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Winkelmessung unter Druck

Luftdruck – unterschätzter Faktor in der Winkelmessung mit Autokollimatoren

PTB-News 2.2019
15.05.2019
Besonders interessant für

Präzisionsmaschinenbau optische Industrie Nutzer von Synchrotron- und Freie-Elektronen-Laser-Strahlung

Hochgenaue Winkelmessungen mit Autokollimatoren werden signifikant von der Luftbrechzahl und damit insbesondere vom Luftdruck beeinflusst. Daher müssen Druckänderungen beim Vergleich von Messungen an unterschiedlichen Standorten berücksichtigt werden. Die PTB hat geeignete Strategien sowohl zur Korrektur der Messergebnisse als auch zur Evaluierung der Messunsicherheit entwickelt.

Simultane Änderungen des Luftdrucks (oben) und des relativen Winkelmessfehlers des Autokollimators (unten; ppm: Teile pro Million) als Funktion der Zeit

Autokollimatoren ermöglichen die berührungslose Messung der Neigungswinkel reflektierender Flächen. Sie werden in Industrie und Forschung vielfältig eingesetzt, insbesondere für die Geradheits- und Ebenheitsmessung mechanischer und optischer Komponenten, wie beispielsweise zur höchstpräzisen Formmessung an Röntgenspiegeln für Synchrotron- und Freie-Elektronen-Laser- Strahlung.

Das Messprinzip des Autokollimators basiert darauf, dass der Winkel des von der Fläche reflektierten Messstrahls durch dessen Objektiv in die örtliche Verschiebung eines Messmarkenbilds auf dem Detektor übersetzt wird. Das Objektiv agiert also als eine Art optischer Hebel, der kleine Winkel in messbare Verschiebungen transformiert. Diese Hebelwirkung hängt von der Objektivbrennweite ab, welche wiederum von der Luftbrechzahl beeinflusst wird.

Wie neue Untersuchungen zeigen, kann der Einfluss von Änderungen der Luftbrechzahl auf die Winkelmessung mit Autokollimatoren nicht vernachlässigt werden. Sie werden durch Änderungen der Umweltbedingungen (Luftdruck und -feuchte, Temperatur) verursacht. Dabei ist insbesondere der Einfluss des Luftdrucks hervorzuheben, der nicht nur wetterbedingten Schwankungen unterworfen, sondern auch höhenabhängig ist. Im Gegensatz dazu werden Temperatur und Luftfeuchte in klimatisierten Laboratorien präzise geregelt und damit nahezu konstant gehalten. Der Fehler in der Winkelmessung des Autokollimators nimmt dabei proportional zum Winkel und zum Luftdruck zu. Darüber hinaus skaliert er auch mit der Distanz (also der Luftstrecke) zwischen dem Autokollimator und der reflektierenden Fläche in Relation zur Objektivbrennweite.

So zeigen Umweltdaten, die im Reinraumzentrum der PTB über ein Jahrzehnt hinweg erhoben wurden, eine Luftdruckspanne von 84 hPa und damit eine relative Druckänderung von über 8 % um den Normaldruck. An einem internationalen Vergleich nahmen Laboratorien teil, die sich auf Höhen von -2 m bis 712 m über dem Meeresspiegel befanden. Dadurch traten Druckunterschiede von bis zu 89 hPa auf. Die resultierenden relativen Winkelmessfehler lagen in der Größenordnung von jeweils bis zu 10–4.

Wie die Zahlen verdeutlichen, müssen beide Einflussgrößen auf den Luftdruck – Wetter und geografische Höhe – beim Vergleich von Winkelmessungen mit Autokollimatoren, die an unterschiedlichen Standorten sowie zu unterschiedlichen Zeiten erfolgen, berücksichtigt werden, um substanzielle Winkelmessfehler zu vermeiden.

Ansprechpartner

Ralf D. Geckeler
Fachbereich 5.2
Dimensionelle Nanometrologie
Telefon: (0531) 592-5220
Opens window for sending emailralf.geckeler(at)ptb.de

Wissenschaftliche Veröffentlichung

R. D. Geckeler, P. Křen, A. Just, M. Schumann, M. Krause: Influence of the air’s refractive index on precision angle metrology with autocollimators.