Logo der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt

Nachrichten des Jahres

Aus den Abteilungen

Wechsel an der Spitze der PTB

Nach über 16-jähriger Amtszeit ging Prof. Dr. Ernst O. Göbel zum Ende des Jahres 2011 in den Ruhestand. Ernst Göbel forcierte in seiner Amtszeit die Einbindung der PTB in das europäische und das internationale Umfeld. Er engagierte sich kontinuierlich für die internationale Meterkonvention, deren Präsident er zudem von 2004 bis 2010 war. Die Gründung von EURAMET e. V. und die Aufstellung und Umsetzung eines gemeinsamen europäischen Metrologieforschungsprogramms (EMRP) waren wichtige Beiträge zu einer vertieften Kooperation und Arbeitsteilung der europäischen Metrologieinstitute. Ernst Göbels Nachfolger im Amt des PTB-Präsidenten wurde der Physiker Prof. Dr. Joachim Ullrich, der vom Max-Planck-Institut für Kernphysik (MPIK), Heidelberg, zur PTB wechselte. Joachim Ullrich, der zuletzt am MPIK die Abteilung „Experimentelle Mehrteilchen-Quantendynamik“ leitete, ist der 14. Präsident in der 125-jährigen Geschichte der PTB. Er erhielt seine offizielle Ernennungsurkunde zum PTB-Präsidenten am 19. Dezember 2011 im Rahmen einer turnusmäßig stattfindenden Direktorenkonferenz der PTB, bei der er als Gast teilnahm. Überreicht wurde Joachim Ullrich die Urkunde von Dr. Sven Halldorn, dem Leiter der Abteilung „Technologiepolitik“ im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi). Mit Joachim Ullrich setzt die PTB die seit der Zeit ihres Gründungspräsidenten Hermann von Helmholtz gepflegte Tradition fort, an ihre Spitze einen namhaften Wissenschaftler zu berufen.

Ernst Göbel hinterlässt seinem Nachfolger eine PTB, die international bestens aufgestellt und für die anstehenden Aufgaben gut gerüstet ist.

Halbleiter-Quanten-Spannungsquelle

Prinzipskizze der Halbleiter-Quanten-Spannungsquelle.
Prinzipskizze der Halbleiter-Quanten-Spannungsquelle.

In der PTB konnte erstmals mit einer integrierten Halbleiterschaltung eine quantisierte Spannung erzeugt werden.

Der Widerstand wird in der Metrologie schon länger mithilfe von speziellen Halbleitern reproduziert, wobei aufgrund des Quanten-Hall-Effekts der Hall-Widerstand im Magnetfeld quantisiert ist und sein Wert allein durch die beiden Naturkonstanten h (Planck‘sches Wirkungsquantum) und e (Elementarladung) bestimmt wird. Quantisierte Spannungen ließen sich dagegen bisher nur – unter Nutzung des Josephson-Effektes – mit Hilfe von supraleitenden Schaltungen erzeugen.

Jetzt ist es in der PTB gelungen, Einzelelektronenpumpen, also halbleiterbasierte quantisierte Stromquellen, mit einem Quanten-Hall-Widerstand in einer integrierten Halbleiter-Quantenschaltung zu kombinieren und damit eine quantisierte Spannung zu erzeugen. Dazu wurden beide Bauteile in einem gemeinsamen Herstellungsverfahren aus einem Halbleiter-Schichtsystem auf einem Chip gefertigt. Zum Betrieb des Bauelements sind nur zwei Gleichspannungen sowie eine Hochfrequenz-Wechselspannung (AC) zur Kontrolle der Einzelelektronenpumpe nötig.

Die neuartige Halbleiter-Quanten-Spannungsquelle zeigt eine robuste Quantisierung der Ausgangsspannung bis zu Frequenzen von einigen GHz, wodurch Ausgangsspannungen bis zu 10 µV erzeugt werden konnten. Durch Parallelschaltung mehrerer Einzelelektronenpumpen und Serienschaltung mehrerer Quanten-Hall-Widerstände auf dem Halbleiterchip kann die Ausgangsspannung im Prinzip um bis zu einem Faktor 1000 erhöht werden, was sich z. B. für grundlegende metrologische Experimente nutzen lässt.

Optisches Primärverfahren für die Chemie bei internationaler Vergleichsmessung erfolgreich

In der PTB wurde ein Primärmessverfahren zur Bestimmung von Stoffmengenkonzentrationen entwickelt, das auf einer Methode der optischen Spektroskopie (Oberflächenverstärkte Ramanstreuung: Surface enhanced Raman Scattering, SERS) basiert. Kombiniert mit dem Prinzip der Isotopenverdünnung (isotopedilution, ID) wird eine hochgenaue und metrologisch rückführbare, quantitative Analytik ermöglicht. Das Verhältnis-Primärmessverfahren (IDSERS) stellt für viele klinisch-chemische Analyte erstmals eine Alternative zur Isotopenverdünnungs-Massenspektrometrie (IDMS) zur Verfügung. Als schwingungsspektroskopische Methode bietet es Vorteile, wie z. B. direkte strukturelle Informationen, die häufig für eine Identifizierung einer Substanz erforderlich sind.

