Normalnull in Deutschland bezieht sich auf die Nordsee und unterscheidet sich um 27 cm vom Normalnull in der Schweiz, das sich aufs Mittelmeer bezieht. Die unterschiedlichen Bezugssysteme haben bereits zu Fehlern bei großen Brückenbauprojekten geführt. Daher würden die Geodäten gerne ein einheitliches Normalnull neu berechnen, und zwar auf der Grundlage der Schwerkraft der Erde. Sie wollen das sogenannte Geoid, ein rechnerisches Modell der Erde, das überall dasselbe Gravitationspotenzial zeigt, so genau ermitteln, dass es einer Abweichung von nur wenigen Zentimetern entspricht. Dabei kann ihnen die jüngste Generation von optischen Atomuhren helfen. Diese können Frequenzen so genau realisieren, dass selbst kleinste Frequenzabweichungen, verursacht von einigen Zentimetern Höhenunterschied, auffallen. Dahinter steckt Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie, konkret die sogenannte Gravitations- Rotverschiebung: Wenn eine Uhr weiter von der Erde entfernt ist, sich also in einem schwächeren Schwerefeld befindet, läuft für sie die Zeit etwas schneller ab. Für einen Höhenunterschied von einem Meter ändert sich der Gang (also die Frequenz) einer Uhr um relativ 1 · 10–16.
Vor drei Jahren konnte nachgewiesen werden, dass sich bereits ein Höhenunterschied von 33 cm zwischen zwei nahezu benachbarten Uhren auf deren Frequenz messbar auswirkt. Mit dem Ziel, auch den Höhenunterschied von weit entfernten Uhren messen zu können, wurden in der aktuellen Kooperation optische Präzisionsfrequenzen auf eine 1840 km lange Reise geschickt. Dabei wurden kommerzielle Glasfasernetze und eine ausgeklügelte Verstärkertechnik eingesetzt. Obwohl die Strecke doppelt so lang war wie beim letzten Experiment dieser Art, konnte die Stabilität sogar noch vergrößert werden. Die Gesamtmessunsicherheit lag bei 4 &míddot; 10–19. Das entspräche 4 mm Höhenunterschied. Und diese Auflösung wurde bereits nach 100 Sekunden erreicht.
Prinzipiell können jetzt optische Uhren in weit entfernten Forschungsinstituten quasi „zusammengeschaltet“ und für alle Zwecke genutzt werden, für die man so stabile und gut definierte Frequenzen braucht. Eine erste Anwendung für die Grundlagenforschung waren spektroskopische Untersuchungen an Wasserstoff für die Untersuchung quantenmechanischer Modelle. In einem jetzt beantragten Sonderforschungsbereich von PTB, den Universitäten Hannover und Bremen sollen geodätische Fragestellungen weiter bearbeitet werden.