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Kann man Infraschall und Ultraschall hören?

Nachricht des Jahres im PTB-Jahresbericht 2015
01.04.2016

Lärm ist einer der wesentlichen Umweltfaktoren für die Beeinträchtigung von Gesundheit und Wohlergehen. Während jedoch der Umgang mit Lärm im Hörfrequenzbereich gut begründet und geregelt ist, fehlen bislang im Infraschall- und Ultraschallbe reich sowohl das Verständnis für die Wahrnehmung als auch grundlegende Anforderungen an Messgeräte und praxisnah anwendbare Messvorschriften. In einem EMRP-Projekt wurde deshalb mithilfe verschiedener Methoden der Audiologie und bildgebender Verfahren der Neurologie objektiv untersucht, wie Infraschall (Frequenz ƒ unter ca. 16 Hz bis 20 Hz), tieffrequenter Schall (ƒ unter 125 Hz) und Ultraschall (ƒ über 16 kHz) auf den Menschen wirken.

Aktivität in einer waagerechten Schicht im Gehirn ausschließlich im Bereich des auditiven Cortex; die verschiedenen Farben zeigen Stimulusfrequenzen zwischen 8 Hz und 250 Hz.

Zunächst wurden die subjektiven Hörschwellen einer Testpersonengruppe von 2 Hz (Infraschall) bis 125 Hz (Hörschall) und von 14 kHz (Hörschall) bis 24 kHz (Ultraschall) bestimmt. Danach wurde mithilfe der bildgebenden Verfahren untersucht, ob und in welchem Gehirnareal die akustischen Stimuli außerhalb des Hörfrequenzbereiches Reaktionen hervorrufen. Dieselben Probanden wurden mithilfe der Magnetoenzephalografie (MEG) und der funktionalen Magnetresonanztomografie (fMRT) untersucht. Im Tieffrequenz- und Infraschallbereich konnte bis hinab zu 8 Hz eine Aktivierung im auditiven Kortex nachgewiesen werden. Ein lokales Minimum bei 20 Hz legt die Vermutung nahe, dass sich der Mechanismus des Hörens möglicherweise bei etwa 20 Hz ändert, dass also Infraschall (unterhalb 16 Hz) und Hörschall (oberhalb 20 Hz) vom Gehirn auf unterschiedliche Art wahrgenommen bzw. verarbeitet werden. Im Ultraschallbereich (oberhalb 16 kHz) zeigten weder die MEG- noch die fMRT-Messungen eine Aktivierung im auditiven Kortex.

Mit seinen Ergebnissen hat das Projekt die Grundlagen für neue und bessere Messmethoden bereitgestellt, mit denen längerfristig auch besser begründete Expositionsobergrenzen festgelegt werden können.