Die Fähigkeit dieses Verfahrens wurde nun erstmals in einer internationalen Vergleichsmessung unter Beweis gestellt (RELA 2010, siehe http://www.dgkl-rfb.de/). Ziel war es, die Konzentration von Kreatinin, einem klinischen Marker, in zwei unterschiedlichen Serumproben zu bestimmen. Zehn der insgesamt zwölf teilnehmenden Laboratorien, darunter vier Metrologieinstitute, setzten dabei das aktuelle Referenzverfahren, die Isotopenverdünnungs- Massenspektrometrie (IDMS) ein. Die mit IDSERS ermittelten Serumkonzentrationen des Kreatinins stimmten in beiden Fällen sehr gut mit dem Mittelwert der durch IDMS gemessenen Werte überein. Die Eignung und Leistungsfähigkeit der Methode für die Metrologie in der Chemie wurde damit erfolgreich nachgewiesen.

Silizium-Resonator macht Laser extrem stabil

Die besten Lasersysteme sind in ihrer Kurzzeitstabilität durch das thermische Rauschen der verwendeten Referenzresonatoren begrenzt. Ein neuer Resonator aus einkristallinem Silizium, entwickelt im Rahmen des Exzellenzclusters „Centre for Quantum Engineering and Space-Time Research“ (QUEST) in Zusammenarbeit mit der University of Colorado und dem National Institute of Standards and Technology (NIST) in Boulder, USA, konnte die erreichbare Kurzzeitstabilität drastisch erhöhen.

In einkristallinem Silizium werden thermische Fluktuationen deutlich weniger angeregt als in den üblichen optischen Gläsern. Der in der PTB entwickelte optische Silizium-Resonator wird in einem Kryostaten am Minimum der thermischen Ausdehnung von Silizium bei einer Temperatur von 124 K betrieben. Auf diesen Resonator wurde die Frequenz eines Infrarotlasers stabilisiert. Um diesen Laser dann zu spezifizieren, ist ein direkter Frequenzvergleich zu einem Referenzsystem nötig. Da kein zweiter vergleichbar stabiler Laser zur Verfügung steht, war ein Dreiecksvergleich nötig. Dafür wurden zwei auf konventionellen Technologien basierende Laser bei einer Wellenlänge von 1,5 μm benutzt, die durch thermisches und technisches Frequenzrauschen auf eine relative Stabilität von einigen 10–16 limitiert sind. Dennoch lässt sich im Dreiecksvergleich aus dem heruntergemischten Schwebungssignal zwischen dem auf den Siliziumresonator stabilisierten Laser und einem der Referenzlaser bei einer Frequenz von 194 THz eine Laserlinienbreite von etwa 50 mHz für den ersten genannten Laser ableiten.

Damit steht für die Lasersysteme zum Betrieb der optischen Uhren der PTB eine weltweit einzigartig stabile Referenz zur Verfügung, die auch verlustfrei über das zukünftige Glasfasernetz auf dem PTB-Gelände verteilt werden kann.

Nachnutzung des Forschungs- und Messreaktors

Der Umbau des ehemaligen Forschungs- und Messreaktors Braunschweig auf dem Gelände der PTB ist abgeschlossen und das Gebäude steht nun für den Wissenschaftlichen Gerätebau zur Verfügung.

Der 1967 in Betrieb genommene Forschungsund Messreaktor mit einer Nennleistung von 1 MW wurde nach zahlreichen wissenschaftlichen Experimenten und Kalibrierungen von Messinstrumenten im Jahr 1995 aufgrund wirtschaftlicher Abwägungen abgeschaltet. Das umfangreiche atomrechtliche Genehmigungsverfahren für die Stilllegung und den anschließenden Rückbau des Gebäudekomplexes dauerte bis 2005. Danach wurde in einem ersten, knapp einjährigen Bauabschnitt das Laborgebäude u. a. für die Konstruktion, Elektronik, Mikrotechnik und Dünnschichttech nik umgebaut. 2006 wurde das ehemalige Maschinenhaus für die neue Galvanik, das Halbzeuglager sowie das Materiallager übergeben. Anschließend wurden weitere, nicht kontaminierte Reaktorkomponenten entfernt und es begann der Umbau der ehemaligen Experimentierhalle für die Arbeitsgruppen Messgerätebau und Komponentenfertigung. Mit einem Anbau Süd wurden klimatisierte Räume für die Fertigungsbereiche Erodieren, Schleifen, Präzisions- und Ultra-Präzisionsbearbeitung geschaffen. Als neue Mechanische Lehrwerkstatt dient nun ein neuer Anbau Nord.

Für den Wissenschaftlichen Gerätebau ergeben sich zahlreiche Vorteile: Alle Arbeitsbereiche liegen nahe beieinander, die Verkehrswege und Sozialräume entsprechen dem aktuellen Stand der Technik und die neuen Fertigungsbereiche sind voll klimatisiert. Nur so können die kontinuierlich ansteigenden Anforderungen an die Fertigungsgenauigkeit erreicht werden. In dem Brückengebäude des ehemaligen Reaktors wurde zudem für den Fachbereich Koordinatenmesstechnik eine Referenzwand errichtet, an der weltweit erstmalig eine hochgenaue, richtlinienkonforme Prüfung der messtechnischen Leistungsfähigkeit optischer 3D-Längenmessgeräte stattfinden kann.

Erster Wert der PTB für die Boltzmann- Konstante

Im Zuge der Neudefinition der SI-Basiseinheiten über Naturkonstanten sind Forschergruppen aus aller Welt damit beschäftigt, den
Wert der Boltzmann-Konstante k mit Unsicherheiten von wenigen ppm zu bestimmen. Gelingt dies, kann die Einheit Kelvin neu definiert werden. Die meisten Gruppen arbeiten mit der akustischen Gasthermometrie, die auch den bislang genauesten Wert mit etwa 1,2 ppm lieferte. Die PTB hat einen alternativen, komplett unabhängigen Weg eingeschlagen, um systematische Fehlerquellen erkennen und damit die Neudefinition auf eine solide Basis stellen zu können.

