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PTB-Jahresbericht 2019

VorwortVorwort

Das vergangene Jahr wird in der Geschichte der Metrologie als ein besonderes hervorstechen: als das Jahr, in dem das grundlegend revidierte Internationale Einheitensystem (SI) in Kraft getreten ist. Langwierige und höchst anspruchsvolle Forschungs- und Entwicklungsarbeiten rund um die im Fokus stehenden Einheiten Kilogramm, Mol, Kelvin und Ampere haben am 20. Mai 2019 ihr Ziel erreicht. Alle diese Basiseinheiten sind fortan als Quantenmaße bestmöglich definiert. Die Wissenschaftsgemeinde hat dies auf ihre Weise gewürdigt, was zahlreiche eingeladene Vorträge auf internationalen Konferenzen und ausgezeichnete Veröffentlichungen in prominenten Fachzeitschriften belegen. An dieser Stelle mein herzlicher Dank und Glückwunsch an alle Kolleginnen und Kollegen für ihre großartige Arbeit, von den Abteilungen bis hin zur Pressearbeit, an diesem wahrlich weltumspannenden Projekt. Das Inkrafttreten des neuen SI markiert jedoch nicht nur ein erreichtes Ziel, sondern zugleich auch den Startpunkt für die nicht minder anspruchsvolle Aufgabe, diese neuen Definitionen jetzt auch mit praktischem Leben zu füllen, d. h. die Einheiten auf dieser neuen Grundlage weiterzugeben und die inhärenten Versprechen technologischer Innovationen auch einzulösen. Es liegt also noch genügend metrologische Arbeit, jetzt und auf lange Perspektive, vor uns und all unseren Partnern.

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Das vergangene Jahr war nicht nur in diesem SI-Sinne eines, das weit in die Zukunft weist. Auf unserer Strategiekonferenz haben wir zugleich über die Abteilungsgrenzen hinweg gehende Themenfelder identifiziert, auf denen wir unsere metrologischen Kompetenzen nach innen und nach außen noch besser bündeln und zum Wohle von Wirtschaft und Gesellschaft verstärkt einbringen wollen. Die hier gemeinten fünf Themenfelder sind „Digitalisierung“, „Quantentechnologien“, „Medizin“, „Energie“ sowie „Umwelt und Klima“. Mit all diesen Begriffen sind Themen von enormer gesellschaftlicher Relevanz umrissen, die nahezu alle Bereiche unseres Lebens jetzt schon massiv beeinflussen und dies in Zukunft in einem noch viel stärkeren Ausmaß tun werden. Alle diese Themenfelder gehen zwar in ihrer gesamten Breite weit über die Metrologie hinaus, sind aber zugleich ohne Metrologie nicht angemessen und wirksam zu bestellen. Folgerichtig haben wir durch die Einsetzung entsprechender Lenkungskreise strukturelle Weichen gestellt, um unsere aktuellen und zukünftigen Aktivitäten auf diesen Themenfeldern besser zu koordinieren und die Anforderungen an die Metrologie herauszuarbeiten. All diese Lenkungskreise haben ihre abteilungsübergreifende Arbeit aufgenommen, wobei sie in unterschiedlichem Maße auf vorhandene, teils gut etablierte Strukturen aufbauen können. In jedem Fall werden diese „Big Five“ auf lange Sicht für die Ausrichtung der PTB-Arbeit mitbestimmend sein.

„Richtungsweisend“ ist dabei ein Stichwort, das in vielfacher Hinsicht das letzte Jahr geprägt hat. Zum Beispiel sind damit Weichenstellungen im Bereich des gesetzlichen Messwesens charakterisiert, das verstärkt auf digitalisierte und virtualisierte metrologische Dienstleistungen aufbauen wird. Insgesamt erfährt die gesamte Qualitätsinfrastruktur mit ihren Säulen Metrologie, Standardisierung und Akkreditierung weit über Deutschland hinaus einen grundlegenden Wandel, der von der PTB maßgeblich mitbeeinflusst wird. So wird zurzeit nicht nur in Deutschland an einer Agenda „QI Digital“ gearbeitet, sondern innerhalb der Meterkonvention das „digitale SI“ in einer Arbeitsgruppe unter der Leitung der PTB vorangetrieben. Dies geschieht unter anderem in enger Abstimmung mit der OIML, die durch Dr. Roman Schwartz als Präsident die Digitalisierung auf die Agenda gesetzt hat. Zwei internationale Workshops, jeweils vom CIPM und OIML ausgerichtet, werden 2020 die Weichen für die weitere Digitalisierungsagenda stellen.

Im Jahr 2019 wurde vieles für die Zukunft vorbereitet, und zugleich bot das Jahr die Gelegenheit, auf viele Erfolgsgeschichten zurückzublicken. Unsere 30-jährige Kooperation mit dem CENAM in Mexiko zählt hier ebenso dazu wie die bereits seit 40 Jahren bestehende metrologische Zusammenarbeit zwischen China und Deutschland. Ein weiteres bemerkenswertes Jubiläum konnte an der Uhr abgelesen werden, genauer: an der Atomuhr CS1, die vor 50 Jahren zu ticken begann und sozusagen das „Quantenzeitalter der Metrologie“ einläutete.

