Wasser, besonders Trinkwasser, ist für alle Menschen eine essenzielle Ressource und Nahrungsmittel zugleich. In vielen Gebieten ist seine Verfügbarkeit seit jeher begrenzt; in anderen nimmt sie vor dem Hintergrund sich verändernder klimatischer Bedingungen stetig ab. Die Weltgesundheitsorganisation führt 80 % aller Krankheiten in Entwicklungsländern auf mangelhafte Wasser- und sanitäre Basisversorgung sowie auf fehlende Hygieneerziehung zurück. Insbesondere bei Kindern verlaufen diese Krankheiten oft tödlich. Das 7. Millenium-Entwicklungsziel besagt: „…bis 2015 den Anteil der Menschen um die Hälfte zu senken, die keinen nachhaltigen Zugang zu einwandfreiem Trinkwasser und grundlegenden sanitären Einrichtungen haben.“ Der vernünftige Umgang mit und die Sicherung der Qualität dieser knappen Ressource sind folglich von herausragender Bedeutung. Vor dieser großen Aufgabe stehen weltweit immer noch viele Entwicklungs- und Schwellenländer. Auch das Engagement der deutschen und der internationalen Entwicklungszusammenarbeit spiegelt diese Herausforderung wider.
Die PTB führt zum Thema Wasser derzeit zwei Kooperationsvorhaben zur Förderung der Qualitätsinfrastruktur für die Trinkwasserversorgung in den beiden südamerikanischen Ländern Bolivien und Peru durch. Ziel ist die Stärkung der nationalen Akteure in den Ländern, um zu einer besseren Überwachung und effizienteren Verteilung des Trinkwassers beizutragen. Dabei stehen insbesondere die Themen Verbrauchsmessung und Qualitätskontrolle im Vordergrund.
Die PTB arbeitet vor allem mit den nationalen Metrologie-Instituten und den Akkreditierungsstellen beider Länder zusammen, um für den Wassersektor relevante Dienstleistungen aufzubauen und zu stärken. Diese reichen beispielsweise von der Kalibrierung von Messinstrumenten (z. B. Referenzwasserzähler) über die Herstellung und Zertifizierung chemischer Referenzmaterialien bis hin zur Durchführung von Ringvergleichen und der Akkreditierung von Prüflaboratorien. Darüber hinaus wird die Vernetzung der Akteure der Qualitätsinfrastruktur mit den Akteuren des Wassersektors (Verbrauchern, politischen Entscheidungsträgern, Überwachungsbehörden, Wasserversorgern und Wasseranalyselaboratorien) gestärkt. So kann das bestehende Dienstleistungsangebot effektiver genutzt werden und der Ausbau sich stärker am steigenden Bedarf orientieren.
Erreicht wird dies durch Beratung, Ausbildung und Schulung von Personal, Organisation von Seminaren, Informations- und Fortbildungsveranstaltungen, Gerätebeschaffung und Aufbau von Laborinfrastrukturen sowie Unterstützung von Vergleichsmessungen und Ringvergleichen. Hierbei sind Fachleute aus verschiedenen PTB-Abteilungen involviert, aber auch externe Experten, wie z. B. Personal von Wasserversorgern.
Die Erfolgsbilanz der Zusammenarbeit lässt sich wie folgt belegen:
Das peruanische Metrologie-Institut verfügt inzwischen über ein Durchflusslabor, das Wasserzähler bis zu einer Nennweite von 150 mm bei Durchflüssen bis 120 m3/h mit internationaler Rückführung kalibrieren und Bauartzulassungen gemäß OIML R-49 durchführen kann. Mit diesen Kalibriermöglichkeiten können die Messunsicherheit der existierenden Wasserzähler über Jahre kontrolliert und so das Monitoring des Verbrauchs und der Verluste effektiver gestaltet sowie das Vertrauen in die Wasserabrechnung gestärkt werden. Bei einer Bauartzulassung wird geprüft, ob die Konstruktion und Beschaffenheit eines Wasserzählers den geltenden Vorschriften entsprechen. Eine Zulassung jedes einzelnen Wasserzählers ist mit einer erteilten Bauartzulassung nicht mehr erforderlich.
In Peru und in Bolivien bieten die Metrologie-Institute erste national hergestellte Referenzmaterialien zur Rückführung von Basisparametern der Trinkwasseranalytik an. Referenzmaterialien werden genutzt, um die Vertrauenswürdigkeit der Messungen und Analysen zu sichern. In Bolivien wurden mit Unterstützung der PTB 2010 und 2011 jeweils Ringvergleiche zur Trinkwasseranalytik mit über 50 teilnehmenden Laboratorien erfolgreich durchgeführt. Ringvergleiche ermöglichen den Laboratorien, einen Nachweis ihrer Kompetenz zu liefern oder eigene Schwachstellen zu erkennen. Dies und ein erweitertes Schulungsangebot haben dazu geführt, dass es in beiden Ländern mehr akkreditierte Wasserlaboratorien gibt.
Trotz der erreichten Fortschritte gibt es in beiden Ländern weiterhin große Schwierigkeiten auf dem Weg, einen möglichst großen Teil der Bevölkerung über 24 Stunden täglich mit qualitativ einwandfreiem Trinkwasser zu versorgen. Dabei spielen rückgeführte Messungen und vertrauenswürdige, über ein Qualitätsmanagementsystem abgesicherte Analysen selbstverständlich auch in Zukunft eine große Rolle.
Aus entwicklungspolitischer Sicht ist entscheidend, dass die Verbesserung der Qualität der Trinkwasserversorgung nachweislich direkt mit einer Verbesserung der Lebensqualität sowie einer Verringerung von Krankheiten und letztlich auch von Armut zusammenhängt. Außerdem wird die sinnvolle Nutzung der wertvollen Ressource Wasser sichergestellt. Denn neben den wirtschaftlichen Erfordernissen für die Versorgungsunternehmen ist im Falle beider Andenländer ein verantwortungsvoller Umgang mit Wasser angesichts abschmelzender Gletscher und geringerer Niederschläge eine immer größer werdende Herausforderung.