Sie setzt die Dielektrizitätskonstanten-Gasthermometrie (DCGT) ein, die auf der Bestimmung der Dichte des Gases Helium beruht, das die Kapazität eines Kondensators ändert. Aus Kapazitätsmessungen bei konstanter Temperatur am Wassertripelpunkt und unterschiedlichen Drücken im Messkondensator kann k bestimmt werden. Die Methode stellt extreme Anforderungen an die Messtechnik und wurde in Kooperation verschiedener PTB-Abteilungen und externer Partner realisiert.

Der erste Wert für k von 1,380655 · 10–23 J/K liegt um 4 ppm über dem neuesten CODATA-Wert und ist mit einer relativen Unsicherheit von knapp 8 ppm der erste Beweis, dass das DCGT zu einer k-Bestimmung auf höchstem Niveau in der Lage ist. Bis zur angestrebten Unsicherheit von 2 ppm sind noch einige Hürden zu nehmen. Über Verbesserungen in der Druckmessung sowie eine Optimierung von Design und Materialen der Kondensatoren kann der Weg für eine solide Neudefinition der Einheit Kelvin geebnet werden.

 

Bisher unbekannte molekulare Austauschprozesse in Wasser?

NMR-Messungen (kernmagnetische Resonanz, Nuclear Magnetic Resonance) sind heute unverzichtbar für die Spektroskopie von Flüssigkeiten in Physik, Chemie, Biologie und Medizin. Wichtige Messgrößen sind die Lebensdauer der Magnetisierungen von Atomkernen parallel bzw. senkrecht zu einem angelegten Magnetfeld, die sogenannten longitudinalen bzw. transversalen  Relaxationszeiten (T1 und T2). Eine allgemeine akzeptierte, aber noch nicht experimentell verifizierte Theorie besagt, dass die beiden Relaxationszeiten in immer schwächeren magnetischen Feldern auf den gleichen Wert zulaufen. In der PTB konnte dies erstmals experimentell überprüft werden.

Im weltweit besten magnetisch abgeschirmten Raum, dem Berlin Magnetically Shielded Room-2 (BMSR-2), und mit in der PTB entwickelten supraleitenden Quanteninterferometern (SQUIDs) konnten die schwachen NMRSignale von hochreinem Wasser auch in sehr kleinen Magnetfeldern bis 0,1 μT registriert werden. Das Ergebnis war überraschend.

Die Relaxationszeiten konvergieren zwar wie erwartet zum Nullfeld auf den gleichen Wert, doch ist der Kurvenverlauf völlig anders, als die Theorie vorhersagt. Die Abbildung zeigt dies anhand der Kehrwerte der Relaxationszeiten, der Relaxationsraten: Im Bereich höherer Felder bestätigen die Messungen die Theorie. Relaxationsprozesse in extrem schwachen Feldern von einigen Mikrotesla spiegeln hingegen molekulare Bewegungen in einem Frequenzbereich unterhalb von einem Kilohertz wider. Die Abweichungen in diesem Bereich deuten darauf hin, dass im Wasser neben den bekannten schnellen Diffusionsprozessen auch sehr langsame Austauschprozesse mit Frequenzen um die 100 Hz stattfinden, die bisher nicht bekannt waren. Das wirft ein neues Licht auf die molekulare Dynamik von Wasser im niederfrequenten Bereich.

Mathematische und statistische Analyse dynamischer Messungen

Die Analyse dynamischer Messungen wird in Metrologie und Industrie immer wichtiger. Allerdings stellt die Entwicklung entsprechender mathematischer und statistischer Verfahren eine Herausforderung dar. Bisher in der PTB entwickelte mathematische und statistische Methoden zur Analyse dynamischer Messungen kombinieren Verfahren aus Signalverarbeitung, multivariater Statistik und Maßtheorie und ermöglichen deutlich genauere Analysen als die in der Metrologie üblichen Methoden. Sie lassen sich als eine Erweiterung des metrologischen Standardverfahrens zur Ermittlung der Messunsicherheit, des „Guide to the expression of uncertainty in measurement“ (GUM), verstehen. Ein besonderes „Highlight“ ist die 2011 geglückte Erweiterung von Unsicherheitsbestimmungen auf kontinuierliche Funktionen. Sie ist grundsätzlich auch über die Analyse dynamischer Messungen hinaus von Bedeutung, beispielsweise im Zusammenhang mit kontinuierlicher Modellierung oder der Lösung inverser Probleme. Die neuen Analyse-Methoden kommen mittlerweile in verschiedenen Anwendungen zum Einsatz, etwa bei der Analyse von Druck-, Beschleunigungs-, Kraft- und Drehmomentmessungen sowie der Kalibrierung von ultra-schnellen Samplingoszilloskopen. Auch für die Simulation und Analyse von Gasversorgungs-Netzwerken könnte die neue Methodik eingesetzt werden.

