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Überwachung der Läsionsbildung bei HITU-Behandlungen auf der Basis von abgestrahlten Scherwellen

13.01.2011

Beim Einsatz von gepulstem HITU (hochintensiver fokussierter therapeutischer Ultraschall) werden Scherwellen abgestrahlt, die Informationen über den Prozess der Läsionsbildung enthalten. Diese können zur Überwachung des Therapieverlaufs genutzt werden, um Unregelmäßigkeiten frühzeitig zu detektieren und zu vermeiden.

HITU wird vorwiegend zur Zerstörung von Tumorgewebe eingesetzt, zunehmend wird sein Einsatz aber auch für Anwendungsgebiete in der Neurologie erforscht. Durch die lokale Erwärmung mit Hilfe von HITU wird Gewebe in einem eng begrenzten Bereich (Ellipsoid) nekrotisiert. Neben der Temperaturerhöhung können auch Kavitation und Siedebläschen auftreten, die ebenfalls zur Läsionsbildung beitragen. Treten Siedebläschen auf, wird der Ultraschall daran reflektiert und das dahinterliegende Gebiet abgeschirmt. Es kommt zu einer Verlagerung der Behandlungszone, sozusagen ein Wandern des Fokus in Richtung Schallwandler. Außerdem verändert sich die Läsion in Form eines Ellipsoiden in eine Form, die einer Kaulquappe ähnelt. Diese Unregelmäßigkeit muss frühzeitig detektiert werden, um eine unkontrollierte Nekrotisierung durch Verlagerung und Verformung zu vermeiden.

Durch die Schallstrahlungskraft wird das Gewebe beim Einschalten des HITU vom Schallwandler in Richtung des Schallstrahls weggeschoben. Wird der HITU ausgeschaltet, relaxiert das Gewebe. In beiden Fällen wird eine Scherwelle in das angrenzende Gewebe abgestrahlt. Vor kurzem wurde gezeigt, dass sich die Denaturierung von Proteinen deutlich in einer Änderung der Gewebeelastizität widerspiegelt. Da die Auslenkung und damit die Stärke der Scherwellen von der Elastizität des behandelten und des umliegenden Gewebes abhängen, ist auch eine Veränderung der abgestrahlten Scherwelle im Laufe der Nekrotisierung zu erwarten.

Bei ex vivo Messungen an Schweinefleisch wurden Läsionen mit einem HITU-Wandler induziert. Dabei wurde die HITU-Einwirkung (8 kW/cm²) periodisch für jeweils 4 ms unterbrochen, so dass der aussetzende Strahlungsdruck eine Scherwelle hervorrief. Während dieser Geweberelaxation wurden mit einem Einzelelementwandler hochfrequente Echosignale (A-Scans) in einem Abstand von 5 mm zum HITU-Fokus aufgenommen (Pulswiederholungsrate: 8 kHz). Eine Skizze der Messanordnung ist in Bild 1 dargestellt. Mit Hilfe eines Korrelationsverfahrens wurde die Gewebeverschiebung aus den aufeinanderfolgenden A-Scans bestimmt.

Messanordnung zur Detektion der abgestrahlten Scherwellen bei gepulstem HITU: Durch die Verschiebung des Gewebes beim Einschalten des HITU auf Grund der Schallstrahlungskraft und durch die Geweberelaxation beim Ausschalten werden  Scherwellen in das angrenzende Gewebe abgestrahlt. Diese Scherwellen können in einer Folge von A-Scans detektiert werden und enthalten Informationen über den Verlauf der Läsionsbildung.

Bild 1: Messanordnung zur Detektion der abgestrahlten Scherwellen bei gepulstem HITU: Durch die Verschiebung des Gewebes beim Einschalten des HITU auf Grund der Schallstrahlungskraft und durch die Geweberelaxation beim Ausschalten werden Scherwellen in das angrenzende Gewebe abgestrahlt. Diese Scherwellen können in einer Folge von A-Scans detektiert werden und enthalten Informationen über den Verlauf der Läsionsbildung.

Wird die Gewebeverschiebung über die Zeit und die Gewebetiefe aufgetragen, lässt sich die Scherwelle, die durch das Gebiet des A-Scans läuft, darstellen (siehe Bild 2). Darauf aufbauend wurden die Stärke der Scherwelle in verschiedenen Gewebetiefen und die dazugehörenden Laufzeiten im Verlauf der Läsionsbildung analysiert. Es konnte gezeigt werden, dass eine Fokusverlagerung zu einer Abnahme der Scherwellenstärke in tieferen Geweberegionen führt. Eine Verformung der Läsion geht mit deutlichen Änderungen sowohl der Stärke als auch der Laufzeiten der Scherwelle einher. Diese Ergebnisse zeigen, dass auf Basis der abgestrahlten Scherwellen Informationen über die Läsionsbildung gewonnen werden können. Da diese Methode mit minimaler Ausstattung und geringen Zeitaufwand zu realisieren ist, stellt sie eine gute Alternative für die Echtzeitüberwachung dar.

Darstellung der Scherwelle, die durch den A-Scan läuft. Die Gewebeverschiebung ist in Abhängigkeit der Zeit und der Gewebetiefe aufgetragen.

Bild 2: Darstellung der Scherwelle, die durch den A-Scan läuft. Die Gewebeverschiebung ist in Abhängigkeit der Zeit und der Gewebetiefe aufgetragen.

Ansprechpartner:

Stefanie Dencks, FB 1.6, AG 1.62, E-Mail: stefanie.dencks@ptb.de