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Weltrekorde bei zwei optischen Atomuhren

Nachricht des Jahres im PTB-Jahresbericht 2015
01.04.2016

Optische Atomuhren gelten als die Uhren der Zukunft. Bei ihnen werden die als „Pendel“ wirkenden Atome resonant mit optischer Strahlung angeregt. Im Vergleich zu Cäsiumatomuhren, auf denen die SI-Basiseinheit Sekunde zurzeit beruht, ist ihre Anregungsfrequenz deutlich höher. Somit hat ihr Taktgeber eine viel höhere Resonanzgüte. Das bewirkt eine erheblich größere Genauigkeit (kleinere Abweichung von der wahren Frequenz) sowie höhere Stabilität (kürzere notwendige Mittelungszeit für eine Messung). Auf beiden Gebieten haben optische Atomuhren der PTB derzeit die Nase vorn.

Die Ytterbium- Einzelionenuhr der PTB ist mit einer relativen systematischen Messunsicherheit von nur 3 · 10–18 rund hundertmal genauer als die besten Cäsiumuhren und derzeit die genaueste Einzelionenuhr der Welt. Mit ihr erreichte erstmals eine Forschergruppe eine bereits 1981 aufgrund von theoretischen Überlegungen für eine optische Ionenuhr vorhergesagte Genauigkeit. Entscheidend war dabei die Kombination zweier Maßnahmen: Ein neuentwickeltes Verfahren ist in der Lage, die Anregung des Referenzübergangs gegen die Lichtverschiebung und deren mögliche Schwankungen zu immunisieren. Zudem konnte die von der thermischen Infrarotstrahlung der Umgebung induzierte Frequenzverschiebung mit einer Unsicherheit von nur 3 % bestimmt und korrigiert werden.

Im Gegensatz zu Ionenuhren verwendet eine Strontiumatomuhr ein Gas neutraler Atome, das durch Laserkühlung auf Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt abgebremst wird. Danach wird ein extrem schmaler Übergang zwischen langlebigen Eigenzuständen der Atome angeregt, um die Frequenz des Anregungslasers auf jene der Atome zu stabilisieren. Die gleichzeitige Abfrage vieler Atome führt zu einem besonders hohen Signal-zu-Rausch- Verhältnis und somit einer höheren Stabilität. Mithilfe eines neu konstruierten Resonators, der zu den frequenzstabilsten der Welt zählt, ließ sich für den normalen Betrieb eine relative Instabilität von 1,6 · 10–16/ τ1/2 als Funktion der Mittelungsdauer τ in Sekunden ableiten. Dies ist der beste bislang für eine Atomuhr publizierte Wert.

Neben den Tests der „großen Fragen“ in der Grundlagenphysik ergeben sich mögliche Anwendungen höchstpräziser Uhren in der Geodäsie, wo sie – zusammen mit Faserverbindungen – eine direkte Messung von Höhenunterschieden im Gravitationspotenzial der Erde ermöglichen.