Elektronische Eigenschaften von Graphen- Quantenpunkten bei Anwesenheit von Unordnung

Graphen – eine einzelne Schicht aus Kohlenstoffatomen, die auf einem Bienenwabengitter angeordnet sind – besitzt zahlreiche verblüffende elektronische Eigenschaften und bietet auch Perspektiven für die Präzisionsmesstechnik. Die Besonderheit von Graphen besteht darin, dass sich die Leitungselektronen wie masselose relativistische Teilchen verhalten, bei denen die Fermi-Geschwindigkeit die Rolle der Lichtgeschwindigkeit in der relativistischen Kinematik übernimmt. Bedauerlicherweise gibt es keine Energielücke wie bei
herkömmlichen Halbleitern, was Probleme für praktische Anwendungen mit sich bringt. Besonders der Einschluss von Ladungsträgern
in von externen „Gates“ erzeugten elektrostatischen Quantenpunkten ist nicht praktikabel, da das Auftreten von echten gebundenen Zuständen von dem Klein‘schen Tunnelmechanismus beeinträchtigt wird. Konzeptionell lässt sich eine Energielücke einfach erzeugen,
da das hexagonale Gitter aus zwei sich gegenseitig durchdringenden dreieckigen Untergittern besteht. Wenn Graphen auf ein spezielles Substrat aufgebracht wird, das für eines von beiden Untergittern ein unterschiedliches elektrostatisches Potenzial erzeugt, öffnet sich im Spektrum eine Lücke. Es hat sich gezeigt, dass eine derartige Aufhebung der Untergittersymmetrie, die bei epitaktisch auf SiC gewachsenen Graphenen entdeckt wurde, eine Lücke von ungefähr 0,26 eV erzeugt.

Kürzlich wurden die gebundenen Zustände und der Transport durch einen elektrostatisch begrenzten kreisrunden Graphen-Quantenpunkt in Anwesenheit dieses Untergitter-Symmetriebruchs (Abbildung a) untersucht. Es gibt zwei Arten, die Elektronen in Graphen zu beschreiben: zum einen mit dem „tight-binding“- Gittermodell; zum anderen mit dem Kontinuumsmodell, das masselose relativistische Teilchen mit Hilfe einer effektiven Dirac-Gleichung bei niedrigen Energien beschreibt. Es ist festzustellen, dass sich bei perfekt geordneten Systemen die Ergebnisse der beiden Modelle gut vergleichen lassen, solange der Radius des kreisrunden Quantenpunkts viel größer ist als die Gitterkonstante (Abbildung b).

Danach wurde der Einfluss von verschiedenen Unordnungstypen auf die Spektral- und Transporteigenschaften der Quantenpunkte untersucht. Bei zufälliger „On-site“-Unordnung beispielsweise, die durch adsorbierte Atome entstehen kann, sowie bei Rippeln und Riefen, die mit Hilfe eines zufälligen magnetischen Flusses modelliert werden können, werden die den gebundenen Zuständen des Quantenpunkts entsprechenden Peaks in der Zustandsdichte schnell breiter und verschwinden bereits bei einem geringen Anstieg der Unordnungsstärke (Abbildung c). Im Gegensatz dazu verbreitert Randunordnung, z. B. infolge einer zufälligen Sättigung der offenen Bindungen entlang der Kanten der Graphenschicht, die gebundenen Zustände des Quantenpunkts nicht, sodass sich solche Systeme gut für experimentelle spektroskopische Studien eignen. Darüber hinaus verschieben sich die Energien der elektronischen Zustände bei Quantenpunkten mit geneigten Potenzialstufen linear hin zu kleineren Energien, wenn sich der Anstieg der Quantenpunktwand verringert. Daher sollten die Graphen-Quantenpunkte so steil und sauber
wie möglich erzeugt werden, damit sie für experimentelle Untersuchungen geeignet sind.

Vom Kuratorium

Die 62. Sitzung des Kuratoriums der PTB

Das Kuratorium der PTB traf sich am 26. und 27. Mai 2011 in Braunschweig zu seiner Jahrestagung. Der Präsident der PTB, Prof. Dr. Ernst O. Göbel, begrüßte die Kuratoren und Gäste, die im Anschluss die Möglichkeit hatten, Labore und Einrichtungen der PTB zu besichtigen.

Am Nachmittag des 26. Mai fand ein wissenschaftliches Kolloquium statt, in dem Nachwuchswissenschaftlerinnen und ‑wissenschaftler
aktuelle Forschungserfolge aus den Bereichen „Strahlenschutzdosimetrie mit gepulsten Photonenfeldern“, „Kugelinterferometrie“
und „Neudefinition des Kelvin“ vorstellten. Danach diskutierten die Kuratoren in den Fachabteilungen über die fachlichen und strategischen Aspekte der Arbeiten.


Der stellvertretende Präsident des Kuratoriums, Prof. Dr. Klaus von Klitzing, mit einer Silizium-Einkristallkugel, die zur Bestimmung der Avogadro-Konstanten dient.

Der Präsident des Kuratoriums, Dr. Sven Halldorn, eröffnete die Kuratoriumssitzung am 27. Mai 2011. In seiner Rede beglückwünschte er die PTB zur ihrer besonders positiven Hervorhebung in der Stellungnahme des Wissenschaftsrats zur Ressortforschung im November 2010. Er sicherte der PTB die Unterstützung des Ministeriums bei der Verbesserung der Rahmenbedingungen für ihre wissenschaftliche Arbeit und Flexibilisierung der administrativen Vorgaben zu. Halldorn stellte fest, dass die PTB einen wichtigen Anteil an der Innovationspolitik habe, die z. B. den Umbau der Energieversorgung beinhaltet. Die Bedeutung der PTB im Bereich der Normung sei weiterhin hoch und zeige sich in der erfolgreichen Beteiligung an Förderprogrammen wie der Exzellenzinitiative.