Diese und andere Erfolgsgeschichten wird die PTB, da bin ich sicher, weiterschreiben, weil wir auf einer Fülle von Kompetenzen und Erfahrungen aufbauen können, weil Ihr Engagement als PTB-Mitarbeiter/innen groß ist und vor allem, weil die allgemeine Erkenntnis wächst, dass ohne Metrologie, insbesondere auch in vielen zukünftigen Anwendungsfeldern von 5G über Wasserstofftechnologie bis hin zu autonomem Fahren oder Medizin „nichts geht“.

Um weiterhin, gemessen an unserer Außenwirkung, so erfolgreich zu sein, müssen wir uns auch im Inneren immer wieder hinterfragen, ob wir mit den richtigen Strukturen arbeiten, alle Dinge richtig und angemessen kommunizieren und das Wesentlichste unserer Arbeit, nämlich die Menschen, die die Arbeit machen, im Blick haben und wertschätzen. Nicht zuletzt deswegen haben wir im letzten Jahr eine umfangreiche Mitarbeiterbefragung durchgeführt, deren Ergebnisse jetzt analysiert werden und woraus sich anschließend Folgemaßnahmen ableiten lassen.

Mein herzlicher Dank geht an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für das Geleistete im letzten Jahr, verbunden mit dem Wunsch, das fortzuführen, was erfolgreich war, und Neues ebenso engagiert zu verfolgen, um in und mit der PTB gemeinsam die Zukunft zu gestalten.


Prof. Dr. Joachim Ullrich
Präsident der PTB

Printversion des Jahresberichts

Nachrichten des Jahres 2019

Nachrichten des JahresNachrichten des Jahres

Experimentaufbau in der PTB: Ein abstimmbarer Laser regte eine äußerst schmalbandige Resonanz eines Yb<sup>+</sup>-Ions in einer Atomuhr an. Zwei Ionen mit senkrecht zueinander ausgerichteten Wellenfunktionen (in der Abbildung gelb) wurden mit Laserlicht mit einer einstellbaren Frequenzverschiebung &#916;f abgefragt, um eine möglicherweise auftretende Frequenzdifferenz zu messen. Der gesamte Experimentaufbau rotierte mit der Erde einmal am Tag relativ zum Fixsternhimmel.

Mit einem Langzeitvergleich zweier optischer Ytterbiumuhren konnte die Grundannahme der Einstein’schen Relativitätstheorie bestätigt werden, dass die Lichtgeschwindigkeit immer und unter allen Bedingungen gleich sei.

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Künstlerische Darstellung einer Kernuhr, die auf einem Übergang im Atomkern des schweren Thorium-229 basiert. In der Uhr soll der Kern durch Laserlicht angeregt werden. Im Hintergrund: Ausschnitt aus der Nuklidkarte um Thorium-229. (Abbildung: Christoph Düllmann, JGU Mainz)

Für die Entwicklung einer völlig neuen Atomuhr, der Thorium-Kernuhr, haben PTB-Forscher zusammen mit internationalen Kollegen einen prestigeträchtigen Synergy Grant des europäischen Forschungsrates ERC eingeworben. Eine Thorium-Kernuhr könnte noch einmal deutlich genauer sein als alle bisherigen Cäsium- und auch die optischen Atomuhren.

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Additiv gefertigten Dentalbohrführung zum Bohren von Löchern für Zahnimplantate in künstliche Kiefermodelle mit nur wenigen Stützzähnen. Bohrwinkel &alpha; und Bohrtiefe wurden mit Computertomografie gemessen.

Die Medizin setzt große Hoffnungen auf Implantate und Hilfsmittel, die für jeden individuellen Patienten spezifisch angefertigt werden. Sie können in fast beliebig komplexen Formen über additive Fertigung (3D-Druck) produziert werden. Vor ihrem breiten Einsatz fordern Medizinbranche und Zertifizierungsstellen den Nachweis gleichbleibend hoher Qualität. Im Rahmen des europäischen Projekts MetAMMI...

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Die Ansprechvermögen der Therapiedosimeter (hier micro-Diamond-Detektor, siehe Pfeil) wurden zweidimensional charakterisiert, indem sie in Luft direkt unter dem Ausgang im Fokus des Microbeams positioniert und mit einem computergesteuerten xy-Tisch abgetastet wurden. Die eektive Detektordicke wurde durch Variierung der Protonenreichweite durch den Detektorchip unter Verwendung von Schichten aus Aluminiumfolie als Absorber und Aufzeichnen des Detektorsignals bestimmt.

