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Beschleuniger im Tischformat rücken näher

Strahldiagnostik-Methode zur genauen, nichtinvasiven Längenmessung sehr kleiner Elektronenpakete

PTBnews 1.2022
17.01.2022
Besonders interessant für

Elektronenstrahldiagnostik

Teilchenbeschleuniger

Mithilfe von Laseranregung in Plasmen könnten sich in naher Zukunft kompakte Teilchenbeschleuniger realisieren lassen, die einen alternativen Ansatz zu den derzeit genutzten, oft kilometerlangen Anlagen bieten. An der Metrology Light Source wurde ein Diagnostikverfahren für die geometrischen Strahlparameter der dafür benötigten Elektronenpakete entwickelt.

Simulation der Elektronenpakete entlang der horizontalen Strahlachse in einem lasererzeugten Plasma-Kielfeld. Die hochbeschleunigten Elektronenpakete sind durch eine Plasmablase elektrisch eingeschlossen. Die Dichte der Elektronen skaliert von niedrig (blau) zu hoch (magenta). (Abb.: J. Ludwig, cc 4.0 Wikimedia)

Seit Jahrzehnten werden Teilchenbeschleuniger immer größer. Inzwischen haben Ringbeschleuniger mit Umfängen von vielen Kilometern eine praktische Grenze erreicht. Auch Linearbeschleuniger erfordern sehr große Baulängen. Seit einigen Jahren gibt es jedoch eine Alternative: „Teilchenbeschleuniger im Tischformat“, die auf der Laseranregung von Kielwellen in Plasmen (englisch: laser wakefield) basieren. Sie könnten wesentlich kompakter gebaut werden als andere Linearbeschleuniger und könnten diese in der Industrie und Medizin ergänzen. Doch die Nutzung der bei dieser Technik entstehenden Synchrotronstrahlung setzt sehr genau geformte Elektronenpakete voraus.

An der Metrology Light Source der PTB gibt es einzigartig flexible Einstellmöglichkeiten für den gespeicherten Elektronenstrahl. Diese wurden in einem Projekt unter der Leitung des Helmholtz- Zentrums Berlin genutzt, um besonders kleine Elektronenpakete zu erzeugen, die denen der Laser-Wakefield-Beschleuniger sehr ähnlich sind. Durch Messung mit der von den Elektronen erzeugten Synchrotronstrahlung konnte die laterale Ausdehnung der individuellen Elektronenpakete mit einer Auflösung von wenigen Mikrometern bestimmt werden.

Dabei nutzt man aus, dass die erzeugten Elektronenpakete eine Länge vergleichbar der Wellenlänge von Infrarotstrahlung haben, wodurch es in diesem Spektralbereich zu Kohärenzeffekten bei der Abstrahlung kommt. Die kohärente Synchrotronstrahlung erzeugt an einem Doppelspalt ein interferometrisches Muster, das von einer hochempfindlichen Einzelphotonen- Kamera detektiert wird. Das Muster wird mithilfe eines speziellen Algorithmus ausgewertet, der die laterale Ausdehnung der Strahlungsquelle, also der Elektronenpakete selbst, rekonstruiert.

Die Ergebnisse demonstrieren, dass das Verfahren über die benötigte Auflösung und Empfindlichkeit verfügt, um als Diagnostik für im Kielfeld erzeugte Elektronenpakete genutzt zu werden. Anders als bisher realisierte Verfahren zur Messung der Paketgeometrie ist die Methode nichtinvasiv, sie beeinflusst also nicht den Elektronenstrahl, sodass eine kontinuierliche Messung während des Betriebs möglich ist. Diese Eigenschaft ist essenziell für die gezielte Weiterentwicklung der Kielfeld-Technik.

Ansprechpartner

Arne Hoehl
Fachbereich 7.1 Radiometrie mit Synchrotronstrahlung
Telefon: (030) 3481-7181
Opens local program for sending emailarne.hoehl(at)ptb.de

Wissenschaftliche Veröffentlichung

J.-G. Hwang, K. Albrecht, A. Hoehl, B. A. Esuain, T. Kamps: Monitoring the size of low-intensity beams at plasmawakefield accelerators using high-resolution interferometry. Communications Physics 4, 214 (2021)

Opens external link in new windowhttps://www.nature.com/articles/s42005-021-00717-x