Präzisionsmessung der Boltzmann-Konstanten
Wesentliche Verringerung der Unsicherheit mit einer alternativen Methode
Ludwig Boltzmann hätte sich vielleicht nie träumen lassen, dass die nach ihm benannte Konstante einmal so viel Aufmerksamkeit erfährt. Doch im Zuge der Neudefinition der Basiseinheiten des Internationalen Einheitensystems über Naturkonstanten sind Forschergruppen aus aller Welt damit beschäftigt, den Wert von k mit möglichst kleiner Unsicherheit zu bestimmen, um eine Neudefinition der Einheit Kelvin zu ermöglichen.
Bei der Bestimmung der Boltzmann-Konstanten setzen viele Forschergruppen die akustische Gasthermometrie ein, die auch die bisher genauesten Werte liefert. Die PTB will demgegenüber mit einer alternativen, komplett unabhängigen Methode systematische Fehlerquellen ausschalten und damit die Neudefinition auf eine solide Basis stellen: mit der Dielektrizitätskonstanten-Gasthermometrie. Das Verfahren beruht auf der Dichtebestimmung des Messgases Helium über die Dielektrizitätskonstante. Praktisch messen die PTB-Forscher, inwieweit das Gas die Kapazität eines speziellen, hochstabilen Messkondensators ändert. Aus Experimenten am Tripelpunkt des Wassers bei exakt 0,01 °C und bei unterschiedlichen Gasdrücken (Isothermenmessungen) kann k mittels fundamentaler Zusammenhänge bestimmt werden. Dabei ist es gelungen, die relative Unsicherheit auf 4 ppm zu verringern.
Die Messungen stellten extreme Anforderungen an die Kapazitäts-, Druck-, Temperatur- und dimensionelle Messtechnik und konnten nur durch eine enge Kooperation zwischen verschiedenen PTB-Arbeitsgruppen und der Industrie erfolgreich realisiert werden. Beispielsweise musste die Druckmessung mit Kolbenmanometern bei 7 MPa bis auf ein 1 ppm genau erfolgen, die Kapazitätsmessung gar auf 0,001 ppm. Ausführliche Vergleiche zwischen Kolbenmanometern unterschiedlicher effektiver Querschnittsfläche haben, kombiniert mit den entsprechenden genauen dimensionellen Daten, zu dieser weltweit einzigartig niedrigen Messunsicherheit bei der Druckmessung geführt. Für die notwendige Temperaturstabilität sorgte ein großer Badthermostat, der in Zusammenarbeit mit dem italienischen Metrologieinstitut (INRIM) hergestellt und optimiert wurde.
Kürzlich konnte in einer Kooperation des chinesischen (NIM) und des amerikanischen Metrologieinstituts (NIST) die relative Unsicherheit bei der Messung von k mit einem weiteren Verfahren, der sogenannten Rauschthermometrie, auf wenige ppm verringert werden. Akustische Gasthermometrie, Dielektrizitätskonstanten-Gasthermometrie und Rauschthermometrie bilden somit als komplementäre Verfahren die Grundlage für die Bestimmung der Boltzmann-Konstanten mit einer angestrebten Messunsicherheit von 1 ppm.
Ansprechpartner
Christof Gaiser
Fachbereich 7.4 Temperatur
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Wissenschaftliche Veröffentlichung
C. Gaiser, T. Zandt, B. Fellmuth: Dielectric-constant gas thermometry. Metrologia 52 217–226 (2015)