Prof. Dr. Ernst O. Göbel berichtete im Anschluss über die Arbeit der PTB im vergangenen Jahr und die weiteren Ziele. Zunächst präsentierte er die Fortschritte auf dem Weg zu einer Neudefinition der Basiseinheiten, für die eine Konzentration vielfältiger
Kompetenzen an einem Ort erforderlich ist, wie sie praktisch nur in der PTB vorliegt. Neben der Entwicklung des European Metrology Research Programme (EMRP) ging Göbel auf die positiven Entwicklungen im Bereich der Dienstleistungen ein. So ist nach der Internationalisierung der Gerätezulassungen durch die europäische Geräterichtline (MID) und damit der Aufhebung des PTB-Monopols bei Bauartzulassungen ein Zuwachs an Konformitätsbewertungen zu verzeichnen, ein Zeichen für den Stellenwert, den Zulassungen durch die PTB haben. Ernst. O. Göbel stellte auch detailliert die Ergebnisse und Auswirkungen der internen Aufgabenkritik von Anfang 2011 vor. Durch den stetigen Personalabbau sei die PTB selbst zu Einschnitten in Bereichen mit hohem
Entwicklungspotenzial gezwungen.

Im Umfeld der Kuratoriumstagung unterzeichneten Friedel Eggelmeyer, Abteilungsleiter im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), und Prof. Dr. Göbel eine Vereinbarung über die weitere Förderung von Projekten der technischen Zusammenarbeit im metrologischen Umfeld. Das BMZ würdigte in einer Mitteilung die Zusammenarbeit: „Mit der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt verfügt Deutschland heute als einziger bilateraler Geber über eine international
anerkannte Fachinstitution, die für uns die Beratung im Bereich Qualitätsinfrastruktur durchführt. Die Vereinbarung spiegelt die gegenseitige Wertschätzung wider und soll für die nächsten Jahre eine stabile Zusammenarbeit ermöglichen.“

Persönliches:
Dr. Axel Anderlohr und Prof. Dr. Hans Schuler scheiden aus dem Kuratorium aus.

 

Aus dem Präsidium

Besuch von Staatssekretär Hintze

Am 22. Juni 2011 besuchten der parlamentarische Staatssekretär Peter Hintze aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) und Dr. Carola Reimann (MdB) die PTB.

Im Rahmen einer Diskussion mit dem Präsidium und von Laborbesuchen informierten sie sich über die Forschung und Dienstleistungen
der PTB. Daneben hatten sie aber auch ein offenes Ohr für aktuelle Anliegen der PTB, zu denen vorrangig die Teilnahme an der Wissenschaftsfreiheitsinitiative und eine Ausnahme für die PTB von der Übertragung der Liegenschaften an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) zählen.

Hintze zeigte sich von den Instrumenten und Forschungsaktivitäten der PTB sehr beeindruckt und bestätigte die herausragende Position der PTB unter den Ressortforschungseinrichtungen.

Fertigstellung des neuen Seminarzentrums der PTB

Seit dem Herbst 2011 hat die PTB ein neues Seminarzentrum für bis zu 120 Personen, das sich an den Hörsaalkomplex im Kohlrausch-Bau harmonisch anfügt. Die Möglichkeiten für die Ausrichtung von Tagungen und Workshops in der PTB haben sich so deutlich verbessert, da das Zentrum auch großzügige Stellflächen für Poster oder Aussteller bietet.

Der Seminarbereich ist teilbar angelegt, sodass Parallelveranstaltungen möglich sind. Die Räume sind mit neuester Technik ausgestattet, die z. B. Mehrfachprojektionen und Videoübertragungen ermöglicht.

Das Zentrum wurde schon für verschiedene Veranstaltungen genutzt und erfüllt die Erwartungen voll. Es ist zu erwarten, dass der
Neubau die Kommunikation der PTB mit ihren Kooperationspartnern in Wirtschaft und Wissenschaft fördert und belebt.

Qualitätsmanagement

Selbsterklärung zum Qualitätsmanagement

Seit 20 Jahren betreibt die PTB ein integriertes Qualitätsmanagementsystem, das die Tätigkeitsbereiche Forschen, Messen und Beraten in vier ineinander verzahnten Geschäftsbereichen Grundlagen der Metrologie, Metrologie für die Wirtschaft, Metrologie für die Gesellschaft und internationale Angelegenheiten umfasst. Mit diesem Qualitätsmanagementsystem werden die Anforderungen von  ISO/IEC 17 025 und damit die Prinzipien der ISO 9001 und soweit zutreffend die Normen der Reihe EN 45 000 bzw. ISO/IEC 17 000 sowie des ISO Guide 34 erfüllt. Außerdem sind die Empfehlungen der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zur guten  wissenschaftlichen Praxis1) in das QMSystem integriert. Das QM-System ist einem jährlichen Selbstbewertungsprozess auf Basis eines umfassenden internen Auditprogramms zur ständigen Verbesserung und Aufrechterhaltung der hohen Qualität der Leistungen der PTB unterworfen. Unterstützt wird dieses Auditprogramm durch internationale Fachexperten im Rahmen des EURAMET-Projektes 1083. Als Ergebnis dieses Prozesses wurde erstmals im November 2010 vom Präsidenten der PTB eine Selbsterklärung zum Qualitätsmanagement2) unterzeichnet, in dem die Grundlagen des Qualitätsmanagements der PTB erläutert sind. Diese Selbsterklärung ist auch im Internet in deutscher und englischer Sprache veröffentlicht.

