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Erste Messungen mit dem Prototyp eines neuen Asphärenmessgerätes

30.11.2013

Die vor einigen Jahren begonnenen Arbeiten zur Bereitstellung von rückgeführter Metrologie für optische Asphären haben einen ersten Meilenstein erfolgreich passiert: Der Prototyp des Asphärenmessgerätes konnte erste Messungen durchführen. Die Unsicherheitsanalyse des Systems wird mittels einer mathematischen Simulationsumgebung durchgeführt. 

Einleitung

Die vor einigen Jahren begonnenen Arbeiten zur Bereitstellung von rückgeführter Metrologie für optische Asphären haben einen ersten Meilenstein erfolgreich passiert: Mit dem Prototyp des Asphärenmessgerätes konnten erste Messungen durchgeführt werden.

Bild 1: Projektmitarbeiter der PTB und der Mahr GmbH vor dem fertiggestellten optischen Aufbau des TWI. Rechts oben ist eine typische Asphäre zu sehen.

Die Realisierung, Charakterisierung und Rückführung dieses interferometrischen Asphärenmessgerätes nach dem Tilted-Wave-Prinzip [1] ist ein Teilprojekt des europäischen Metrologiepro­jektes „Optical and tactile metrology for absolute form characterization“ [2]. Die Weiterentwicklung des Tilted-Wave-Interferometers (TWI) erfolgt in enger Kooperation der PTB mit dem Institut für Technische Optik der Universität Stuttgart und der Mahr GmbH. In der PTB sind dabei die Arbeitsgruppen „Form- und Wellenfrontmetrologie“ und „Datenanalyse und Messunsicherheit“ beteiligt. Der Projektpartner Mahr will das TWI in sein Produktspektrum aufnehmen, und so wird diese Technik auch anderen Firmen und Instituten zugänglich sein.

Das Tilted-Wave-Interferometer

Die besondere Problematik bei der Messung asphärischer Oberflächen rührt daher, dass eine einfache Plan- oder Kugelwelle nicht ausreicht, um einen Prüfling zu messen. Eine rotationssymetrische Asphäre hat bei verschiedenen Durchmessern verschiedene Krümmungsradien und lokale Steigungen. Ein Interferometer kann immer dann optimal arbeiten, wenn die Richtung der Beleuchtungs-Wellenfront senkrecht zur Oberfläche einfällt. Mit dieser Konstellation ergeben sich die geringsten „Retrace“-Fehler. Dieses Prinzip realisiert das TWI dadurch, dass es verschieden zueinander verkippte Wellenfronten erzeugt und jede einzelne den passenden Teil der gekrümmten Oberfläche beleuchtet. Aus einer Kombination der Interferogramme für die einzelnen Wellenfronten kann dann die Form des Prüflings rekonstruiert werden. Das TWI ist dabei ein Beispiel moderner Messtechnik, das erst durch die Verfügbarkeit moderner Rechentechnik für große Datenmengen möglich geworden ist.

Bild 2: Prinzip des TWI. Das Licht des Lasers (L) beleuchtet das Punktlichtquellen-Raster (PLR). Von dort gelangen die verschieden gekippten Wellenfronten auf den Prüfling (P) und werden zurück reflektiert. Auf der Kamera (K) werden die reflektierten Wellenfronten mit dem Licht aus dem Referenzstrahlengang zu einem Interferogramm überlagert. Links unten sind Interferogramme für verschieden gekippte Wellenfronten zu sehen.

Für die PTB ist die zentrale Fragestellung bei dem TWI, welche Unsicherheit einer Messung des Interferometers zugeordnet werden kann. Dazu wird das komplexe optische System des Interferometers in einer Simulationsumgebung nachgebildet, die den gesamten Messprozess und alle relevanten Komponenten enthält. Die bekannten Fehlereinflüsse der einzelnen Komponenten werden dann in ihrer Wirkung auf das Messergebnis mittels statistischer Methoden analysiert. Damit wird eine zuverlässige Abschätzung der Genauigkeit des TWI möglich, die für nachfolgende Unsicherheitsanalysen genutzt werden kann [3]. Nach Komplettierung der Unsicherheitsanalyse wird das System für Kalibrierungen zur Verfügung stehen.

Bild 3: Ablauf der Analysen mit der Simulationsumgebung. Wie im Experiment ist die Information über die Prüflingsform in den optischen Weglängen (OWL) enthalten. Da in der Simulation die Prüflingsform bekannt ist, kann aus dem Residuum nach der Auswertung auf die Genauigkeit des Messverfahrens geschlossen werden.

In einem weiteren Arbeitspaket des europäischen Metrologiepro­jektes werden Referenzflächen entwickelt, die sich besonders gut zur Überprüfung und Kalibrierung von Asphärenmessgeräte eignen. Diese Referenzflächen können – nach ihrer Kalibrierung, beispielsweise mit dem TWI – zur Rückführung anderer Messgeräte in Forschung und Industrie eingesetzt werden.  

Wir danken dem EMRP für die finanzielle Unterstützung der Arbeiten in diesem Projekt. Das EMRP wird von den im EMRP teilnehmenden Staaten innerhalb von EURAMET und der Europäischen Union gemeinschaftlich gefördert.


Literatur:

[1]        G. Baer, E. Garbusi, W. Lyda, W. Osten, Automated surface positioning for a non-null test interferometer, Opt. Eng. 49 (2010) 095602-1-12

[2]        EMRP IND10, "Form" bzw. "Optical and tactile metrology for absolute form characterization"

[3]        I. Fortmeier, M. Stavridis, A. Wiegmann, M. Schulz, G. Baer, C. Pruss, W. Osten, C. Elster, Sensitivity analysis of tilted-wave interferometer asphere measurements using virtual experiments, Proc. SPIE 8789, 878907 doi:10.1117/12.2019986 (2013)