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Charakterisierung von Grenzflächen mit Röntgenstreuung

Die an den Grenzflächen von Multilayern gestreute Röntgenstrahlung trägt charakteristische Informationen über das Schichtsystem: Der morphologische Aufbau der Grenzflächen, die sich zwischen den Schichten ausbilden, lässt sich aus der gestreuten Strahlung ermitteln. Die PTB hat hierzu im Rahmen eines Projekts zur Untersuchung von Grenzflächen einen entsprechenden Messplatz aufgebaut, mit dem Geometrien von wenigen Nanometern bis zu etwa 100 nm analysiert werden können. Die Ergebnisse dieser Arbeiten sind von prinzipiellem Interesse im Bereich der Oberflächenbeschichtung sowie der Fabrikation nanostrukturierter Systeme.

Gestreute Intensität eines GaAs/AlAs-Multilayers im reziproken Raum. Sie ist farbcodiert über den x- und z-Komponenten des Streuvektors q aufgetragen. Die bananenförmigen Intensitätsmaxima deuten auf eine starke Korrelation der Grenzflächenrauigkeit hin.

Zweierlei ist bei den zu untersuchenden Proben von Interesse: Zum einen die vordringlich technologisch orientierte Messung von Schichtdicken, zum anderen die morphologischen Parameter der Grenzflächen wie Rauigkeiten und Korrelationslängen.

Die Schichtdicken lassen sich bestimmen, indem die Interferenzen der an den Grenzflächen spekulär reflektierten Teilstrahlen ausgewertet werden. Hierzu sind computergestützte Simulationsmodelle der Proben unerlässlich. Die erreichbaren Unsicherheiten bewegen sich, abhängig von der Schichtdicke und den Probenmaterialien, im Subnanometerbereich.

Den morphologischen Aufbau der Grenzflächen zwischen den Schichten verrät die Messung und Analyse der diffusen Streuung. Die charakteristischen Parameter (Rauigkeit, vertikale und laterale Korrelationslänge, Hurst-Exponent) werden durch ein komplexes Computermodell der Streuung extrahiert. Bei der Analyse der diffus gestreuten Anteile stehen grundlegende Fragestellungen zu Wachstumsmodellen und der Ausbildung von Festkörpergrenzflächen im Vordergrund.

Wichtigster Bestandteil im experimentellen Aufbau ist eine Drehanode hoher Leistung. Erst durch sie wird ein großer dynamischer Bereich der gestreuten Strahlung und damit eine hohe Messgenauigkeit für die Dickenmessung erzielt. Um die diffus gestreuten Anteile mit hinreichender Auflösung zu messen, ist zugleich ein Röntgenstrahl hoher Strahlqualität, d. h. hoher Parallelität und Monochromasie, notwendig. Dieser wird durch einen an die Drehanode angeschlossene Optik aus dem zunächst divergenten Strahl erzeugt. Das eingesetzte Goniometer kontrolliert den Einfalls- und Ausfallswinkel unabhängig voneinander, mit einer Genauigkeit von einem Hundertstel Grad, in einem Bereich bis zu 5 Grad in Bezug auf die Probenoberfläche.

Im Rahmen des Projekts wird mit der Röntgenreflektometrie eine neue Methode der zertifizierten Schichtdickenmessung vorangetrieben. Darüber hinaus werden neue Impulse für die Methodik bei der Messung nanoskopischer Rauigkeiten gegeben.