 

1) Empfehlungen der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zur guten wissenschaftlichen Praxis
2) Initiates file downloadSelbsterklärung zum Qualitätsmanagementf

Ausschuss Qualitätsmanagement der PTB (A-QM) – 50. Arbeitsbesprechung

Die Festlegung weltweit anerkannter Anforderungen an die Tätigkeit von Kalibrier- und Prüflaboratorien in einer internationalen Norm bildete vor mehr als 10 Jahren die Grundlage für eine umfassende Neuausrichtung des Qualitätsmanagements in der PTB. Zur Einführung eines Qualitätsmanagementsystems auf Basis der ISO/IEC 17 025 wurden zunächst ein alle Abteilungen der PTB umfassendes Projekt geschaffen und ein Ausschuss Qualitätsmanagement (A-QM) als QM-Lenkungs- und Steuerungsgremium gegründet. Seine erste Besprechung fand am 13. Juli 1999 statt.

Dies war der Startpunkt für eine umfassende Bestandsaufnahme, gefolgt von einer intensiven Aufbauphase des Qualitätsmanagements. Geprägt war diese Entwicklung vor dem Hintergrund des CIPM-MRA1) und von dem Willen, alle Tätigkeitsbereiche der PTB in das Qualitätsmanagementsystem angemessen im Sinne der vier verzahnten Geschäftsbereiche Grundlagen der Metrologie, Metrologie für die Wirtschaft, Metrologie für die Gesellschaft und internationale Angelegenheiten zu integrieren. Dabei sollte PTB-weit nur so viel wie erforderlich geregelt, der Formalismus eingedämmt und technische Aspekte möglichst praxisorientiert geregelt werden. Als einer der damaligen Projektleiter trug Prof. Dr. Kühne maßgeblich zum heutigen Erfolg des Qualitätsmanagements in der PTB bei. Anlässlich der 50. Arbeitsbesprechung des A-QM besuchte Prof Dr. Kühne, heute Direktor des BIPM in Paris, die PTB und informierte die QM-Verantwortlichen der PTB, die Leiter der Abteilungen/ Stellen und das Präsidium zu aktuellen Entwicklungen, Chancen und Herausforderungen, die sich aus dem CIPM-MRA für die nationale und internationale Qualitätsinfrastruktur aus Sicht des BIPM ergeben. In einer regen Diskussion wurden die Aspekte des Ablaufs des Reviewprozesses im Rahmen des CIPM-MRA sowie die Rolle der Kompetenzbestätigung für metrologische Laboratorien erörtert. Ein Beitrag von Dr. Ulbig über Aufgaben, Struktur und Ziele des neuen deutschen Kalibrierdienstes (DKD) als technisches Komitee in der PTB rundete die Diskussionen ab.

 

1) http://www.bipm.org/en/cipm-mra/

Gesetzliches Messwesen

Änderungen des Eichgesetzes und der Eichordnung

Das Eichgesetz in der Bekanntmachung vom 23. März 1992 wurde durch das „Gesetz zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie im Eichgesetz sowie im Geräteund Produktsicherheitsgesetz und zur Änderung des Verwaltungskostengesetzes, des Energiewirtschaftsgesetzes und des Energieleitungsausbaugesetzes“ vom 7. März 2011 geändert (BGBl. I S. 338). Durch dieses Gesetz wurde das Eichgesetz an die Vorgaben der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 36) angepasst. Dies betrifft die Vorschriften des § 10 über Wäger an öffentlichen Waagen, die mit der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit nach der Dienstleistungsrichtlinie nicht mehr vereinbar sind. Die weiteren Ausführungen sind in der Eichordnung festgelegt.

Die Vorschriften zu öffentlichen Waagen in Teil 10 der Eichordnung wurden durch die Fünfte Verordnungen zur Änderung der Eichordnung vom 6. Juni 2011 (BGBl. I S. 1035) geändert. Das Instrument der „öffentlichen Waage“ wurde erhalten, die Regelungen über die „öffentliche Bestellung“ des Wägers jedoch ersetzt durch Anforderungen an „Betreiber“ und „Betriebspersonal“. Die EU-Vorgaben zu im Ausland erworbenen Ausbildungs- und Befähigungsnachweisen wurden eingearbeitet. Die Beurkundung durch einen behördlich ausgegebenen Stempel wurde durch Unterschrift des bescheinigten Wägeergebnisses abgelöst. Die behördliche Überwachung der öffentlichen Waagen bleibt unverändert. Weiterhin wurden in dieser Änderungsverordnung, im Vorgriff auf eine umfassende, zeitlich aufwendige Neuregelung des Mess- und Eichrechts, die nicht mehr notwendigen Vorschriften gestrichen, Unstimmigkeiten bereinigt und neue EU-rechtliche Vorgaben umgesetzt. Dies betrifft insbesondere die Richtigstellung des Beginns der Eichgültigkeitsdauer für Messgeräte nach der MID, die auch mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt. Auch die Regelungen bei einer Dauer unter einem Jahr wurden jetzt ausführlich formuliert. Die abweichende Eichgültigkeitsdauer für neue Gaszählerarten wurde in Anhang B aufgenommen und Verweise auf EU-Richtlinien und Vorschriften angepasst. Die bestehenden Ausnahmen für Wegstreckenzähler in Mietkraftfahrzeugen wurden erweitert und Selbstfahrervermietfahrzeuge vollständig von der Eichpflicht ausgenommen. Die Ausnahmevoraussetzungen für Messwandler wurden auf 110 kV-Übertragungsnetze erweitert.

