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Optische Strontium-Uhr wird viel genauer

Besonders interessant für:
  • Entwickler optischer Atomuhren
  • Grundlagenforschung

Optische Uhren mit neutralen Strontiumatomen werden weltweit in einer Reihe von Instituten mit großem Erfolg entwickelt. Ab jetzt wird man ihre Frequenz vermutlich um eine Größenordnung genauer bestimmen können, da in der PTB der Einfluss des wichtigsten Unsicherheitsfaktors, der Umgebungstemperatur, erstmals gemessen wurde. Bisher konnte er nur theoretisch hergeleitet werden.

Blick in die Ultrahochvakuumkammer, in der Strontiumatome gekühlt und gespeichert werden. Darin ist der Plattenkondensator zu sehen, vor dem blau eine Wolke von einigen Millionen Strontiumatomen fluoresziert (Pfeil). Vor der Anregung des Überganges werden die Atome in den Kondensator transportiert.

Optische Uhren gelten als die Uhren der Zukunft – und das gleich aus mehreren Gründen: Sie könnten dafür sorgen, dass die SI-Basiseinheit Sekunde noch genauer realisiert werden kann. Dann würde ihre Definition nicht mehr auf der Wechselwirkung zwischen Mikrowellenstrahlung und Cäsiumatomen beruhen, sondern auf der von optischer Strahlung und Strontium- (oder auch anderen) Atomen oder Ionen. Aber auch über die Definitions- Frage hinaus sind hochpräzise optische Uhren von Nutzen: etwa in der Geodäsie, wo sie helfen könnten, das Gravitationspotenzial der Erde genauer zu bestimmen. In der Grundlagenforschung kann mit ihnen besser etwa nach Änderungen von Naturkonstanten wie der Feinstrukturkonstante gesucht werden.

Optische Uhren sind so genau, weil optische Strahlung erheblich schneller schwingt als Mikrowellenstrahlung, mit der zurzeit in Cäsiumatomuhren die Sekunde „gemacht“ wird. Denn je schneller die Schwingung ist, desto feiner ist der Maßstab, was vorteilhaft für die Genauigkeit und Stabilität der Uhr ist. In einer optischen Strontium-Uhr wird eine Wolke von neutralen Strontiumatomen mithilfe von Laserstrahlung gekühlt. In diesen Atomen wird ein Übergang zwischen zwei Energieniveaus mit einem Laser angeregt. Dies dient dazu, die Frequenz dieses Lasers zu stabilisieren. Leider reagieren Strontiumatome relativ stark auf die Umgebungstemperatur; ihre atomaren Niveaus werden energetisch verschoben, was die Uhr ungenau werden lässt. Dies ist der höchste Beitrag zur Unsicherheit dieser Uhr – und die PTB-Wissenschaftler haben ihn erstmals gemessen. Allerdings war dazu eine Hilfskonstruktion nötig: Der Effekt wurde deutlich verstärkt, indem anstelle des elektromagnetischen Wechselfeldes der Temperaturstrahlung ein statisches elektrisches Feld verwendet wurde. Um es zu erzeugen, wurde ein Plattenkondensator konstruiert, dessen elektrisches Feld auf wenige hundertstel Promille bekannt ist.

Mithilfe dieses Kondensators wurde erstmals der Einfluss von elektromagnetischen Feldern auf die beiden (für die Uhr) entscheidenden Eigenzustände im Strontiumatom gemessen. So ermittelten die PTB-Wissenschaftler dessen Beitrag zur Gesamtmessunsicherheit zu 5 · 10–18. Das ist eine Größenordnung genauer als der zuvor bekannte Wert. Und weil dieser Einfluss bisher die Gesamtmessunsicherheit der Strontium-Uhr am stärksten begrenzte, ist zu erwarten, dass die nächsten Frequenzmessungen in ihrer relativen Messunsicherheit deutlich unter dem bisher erreichten Wert von 1 · 10–16 liegen werden.

Ansprechpartner:

Christian Lisdat
Fachbereich 4.3 Quantenoptik und Längeneinheit
Telefon: (0531) 592-4320
christian.lisdat(at)ptb.de

Wissenschaftliche Veröffentlichung:

Th. Middelmann, St. Falke, Chr. Lisdat, U. Sterr: High accuracy correction of blackbody radiation shift in an optical lattice clock. Phys. Rev. Lett. 109, 263004 (2012)