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Kräfte jetzt dynamisch kalibrierbar

Besonders interessant für:
  • Materialprüfmaschinenhersteller
  • Automobil-, Flugzeug-Industrie

Dynamische Kräfte, wie sie etwa bei dynamischen Tests mit Materialprüfmaschinen auftreten, lassen sich mit bisherigen Messmethoden leider nur unzulänglich messen. Ein in der PTB entwickeltes Verfahren macht erstmals rückgeführte Kalibrierungen von dynamischen, also zeit- und frequenzabhängigen Messungen in einem Frequenzbereich von 40 Hz bis 2 kHz mit Kräften bis zu 2 kN möglich.

Messanordnung zur dynamischen Kalibrierung von Kraftaufnehmern. Ein mit einer Zusatzmasse versehener Kraftaufnehmer wird mittels eines „Shakers“ sinusförmig angeregt. Die Beschleunigung der Zusatzmasse wird mittels eines Laser-Scanning-Vibrometers gemessen.

Industrielle Anwendungen benötigen dynamische Kraftkalibrierungen, beispielsweise für Materialprüfmaschinen oder Teststände in der Automobil- und Flugzeugindustrie. Während es für die statische Kalibrierung von Kraftaufnehmern seit einigen Jahrzehnten sehr präzise Verfahren gibt, mit denen eine rückgeführte Kalibrierung mittels Direktbelastungsmaschinen durchgeführt werden kann, ist die dynamische Kalibrierung solcher Kraftaufnehmer noch nicht so weit entwickelt.

Bei der neuen Methode aus der PTB werden im Grunde dieselben Gesetzmäßigkeiten genutzt wie bei der statischen Kalibrierung: Man erzeugt die Kraft durch Auflegen von Massescheiben. Gemäß dem Newton‘schen Gesetz ist Kraft = Masse × Beschleunigung, wobei hierbei die Fallbeschleunigung wirkt.

Die dynamische Kalibrierung wird möglich, indem der Kraftaufnehmer auf einem elektrodynamischen Schwingerreger (Shaker) zu sinusförmigen Schwingungen angeregt wird. Die Auslenkungsamplitude des Shakers ist im Wesentlichen abhängig von der Frequenz und liegt im Bereich von einigen Mikrometern bis Zentimetern. Der zu kalibrierende Kraftaufnehmer wird mit einer Zusatzmasse versehen und deren Beschleunigung dann mit einem Laservibrometer gemessen. Das Produkt aus Beschleunigung und Masse ist gleich der wirkenden dynamischen Kraft. Das Kalibrierergebnis ist die dynamische Sensitivität als Quotient aus dem elektrischen Signal des Kraftaufnehmers und der dynamischen Kraft als Funktion der Frequenz. Durch Verwendung eines Laser-Scanning-Vibrometers kann die Beschleunigung nicht nur an einem Punkt, sondern auf der ganzen Oberfläche der Zusatzmasse gemessen werden. Dadurch ist es möglich, gewisse parasitäre Einflüsse wie eventuelle Taumelbewegungen der Zusatzmasse zu erkennen und in die Unsicherheitsangaben einzubeziehen.

Mit diesem Verfahren können unterhalb der Resonanzfrequenz der Messanordnung, die von der Größe der Zusatzmasse abhängt, relative Messunsicherheiten von 0,5 % bis 1,0 %, darüber von einigen Prozent erreicht werca. 20 m gemessen, wobei der Strahl zur vollständigen Erfassung des Geschwindigkeitsvektors in verschiedene Richtungen geschwenkt wird. Für den geplanten Einsatzzweck wäre jedoch eine bessere Höhenauflösung wünschenswert. Außerdem können in unebenem Gelände Strömungsinhomogenitäten über den Schwenkbereich des Strahls zu Verfälschungen des Messergebnisses führen. Die Folge sind Messabweichungen von bis zu 10 %, die eine Rückführung von Lidar-Windgeschwindigkeitsmessungen bisher noch nicht mit der geforderten Messunsicherheit zulassen. Das in der PTB entwickelte bistatiden. Das Verfahren wird seit Kurzem als Dienstleistung der PTB angeboten.

Wissenschaftliche Veröffentlichung:

Chr. Schlegel, G. Kieckenap, B. Glöckner, A. Buß, R. Kumme: Traceable periodic force calibration, Metrologia 49, 224–235 (2012)