Bericht der Kommission an das Europäische Parlament über die Umsetzung der Europäischen Messgeräterichtlinie MID (2004/22/EG) und die Aufhebung der EWG-Richtlinien nach dem alten Konzept

Die Kommission schlägt dem Europäischen Parlament nach einem umfänglichen öffentlichen Konsultationsverfahren vor, die MID zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht zu ändern. Sie begründet ihren Vorschlag damit, dass es zwar nützliche Anregungen für neue Vorschläge gegeben habe, aber keinen Hinweis darauf, dass wichtige Punkte in der MID fehlen. Aus Sicht der Kommission ist es zu früh, die MID bereits nach 4,5 Anwendungsjahren zu ändern. Weitere als die über den Messgeräteausschuss zulässigen technischen Anpassungen (Artikel 16: Fehlergrenzen, Genauigkeitsklassen, Nennbetriebsbedingungen, Störfestigkeit) hinausgehende Änderungen könnten zu einer regulatorischen Verlagerung und Unsicherheit auf dem Markt führen. Im Übrigen verweist sie darauf, dass hinsichtlich der technisch komplexen und detaillierten Änderungsvorschläge die Möglichkeiten, die Normen und Leitlinien bieten, noch nicht voll ausgeschöpft worden sind. Der vollständige Bericht ist unter ec.europa. eu/enterprise/index_de.htm über die Stufen „Industriezweige“, „Amtliches Messwesen und Fertigpackungen“, „Messgeräte“, „Report on MID“ als COM/2011/357/FINAL abrufbar. Als Ergebnis des Konsultationsverfahrens sieht die Kommission zur Zeit folgende Prioritäten:


• Aufnahme des neuen Rechtsrahmens (Beschluss 768/2008/EG) in die MID (Omnibus-Verfahren)


• Bessere Information und Anleitung für notifizierte Stellen und Behörden sowie eine bessere Zusammenarbeit mit ihnen, um eine kohärente Anwendung der Richtlinie zu gewährleisten

• Koordinierung der Marktüberwachung in Form gemeinsamer Maßnahmen, um die für die Marktüberwachung zur Verfügung stehenden Ressourcen effizienter einzusetzen

• Unterstützung der Interessengruppen bei der Erstellung von Leitlinien

• Folgeabschätzungen für alle Anregungen für neue Vorschläge in Zusammenarbeit mit den Interessengruppen und im Einklang mit der „Intelligenten Regulierung“ in der EU (http://ec.europa.eu/enterprise/policies/smart-regulation/index_de.htm).

Rücknahme der noch bestehenden EWGRichtlinien nach dem alten Ansatz

Im Ergebnis der öffentlichen Konsultation sah die Kommission keinen Grund, die noch bestehenden EWG-Richtlinien weiter aufrechtzuhalten oder die betroffenen Gerätearten bzw. Messverfahren (Gewichte, Vermessung von Schiffsbehältern, Schüttdichte von Getreide, Kaltwasserzähler für Schmutzwasser, Alkoholometer und Aräometer für Alkohol, Luftdruckmessgeräte für Kraftfahrzeugreifen) in die Europäische Messgeräterichtlinie (MID) aufzunehmen. Durch die Richtlinie 2001/17/ EU sind inzwischen die Aufhebung der EWGRichtlinie für die Vermessung von Schiffsbehältern zum 01.07.2011 und die Aufhebung der übrigen Richtlinien zum 01.12.2015 verfügt worden.

Technische Zusammenarbeit

Qualitätsinfrastruktur für die Trinkwasserversorgung

Wasser, besonders Trinkwasser, ist für alle Menschen eine essenzielle Ressource und Nahrungsmittel zugleich. In vielen Gebieten ist seine Verfügbarkeit seit jeher begrenzt; in anderen nimmt sie vor dem Hintergrund sich verändernder klimatischer Bedingungen stetig ab. Die Weltgesundheitsorganisation führt 80 % aller Krankheiten in Entwicklungsländern auf mangelhafte Wasser- und sanitäre Basisversorgung sowie auf fehlende Hygieneerziehung zurück. Insbesondere bei Kindern verlaufen diese Krankheiten oft tödlich. Das 7. Millenium-Entwicklungsziel besagt: „…bis 2015 den Anteil der Menschen um die Hälfte zu senken, die keinen nachhaltigen Zugang zu einwandfreiem Trinkwasser und grundlegenden sanitären Einrichtungen haben.“ Der vernünftige Umgang mit und die Sicherung der Qualität dieser knappen Ressource sind folglich von herausragender Bedeutung. Vor dieser großen Aufgabe stehen weltweit immer noch viele Entwicklungs- und Schwellenländer. Auch das Engagement der deutschen und der internationalen Entwicklungszusammenarbeit spiegelt diese Herausforderung wider.

Die PTB führt zum Thema Wasser derzeit zwei Kooperationsvorhaben zur Förderung der Qualitätsinfrastruktur für die Trinkwasserversorgung in den beiden südamerikanischen Ländern Bolivien und Peru durch. Ziel ist die Stärkung der nationalen Akteure in den Ländern, um zu einer besseren Überwachung und effizienteren Verteilung des Trinkwassers beizutragen. Dabei stehen insbesondere die Themen Verbrauchsmessung und Qualitätskontrolle im Vordergrund.

