Logo der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt
Symbolbild "Zeitschriften"

Komplexe Mikro- und Nanostrukturen ertasten

Die Fertigungskontrolle an komplexen Mikro- und Nanobauteilen ist mit neuartigen mikromechanischen Sensoren einen entscheidenden Schritt vorangekommen. Mit ihnen können Maß, Form, Lage und sogar Rauheit auch auf senkrechten Wänden von kleinsten Strukturen messtechnisch erfasst werden. Herzstück der zum Patent angemeldeten Sensoren sind Mikrobiegebalken (Cantilever), wie sie aus der Rasterkraftmikroskopie bekannt sind.

Der Mikrotaster misst die vertikale Flanke eines Mikrozahnrades. Dabei wird die Bewegung des Tasters optisch ausgelesen. Auf dem Bild ist der Haltechip mit dem Cantilever und dem senkrechten Tasterschaft zu sehen.

Messgeräte und Mikroskope, mit denen laterale Strukturen bis hin zu Nanostrukturen auf ebenen Oberflächen sichtbar gemacht werden können, gibt es seit einigen Jahren. Bei rauen Oberflächen, Strukturen mit hohem Aspektverhältnis oder gar vertikalen Objektoberflächen waren präzise Messungen bislang nicht möglich.

Diese Messaufgaben können nun mit den neu entwickelten Sensoren gelöst werden. Sie bestehen wie bei einem Rasterkraftmikroskop zunächst aus einem horizontalen Biegebalken (Cantilever). Da-ran – und das ist neu – ist ein senkrechter Tasterschaft angebracht, an dessen Ende erst die Tasterspitze befestigt ist. Die bei Berührung eines Mess-objektes entstehenden Bewegungen des Biegebalkens bzw., im dynamischen Betrieb, die Veränderungen der Tasterschwingung werden optisch über die Lichtzeigermethode mit Hilfe einer Quadrantenphotodiode erfasst.

Die laterale Auflösung der neuen Sensoren, die als ACPs (assembled cantilever probes) bezeichnet werden, ist wegen des sehr kleinen Radius der Tasterspitzen von etwa 20 nm sehr hoch. Geringe Auflagekräfte von < 0,01 µN verhindern zudem ein Zerkratzen empfindlicher Oberflächen. Ein weiterer Vorteil dieser Sensoren liegt darin, dass sie aus kommerziell erhältlichen, massengefertigten Mikrokomponenten zusammengesetzt und an die jeweilige Messaufgabe angepasst werden können. Bei Anwendungen an Mikrozahnrädern sowie an Kantenlinien von Leiterbahnen konnten bereits Standardabweichungen von etwa 1 nm erreicht werden.

Vorgesehen ist ein Ersatz der bisher einfachen Tasterspitze durch einen sternförmigen Taster, der die dreidimensionale Messfähigkeit der ACP-Sensoren bewirkt. Werden diese Sensoren dann in 3D-Messsystemen (z. B. Koordinatenmessgeräten) eingesetzt, zeichnet sich für die nahe Zukunft eine leistungsfähige Lösung zur Prüfung der Qualität von komplexen Mikro- und Nanoprodukten ab.

Ansprechpartner:

Abteilung 5.22
Telefon: 0531-592-5136