Fortschritte in der Strahlentherapie ermöglichen es immer besser, auch kleine Tumore gezielt zu bestrahlen und das umgebende Gewebe zu schonen. Für diese Präzisionsaufgabe werden Bestrahlungsgeräte und -pläne vor ihrem Einsatz mit Therapiedosimetern messtechnisch überprüft. Neue, sehr kleine dafür geeignete Dosimeter standen im Fokus der PTB-Forschung: Gemeinsam mit der Universität Oldenburg und...

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Eines der neu entwickelten hochgenauen Kolbenmanometer

Quasi als Nebenprodukt bei den Arbeiten zum „neuen“ Kelvin haben PTB-Wissenschaftler eine völlig neuartige Methode zur Druckmessung realisiert und darüber in Nature Physics berichtet. Das Verfahren beruht auf der Dichtebestimmung des Messgases Helium mittels einer Kapazitätsmessung. Gemessen wird, inwieweit das Gas zwischen den Elektroden die Kapazität eines hochstabilen, speziellen Kondensators...

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Die digitale PCR benötigt eine große Anzahl gleich großer Reaktionskammern. Die tröpfchenbasierte digitale PCR verwendet eine Wasser-in-Öl-Emulsion, die in mikrofluidischen Strukturen erzeugt wird.

Die Konzentration pathogener Mikroorganismen ist ein wichtiger Parameter für medizinische Entscheidungen. Die Anzahl der Mikroorganismen, z. B. Viren oder Bakterien, kann dabei durch Zählung bestimmter Gensequenzen in einer Probe bestimmt werden. Die digitale Polymerase-Kettenreaktion (dPCR) eignet sich hervorragend sowohl für die direkte Zählung dieser Gensequenzen als auch für metrologisch...

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Mittels Mammografie lassen sich auällige Strukturen in der Brust frühzeitig erkennen und behandeln. (Foto: dpa)

Im Mammografie-Screening müssen die Risiken durch die eingesetzte Röntgenstrahlung mit dem potenziellen Gewinn einer rechtzeitig erkannten Brustkrebserkrankung sorgfältig abgewogen werden. Grundsätzlich gilt: Je höher die eingesetzte Strahlendosis, desto besser die resultierende Bildqualität und desto höher die Chance, Brustkrebs in einem frühen Stadium sicher erkennen zu können. Daher ist ein...

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In der MRT dient die gewebespezifische Relaxationszeit T<sub>1</sub> als quantitativer Marker. T<sub>1</sub> beschreibt dabei das zeitliche Verhalten der Kernspins nach der Anregung mit einem magnetischen Wechselfeld. Die Abbildung zeigt die T<sub>1</sub>-Karte des Herzens eines gesunden Probanden und die eines Patienten.

Magnetresonanztomografie (MRT) ist ein wichtiges Bildgebungsverfahren in der Kardiologie. Bisher ist die MRT des Herzens auf qualitative Bilder beschränkt, da die Messzeit aufgrund von Herzbewegung und Atmung limitiert ist. An der PTB wurde daher ein neues Bildrekonstruktionsverfahren entwickelt, das biophysikalische Parameter des Herzmuskels mit einer hohen räumlichen Auösung quantifiziert und...

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www.oiml.org/en/oiml-cs/

Für die weltweite Harmonisierung der Zertifizierung von gesetzlich geregelten Messgeräten kann im Jahr 2019 eine durchaus erfolgreiche Bilanz gezogen werden: Mittlerweile sind 37 Messgerätearten vom neuen Zertifizierungssystem der OIML (Organisation Internationale de Métrologie Légale) erfasst, und es wurden mehr als 350 Zertifikate ausgestellt.

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Aus den Abteilungen

Aus den AbteilungenAus den Abteilungen

Mechanik und Akustik (Abteilung 1)

Bestimmung kleinster Dichteunterschiede von 28Si-Kugeln nach der Methode der Druckflotation.

Elektrizität (Abteilung 2)

Optisch angesteuertes pulsgetriebenes Josephson-Spannungsnormal: Schaltung mit 3000 Josephson-Kontakten (links) und schnelle Photodiode mit optischer Faser (rechts).

Chemische Physik und Explosionsschutz (Abteilung 3)

High-Speed Laserinduzierte Fluoreszenz

Optik (Abteilung 4)

Präzisions-Ionenfalle des neuen optischen Yb+-Frequenznormals.

Fertigungsmesstechnik (Abteilung 5)

Neuartiges Verfahren zur Kalibrierung von Gewinden unter der Verwendung eines ganzheitlichen Ansatzes

Ionisierende Strahlung (Abteilung 6)

3D Darstellung der Ortsdosisleisung eines technischen Röntgenstrahlers gemessen am Röntgenstrahlermessplatz der PTB.

Temperatur und Synchrotronstrahlung (Abteilung 7)

Langwegzelle für die optische Gasdruckmessung (PTB-Patent)

Medizinphysik und metrologische Informationstechnik
(Abteilung 8)

Fluoreszenzbild eines künstlichen Fußes (Phantom) zur Überprüfung der Funktionstüchtigkeit einer Fluoreszenzkamera zur Untersuchung von Durchblutungsstörungen.

Datenbanken

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