Die PTB arbeitet vor allem mit den nationalen Metrologie-Instituten und den Akkreditierungsstellen beider Länder zusammen, um für den Wassersektor relevante Dienstleistungen aufzubauen und zu stärken. Diese reichen beispielsweise von der Kalibrierung von Messinstrumenten (z. B. Referenzwasserzähler) über die Herstellung und Zertifizierung chemischer Referenzmaterialien bis hin zur Durchführung von Ringvergleichen und der Akkreditierung von Prüflaboratorien. Darüber hinaus wird die Vernetzung der Akteure der Qualitätsinfrastruktur mit den Akteuren des Wassersektors (Verbrauchern, politischen Entscheidungsträgern, Überwachungsbehörden, Wasserversorgern und Wasseranalyselaboratorien) gestärkt. So kann das bestehende Dienstleistungsangebot effektiver genutzt werden und der Ausbau sich stärker am steigenden Bedarf orientieren.

Erreicht wird dies durch Beratung, Ausbildung und Schulung von Personal, Organisation von Seminaren, Informations- und Fortbildungsveranstaltungen, Gerätebeschaffung und Aufbau von Laborinfrastrukturen sowie Unterstützung von Vergleichsmessungen und Ringvergleichen. Hierbei sind Fachleute aus verschiedenen PTB-Abteilungen involviert, aber auch externe Experten, wie z. B. Personal von Wasserversorgern.

Die Erfolgsbilanz der Zusammenarbeit lässt sich wie folgt belegen:

Das peruanische Metrologie-Institut verfügt inzwischen über ein Durchflusslabor, das Wasserzähler bis zu einer Nennweite von 150 mm bei Durchflüssen bis 120 m3/h mit internationaler Rückführung kalibrieren und Bauartzulassungen gemäß OIML R-49 durchführen kann. Mit diesen Kalibriermöglichkeiten können die Messunsicherheit der existierenden Wasserzähler über Jahre kontrolliert und so das Monitoring des Verbrauchs und der Verluste effektiver gestaltet sowie das Vertrauen in die Wasserabrechnung gestärkt werden. Bei einer Bauartzulassung wird geprüft, ob die Konstruktion und Beschaffenheit eines Wasserzählers den geltenden Vorschriften entsprechen. Eine Zulassung jedes einzelnen Wasserzählers ist mit einer erteilten Bauartzulassung nicht mehr erforderlich.

In Peru und in Bolivien bieten die Metrologie-Institute erste national hergestellte Referenzmaterialien zur Rückführung von Basisparametern der Trinkwasseranalytik an. Referenzmaterialien werden genutzt, um die Vertrauenswürdigkeit der Messungen und Analysen zu sichern. In Bolivien wurden mit Unterstützung der PTB 2010 und 2011 jeweils Ringvergleiche zur Trinkwasseranalytik mit über 50 teilnehmenden Laboratorien erfolgreich durchgeführt. Ringvergleiche ermöglichen den Laboratorien, einen Nachweis ihrer Kompetenz zu liefern oder eigene Schwachstellen zu erkennen. Dies und ein erweitertes Schulungsangebot haben dazu geführt, dass es in beiden Ländern mehr akkreditierte Wasserlaboratorien gibt.

Trotz der erreichten Fortschritte gibt es in beiden Ländern weiterhin große Schwierigkeiten auf dem Weg, einen möglichst großen Teil der Bevölkerung über 24 Stunden täglich mit qualitativ einwandfreiem Trinkwasser zu versorgen. Dabei spielen rückgeführte Messungen und vertrauenswürdige, über ein Qualitätsmanagementsystem abgesicherte Analysen selbstverständlich auch in Zukunft eine große Rolle.

Aus entwicklungspolitischer Sicht ist entscheidend, dass die Verbesserung der Qualität der Trinkwasserversorgung nachweislich direkt mit einer Verbesserung der Lebensqualität sowie einer Verringerung von Krankheiten und letztlich auch von Armut zusammenhängt. Außerdem wird die sinnvolle Nutzung der wertvollen Ressource Wasser sichergestellt. Denn neben den wirtschaftlichen Erfordernissen für die Versorgungsunternehmen ist im Falle beider Andenländer ein verantwortungsvoller Umgang mit Wasser angesichts abschmelzender Gletscher und geringerer Niederschläge eine immer größer werdende Herausforderung.

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Im Takt der Zeit

Auf der Suche nach interessanten Orten für besondere Konzerterlebnisse wurden die Niedersächsischen Musiktage des Jahres 2011 in der PTB fündig. Da die Musiktage in diesem Jahr unter dem Motto „Die Zeit“ standen, lag es nahe, an die PTB zu denken. Und so verwandelte sich das weitläufige Institutsgelände in Braunschweig am 24. September 2011 zu einem musikalischen Erlebnisparcours der besonderen Art. Das Publikum erlebte in einer langen Nacht sechs verschiedene Programmpunkte an unterschiedlichen Orten. Immer drehte sich dabei alles um das Phänomen der „Zeit“, angefangen von einem Live-Experiment zur eigenen Zeitwahrnehmung (bei unterschiedlich schnell „tickender“ Musik) über zehn Kürzestkompositionen für Saxophonquartett in der Länge des aktuellen 100-Meter- Weltrekords bis hin zum spanischen Ensemble „Companyia la tal“, das in Anlehnung an die Commedia dell’Arte ein Puppenspiel inmitten einer großen Uhr-Installation aufführte. Auch im Programm: 100 unterschiedlich schnell tickende Metronome, das Ensemble „Bach, Blech und Blues“ und der Chor „Ensemble Officium“ mit „zeitlos“-mittelalterlichen Gesängen, der an einem ganz besonderen Ort auftrat: in einem kathedralenartigen Raum des ehemaligen PTB-Forschungsreaktors. Insgesamt ein Abend, der allen Beteiligten und allen Gästen positiv im Gedächtnis (auch dies ein Zeiteffekt) bleiben wird.