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Mesoskopische Leitfähigkeitsfluktuationen als Ursache von 1/f-Rauschen in epitaktischem Graphen

25.11.2015

Graphen, eine einlagige kristalline Schicht von Kohlenstoff-Atomen, ist ein vielversprechendes Material für die Quanten-Hall-Widerstandsmetrologie mit Gleich- und Wechselstrom. Im Hinblick auf diese Anwendung wurde das 1/f-Rauschen von epitaktischem Graphen bei tiefen Temperaturen und starken Magnetfeldern untersucht.

 

1/f-Rauschen ist ein allgegenwärtiges Phänomen, das durch eine Vielzahl physikalischer Mechanismen verursacht und in unterschiedlichsten Systemen beobachtet wird, unter anderem auch beim elektronischen Transport in Quanten-Hall-Widerstandsnormalen aus Graphen. In epitaktisch auf SiC gewachsenem Graphen wurde bei tiefen Temperaturen unterhalb von ca. 50 K ein starker Anstieg der Rauschleistungsdichte gefunden. Aufgrund der ebenfalls beobachteten exponentiellen Temperaturabhängigkeit der Rauschleistungsdichte können mesoskopische Leitfähigkeitsfluktuationen als Ursache dieses 1/f-Rauschens identifiziert werden. Solche Fluktuationen sind eine Konsequenz der großen Phasenkohärenzlänge von Elektronen bei tiefen Temperaturen, die durch Interferenz von phasenkohärenten Ladungsträgern zwischen allen möglichen Strompfaden durch eine leitfähige Probe entstehen. Eine zeitliche Fluktuation der elektronischen Potentiallandschaft kann dann zu 1/f-Rauschen der Leitfähigkeit führen, da hierdurch die Pfade der Ladungsträger durch die Probe verändert werden.

Für gewöhnlich weisen mesoskopische Leitfähigkeitsfluktuationen eine parabolische Stromabhängigkeit auf. Bei den für die metrologische Anwendung relevanten Stromstärken im Bereich von mehreren Zehn bis Hunderten Mikroampere wurde jedoch eine Abweichung von der parabolischen Stromabhängigkeit des 1/f-Rauschens gefunden. Sie kann mit einer Überhitzung des Elektronensystems durch Stromheizung erklärt werden. Aus den Messungen konnte auch die Energie-Verlustrate der Elektronen in Graphen bestimmt werden. Sie übersteigt in den von uns genutzten, in der PTB gewachsenen Proben den aus der Literatur bekannten Wert um das Drei- bis Vierfache.

In einem starken Magnetfeld wird ein starker Anstieg der Rauschleistungsdichte beobachtet, der durch einen zusätzlichen Rauschmechanismus durch die speziellen Eigenschaften des Stromtransportes in starken Magnetfeldern bedingt ist. Erst bei Eintritt der Probe in das Quanten-Hall-Regime verschwindet das 1/f-Rauschen. Dieses Verhalten wurde theoretisch vorhergesagt, an Widerstandsnormalen aus GaAs/AlGaAs-Halbleiter-Heterostrukturen beobachtet und konnte nun auch für epitaktisches Graphen bestätigt werden.

 

(a) Quanten-Hall-Widerstandsnormal aus Graphen. Durch die Transparenz von Graphen sind im Lichtmikroskop lediglich die Zuleitungen aus Gold erkennbar, der Umriss der eigentlichen Probe ist gestrichelt gekennzeichnet. (b) Raman-Mikroskopie-Aufnahme des in der PTB epitaktisch auf SiC gewachsenen Graphen. Ein hoher Anteil an Monolagen-Graphen (grün) mit nur wenigen vereinzelten, elektrisch nicht verbundenen Doppellagen-Flecken (blau) ist erkennbar. (c) Schematischer, koaxialer Aufbau zur Messung des 1/f-Rauschens an Graphen-Widerstandsnormalen. Eine Batterie liefert eine konstante Spannung zwischen Innen- und Außenleiter. Das Stromrauschen der Probe wird über das erzeugte Spannungsrauschen eines 12,9 kΩ-Widerstandes bei 4 K gemessen.