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Magnetfeldsensor misst Herzschlag von Ungeborenen

Berührungslose Herzschlagüberwachung während der Schwangerschaft

PTB-News 2.2016
05.04.2016
Besonders interessant für
  • Kardiologen
  • Pränataldiagnostik

Mit optischen Magnetfeldsensoren haben Forscher der PTB am Bauch einer schwangeren Frau die magnetischen Signale gemessen, die durch die Herzaktivität ihres ungeborenen Kindes entstehen. Sie konnten zeigen, dass die gemeinsam mit dem US-amerikanischen National Institute of Standards and Technology (NIST) entwickelte Technik so verlässlich misst wie andere Methoden und darüber hinaus zusätzliche Informationen liefern kann. So lassen sich fötale Herzfehler frühzeitig diagnostizieren.

Die gemessene Feldverteilung des Herzens der Mutter (links) und des Fötus (rechts). Rote Isofeldlinien bezeichnen die Gebiete mit einem positiven Vorzeichen des magnetischen Feldes, blaue die mit negativem Vorzeichen. Die Positionen der Herzen sind nur schematisch zu verstehen, da ihre exakte Lage in dieser Testmessung nicht bestimmt wurde. Beide Herzschlagsignale wurden gleichzeitig gemessen und dann mit einem mathematischen Algorithmus separiert.

Um Herzrhythmusstörungen schon bei ungeborenen Babys zu entdecken, werden deren Herzschläge unter anderem mithilfe von Elektrokardiografiegeräten (EKG) überwacht. Dabei werden Elektroden auf der Haut der Mutter platziert. Doch die elektrischen Signale des Kindes werden durch die umgebende, schützende Schicht („Käseschmiere“) gedämpft und können von denen der Mutter überlagert werden. Magnetsensoren hingegen haben den Vorteil, Herzsignale weit vollständiger zu erfassen. Zudem benötigen sie keinen elektrischen Kontakt mit der Haut.

Aus diesem Grund hat das deutschamerikanische Wissenschaftlerteam auf μOPMs (microfabricated optically-pumped magnetometers) zurückgegriffen. Optische Magnetometer basieren darauf, dass Atome, die einen Elektronenspin besitzen, in Magnetfeldern mit einer genau bekannten Frequenz präzedieren. Bei Alkaliatomen wie dem in μOPMs verwendeten Rubidium kann man in der Gasphase durch optisches Pumpen eine makroskopische Polarisation des Elektronenspins erreichen. In diesem Zustand ist der Atomdampf optisch transparent. Wird ein Magnetfeld angelegt, so geht die Transparenz durch das Präzedieren der Elektronenspins verloren; die gemessene Absorptionsänderung ist ein Maß für die angelegte Feldstärke.

Der Prototyp, den die Forscher entwickelt haben, besteht aus drei Gurten, die über den Oberkörper der Schwangeren gespannt werden. Sie tragen eine flexible Anordnung von 25 μOPM-Sensoren. Mit einem Abstand von etwa 4,5 mm zur Haut messen diese ohne direkten Hautkontakt die magnetischen Signale, die durch die Herzschläge von Mutter und Kind entstehen. Der Gurt unter der Brust der Mutter dient dazu, ihren Herzschlag separat zu ermitteln. Er wird von der Gesamtmessung abgezogen, um nur das schwächere Signal des Kinderherzens zu ermitteln.

Die Messungen sind ein Schritt in Richtung zu einem bedienungsfreundlichen und aussagekräftigen Herzschlagmesser für Föten, der zu jedem beliebigen Zeitpunkt der Schwangerschaft direkt am Körper der Mutter angebracht werden kann.

 

 

Ansprechpartner

Tilmann Sander-Thömmes
Fachbereich 8.2 Biosignale
(030) 3481-7436
tilmann.sander-thoemmes(at)ptb.de

 

Wissenschaftliche Veröffentlichung

O. Alem, T. H. Sander, R. Mhaskar, J. LeBlanc, H. Eswaran, U. Steinhoff, Y. Okada, J. Kitching, L. Trahms, S. Knappe: Fetal magnetocardiography measurements with an array of microfabricated optically pumped magnetometers. Phys. Med. Biol. 60, 4797–4811 (2015)

doi:10.1088/0031-9155/60/12/4797