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Untersuchungen an Silizium-Wägezellen mit Dünnschicht-Dehnungsmessstreifen

30.07.2008

Wägezellen (WZ) mit einkristallinen Federkörpern (FK) und aufgesputterten Dehnungsmessstreifen (DMS) lassen aufgrund der ideal elastischen Eigenschaften des FKs ein geringes Zeitverhalten und eine hohe Reproduzierbarkeit der Messsignale erwarten. Damit wären diese Sensoren optimal für den Einsatz in mechatronischen Systemen geeignet, um weitere Einflussfaktoren wie Temperaturabhängigkeiten und Nichtlinearitäten digital zu kompensieren. Untersuchungen eines FKs aus Silizium (Si) haben das im Vergleich zu metallischen FK um den Faktor 100 geringe Zeitverhalten bestätigt. Derzeit werden die Si-WZ bezüglich Linearität, Hysterese und Reproduzierbart der Messsignale untersucht. Erste vergleichende Messungen an metallischen- und Si-Wägezellen bestätigen die besseren Eigenschaften der Si-WZ.

Interferometrische Untersuchungen der zeitabhängigen Verformung eines Si-FKs nach Lastwechseln haben gezeigt, dass die relativen mechanischen Nachwirkungen des Federkörpers aus einkristallinem Silizium kleiner sind als 2·10-5 und damit um den Faktor 100 geringer als bei metallischen FK. Im nächsten Schritt wurden Dünnschicht-DMS mit dem Verfahren der Sputterdeposition auf die Si-FK aufgebracht (s. Abb. 1). Im Gegensatz zu geklebten Folien-DMS wird durch die direkte Verbindung beim Sputtern das DMS-Kriechen deutlich reduziert und die Reproduzierbarkeit erhöht.

Silizium-Wägezelle mit aufgesputterten Dünnschicht-Dehnungsmessstreifen

Bild 1: Silizium-Wägezelle mit aufgesputterten Dünnschicht-Dehnungsmessstreifen

Derzeit werden die Eigenschaften der Si-WZ bezüglich Linearität, Hysterese und Reproduzierbarkeit untersucht. Zu diesem Zweck werden Messreihen bei 20°C mit zu- und abnehmenden Laststufen von 0 kg bis 1 kg an Si-WZ und zu Vergleichszwecken an metallischen WZ gleicher Geometrie durchgeführt. Die Auswertung der Messergebnisse erfolgt in Anlehnung an die internationale OIML Empfehlung R 60 zur Prüfung und Klassifizierung von WZ im gesetzlichen Messwesen.
In Abbildung 2 sind der Wägezellenfehler EWZ (blaue Linie) und der Reproduzierbarkeitsfehler ERep (rote Markierungen) für drei metallische und eine Si-WZ dargestellt. Die Fehlergrenzen der jeweils höchsten erreichbaren Genauigkeitsklasse sind durch schwarze Linien gekennzeichnet.

Wägezellenfehler E_WZ (blaue Linie) und Reproduzierbarkeitsfehler E_Rep> (rote Markierungen) in Anlehnung an die OIML Empfehlung R 60 als Funktion der Last L für verschiedene Wägezellen; die schwarzen Linien stellen die Fehlergrenzen der erreichten Genauigkeitsklasse dar.

Bild 2: Wägezellenfehler EWZ (blaue Linie) und Reproduzierbarkeitsfehler ERep (rote Markierungen) in Anlehnung an die OIML Empfehlung R 60 als Funktion der Last L für verschiedene Wägezellen; die schwarzen Linien stellen die Fehlergrenzen der erreichten Genauigkeitsklasse dar.

Die Aluminium-WZ mit geklebten DMS erreicht die Genauigkeitsklasse C mit 1000 Teilungsschritten. Begrenzendes Kriterium ist der Wägezellenfehler, verursacht durch die Hysterese des WZ-Signals. Theoretisch ist das Erreichen einer höheren Genauigkeitsklasse mittels Kompensation von Hysterese-Effekten möglich.
Die Stahl-WZ mit geklebten DMS erreicht die Genauigkeitsklasse C mit 2500 Teilungsschritten. Im Gegensatz zu der Aluminium-WZ ist nicht der Wägezellenfehler, sondern der Reproduzierbarkeitsfehler das begrenzende Kriterium. Das bedeutet, dass auch mittels digitaler Kompensation keine höhere Genauigkeitsklasse zu erzielen wäre.
Die Stahl-WZ mit gesputterten DMS zeigt einen geringeren Reproduzierbarkeitsfehler im Vergleich zu der Stahl-WZ mit geklebten DMS und erreicht die Genauigkeitsklasse C mit 8000 Teilungsschritten. Wie bei der Aluminium-WZ ist der Wägezellenfehler das begrenzende Kriterium; eine höhere Genauigkeitsklasse kann durch die Kompensation von Hysterese-Effekten erlangt werden.
Die Si-WZ mit gesputterten DMS erreicht die Genauigkeitsklasse C mit 10000 Teilungsschritten und damit die höchste Klasse der untersuchten WZ. Begrenzendes Kriterium ist hier der Wägezellenfehler. Aber im Gegensatz zu den metallischen WZ wird dieser Fehler nicht durch Hysterese, sondern durch Nichtlinearitäten verursacht. Durch die Kompensation der Nichtlinearität kann eine höhere Genauigkeitsklasse erreicht werden.
Die digitale Kompensation von Nichtlinearitäten ist einfacher als die Kompensation von Hysterese-Effekten, da zur Hysterese-Kompensation Modelle mit lastabhängiger Historie benötigt werden. Aufgrund des dominierenden Hysterese-Einflusses bei den metallischen WZ ist eine Kompensation bzgl. Nichtlinearität nicht sinnvoll. Durch digitale Kompensation der Nichtlinearität unter Verwendung eines linearen Modells hält die Si-WZ die Fehlergrenzen der Genauigkeitsklasse B mit 30000 Teilungsschritten ein. Im nächsten Schritt werden die Untersuchungen auf einen Temperaturbereich von -10°C bis 40°C ausgeweitet.

Ansprechpartner:

Sascha Mäuselein, FB 1.1, AG 1.12, Email: sascha.maeuselein@ptb.de