

Bei solchen Messungen muss die Belastung nach einer schnellen Belastungsänderung exakt konstant gehalten werden, während die Antwort des Aufnehmers auf die Belastungsstufe aufgezeichnet wird. Dies ist bei Kalibieranlagen mit direkter Massewirkung (Direktbelastungseinrichtungen), die das Drehmoment mittels Hebelarm und Belastungsmassen erzeugen, konstruktionsbedingt gegeben, während es in Vergleichs-Kalibrieranlagen, deren Drehmonenterzeugung auf motorischem Antrieb beruht, nur schwierig zu erreichen ist. Deshalb ist die in der DIN-Norm empfohlene Methode zur Kriechmessung in Kalibrieranlagen nach dem Vergleichsprinzip nicht anwendbar. In einer Untersuchung wurde ermittelt, ob alternativen Messmethoden zu Ergebnissen führen, die den in Direktbelastungskalibrieranlagen gewonnenen äquivalent sind [1].

Kriechkurve. Signalverlauf eines Drehmomentaufnehmers nach einer schnellen Belastungsänderung von 0% auf 100% der Nennlast. Während der Messung bleibt die Belastung konstant auf 100%.

Bild 1: Kriechkurve. Signalverlauf eines Drehmomentaufnehmers nach einer schnellen Belastungsänderung von 0% auf 100% der Nennlast. Während der Messung bleibt die Belastung konstant auf 100%.

Die untersuchten Verfahren zur Kriechmessung sind grundsätzlich stärker mit Störsignalen behaftet als Kriechmessungen in Direktbelastungseinrichtungen. Deshalb wurden für die Auswertung der Kriechmessungen in Vergleichs-Kalibrieranlagen Anpassungen der Daten an eine exponentielle Modellfunktion vorgenommen. Die Modellparameter führen dann zu den gesuchten Kriecheigenschaften, zeigen jedoch auch, worauf es ankommt, wenn die Ergebnisse der verschiedenen Verfahren vergleichbar sein sollen.
Der Verlauf von Kriechvorgängen hängt nämlich nicht nur von dem Betrag und der Geschwindigkeit der Belastungsänderung ab, sondern auch von der Belastungs-Vorgeschichte des Aufnehmers. Anscheinend sind die mit den Belastungen verbundenen Spannungszustände im Aufnehmer je nach Einwirkdauer einer mehr oder minder starken Akkumulation unterworfen, die zu typischem Sättigungsverhalten führt. Aus diesem Grund sind Kriechmessungen nur dann vergleichbar, wenn sie aus gleichartigen Belastungsverläufen gewonnen wurden. Der Belastungsverlauf umfasst hier nicht nur die Zeitspanne, in der der eigentliche Kriechvorgang aufgezeichnet wird – also nach der Belastungsänderung – sondern auch eine Zeitspanne vor der Belastungsänderung. Wegen des asymptotischen Charakters des Kriechens betragen diese Zeitspannen jeweils 20 bis 60 Minuten.
Außerdem muss für die Vergleichbarkeit von Kriechmessungen sichergestellt sein, dass das Zeitfenster, in dem die Kriechvorgänge aufgezeichnet werden, sowohl in der Länge als auch in der Position im Kriechablauf übereinstimmen.
Werden alle diese Bedingungen eingehalten, lassen sich die relativen Abweichungen zwischen Kriechmessungen in Vergleichs-Kalibrieranlagen und in Direktbelastungseinrichtungen auf etwa 0,1 · 10-4 begrenzen. Damit liegen die Abweichungen in der Größenordnung der relativen Messunsicherheiten, mit denen Kriechmessungen behaftet sind. In diesem Sinne sind die durchgeführten Kriechmessungen also gleichwertig, unabhängig von dem Verfahren, mit dem sie gewonnen wurden.

Literatur:

[1] Brüge, A.: Creep measurement in reference torque calibration machines, IMEKO 2010: TC3, TC5 and TC22 Conferences, Pattaya, 21-25, November, 2010, Download:
http://www.imeko.org/publications/tc3-2010/IMEKO-TC3-2010-NP-023.pdf

Ansprechpartner:

Andreas Brüge, FB1.2, AG 1.22, E-Mail: andreas.bruege@ptb.de