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Verbessertes Verfahren zur spektralen Farbmessung

PTB entwickelt in einer Industriekooperation neuartigen Ansatz zur Qualitätskontrolle von Farbspektren

PTB-News 1.2017
20.01.2017
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Spektrale Farbmessungen sind heutzutage in vielen Bereichen der Wissenschaft und Industrie unverzichtbar. Beispielsweise sind in der Druckindustrie eindeutige Farbdefinitionen und exakte Farbwiederholungen nötig. Bisherige Verfahren liefern allerdings nur stichprobenartige und lokal begrenzte Ergebnisse – und das unter teils erheblichem Aufwand. Die PTB hat in einem gemeinsamen Projekt mit der Firma Chromasens GmbH ein Verfahren entwickelt, das es erlaubt, mithilfe von spektralen Vorinformationen Farbspektren effizient und mit hoher Genauigkeit darzustellen. In einer Simulationsstudie wurde nachgewiesen, dass der Ansatz deutlich bessere Ergebnisse liefert als herkömmliche Verfahren.

Die multispektrale Zeilenkamera zerlegt das Farbspektrum. (Abb.: Chromasens GmbH)

Typisches Farbspektrum.

Jede Farbe hat einen individuellen Fingerabdruck: das Farbspektrum, bestehend aus unterschiedlichen Wellenlängen und Intensitäten des Lichts. Das gemessene Spektrum verrät, welche Anteile des Lichts reflektiert werden und den Betrachter erreichen – man spricht daher von einem Reflexionsspektrum. Derzeit gängige Verfahren zur spektralen Farbmessung bestimmen das Reflexionsspektrum nur punktuell. Große Flächen können somit nicht vollständig erfasst werden. Zudem ist die Messung aufwendig: So wird beispielsweise bei der Druckqualitätskontrolle ein Soll-Ist-Vergleich manuell mittels gesonderter Farbmessgeräte auf Testbögen durchgeführt.

Dieser Schritt könnte künftig entfallen. Mittels einer multispektral messenden Zeilenkamera und eines in der PTB entwickelten Algorithmus’ lässt sich das komplette Reflexionsspektrum einer zu messenden Oberfläche aufnehmen – vollautomatisiert und in Echtzeit. Die verwendete Kamera verfügt über zwölf Farbkanäle, die ähnlich wie die Zapfen im menschlichen Auge unterschiedlich sensibel auf Licht reagieren. Zunächst werden die spektralen Empfindlichkeitskurven der einzelnen Kanäle bestimmt. Dies ist die Grundlage für die anschließende Rekonstruktion des Farbspektrums aus den Messdaten der Kamera. Das Rekonstruktionsverfahren beruht auf der Bayes’schen Statistik. Dabei werden die Messergebnisse der Kamera mit Vorwissen über das Spektrum verknüpft. Mit diesem Ansatz lässt sich auch die zuverlässige Charakterisierung der Qualität der Messergebnisse sicherstellen.

Mittels einer Simulationsstudie konnte nachgewiesen werden, dass das neue Messverfahren deutlich verlässlichere Ergebnisse liefert als die herkömmlichen empirischen Verfahren. Das Projekt der PTB und der Firma Chromasens GmbH ist auf zwei weitere Jahre angelegt. Ziel ist es, den Weg für die breite Anwendung der neuen Methode zu bereiten. So ist es zum Beispiel möglich, aufgrund der Erfassung spektraler Eigenschaften von Probenoberflächen effiziente Materialsortierungen und Konformitätskontrollen in der industriellen Produktion durchzuführen.

Ansprechpartner

Marcel Dierl
Fachbereich 8.4
Mathematische Modellierung
und Datenanalyse
Telefon: (030) 3481-7978,
Opens window for sending emailmarcel.dierl(at)ptb.de

Wissenschaftliche Veröffentlichung

M. Dierl, T. Eckhard, B. Frei, M. Klammer, S. Eichstädt, C. Elster: Improved estimation of reflectance spectra by utilizing prior knowledge. J. Opt. Soc. Am. A, 33, 1370−1376 (2016)