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Aufbau einer neuartigen Kraft-Normalmesseinrichtung für den Bereich 1 mN bis 2 N

05.11.2007

Die Kraft-Normalmesseinrichtungen der PTB dienen zur Darstellung der Einheit Newton von bisher 0,5 N bis 16,5 MN. Um diesen Messbereich zu kleineren Kräften hin zu erweitern, wurde eine neue Einrichtung in Betrieb genommen. Zur Rückführung werden statt herkömmlicher Belastungskörper moderne elektromagnetisch kompensierte Wägezellen verwendet. So können Kraftaufnehmer im Bereich von 1 mN bis 2 N mit bekannter Messunsicherheit kalibriert werden.

Der Fachbereich Festkörpermechanik bietet als Dienstleistung für die Industrie, für Kalibrierlaboratorien und andere Anwender an, Referenz-Kraftaufnehmer normgemäß zu kalibrieren. Zu diesem Zweck werden Kraft-Normalmesseinrichtungen betrieben, die es erlauben, die Kraft in der Einheit Newton im Internationalen Einheitensystem (SI) rückzuführen. Von den Anwendern werden damit unter anderem mechanische Eigenschaften von Materialien und Produkten international vergleichbar gemessen, was einen wesentlichen Beitrag zu Produktsicherheit, Materialeffizienz und Transparenz für den Handel darstellt. In zunehmendem Maße werden dabei miniaturisierte mechanische oder elektromechanische Bauteile und Endprodukte eingesetzt. Um auch hier im Mikromechanischen eine entsprechende Dienstleistung anbieten zu können, wurde eine neue Einrichtung aufgebaut, die nach entsprechenden internationalen Vergleichsmessungen als Kraft-Normalmesseinrichtung dienen soll.
Die Grundidee ist die Verwendung von elektromagnetisch kompensierten Wägezellen, die zur Massebestimmung kommerziell verfügbar sind. Der zu kalibrierende Kraftaufnehmer wird gegen die Wägezelle gedrückt. Die Gegenkraft auf die Wägezelle entspricht genau der negativen Kraft auf den Kraftaufnehmer. Um diese Kraft definiert erzeugen zu können, müssen wegen der hohen mechanischen Steifigkeit des Aufnehmers die Stellwege mit einer Auflösung von besser als ein Nanometer auf das Wägezellensignal geregelt werden. Um dies möglich zu machen, werden sehr hohe Anforderungen an die thermische und mechanische Stabilität des notwendigen höhenverstellbaren und justierbaren Einbaurahmens gestellt.
In Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftlichen Gerätebau der PTB wurde eine entsprechende Anlage entworfen und aufgebaut (Bild 1).

3D-Entwurf und Foto der neuen Kraftnormalmesseinrichtung

Bild 1: 3D-Entwurf und Foto der neuen Kraftnormalmesseinrichtung

In dieser Anlage wurde eine elektromagnetisch kompensierte Wägezelle mit maximalem Bereich entsprechend 2 Newton mit 20 Millionen Schritten Auflösung erprobt. Eine Erweiterung auf Wägezellen mit maximalem Bereich von 12 N und 0,2 N sind vorgesehen. Aus allen bekannten Einflüssen wurde rechnerisch die Messunsicherheit ermittelt. Mit der verwendeten Wägezelle erscheinen Kraftstufen von 1 mN bis zu 2 N sinnvoll, da eine Messunsicherheit bis unter 1 µN erreicht werden kann. Bild 2 zeigt das Ergebnis von Messungen des Kennwertes eines Kraftaufnehmers über zwei Wochen und bei verschiedenen Justagebedingungen. Die Fehlerbalken geben die Messunsicherheit der Messungen bei einem Vertrauensbereich von 95 % an. Die Streuung der Messwerte sind zum Teil von den Eigenschaften des Aufnehmers beeinflusst, wie zum Beispiel seiner Langzeitstabilität, Temperaturabhängigkeit und seiner Empfindlichkeit gegenüber den Einbaubedingungen.

Wiederholte Messung des Kennwertes eines 2 Newton Kraft-Aufnehmers nach ISO376. Die Fehlerbalken geben die erweiterte Messunsicherheit (95%) dieser Messungen an

Bild 2: Wiederholte Messung des Kennwertes eines 2 Newton Kraft-Aufnehmers nach ISO376. Die Fehlerbalken geben die erweiterte Messunsicherheit (95%) dieser Messungen an

Ansprechpartner:

Jens Illemann, FB 1.2, AG 1.21, E-Mail: jens.illemann@ptb.de