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maßstäbe Heft 8: Innenansichten

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Physikalisch-Technische Bundesanstalt Braunschweig und Berlin
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Redakteure: Erika Schow (es), Jens Simon (jes, verantwortlich)
Grafik und Layout: Alberto Parra del Riego (alb)
Autoren: Birgit Ehlbeck, Julia Förster, Frank Frick, Nicole Geffert, Anne Hardy, Andrea Hoferichter, Ute Kehse, Uwe Reinermann, Brigitte Röthlein, Dörte Saße, Rainer Scharf
Redaktionsassistenz: Cornelia Land, Bernd Warnke
Redaktionspraktikanten: Mona Seydel, Sebastian Heise
Druck:
DruckVerlag Kettler, Bönen/Westf.
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Braunschweig, Oktober 2007

 

 

Vorwort

Die maßstäbe-Redaktion. Von links nach rechts: Alberto Parra del Riego, Erika Schow und Jens Simon
Die maßstäbe-Redaktion. Von links nach rechts: Alberto Parra del Riego, Erika Schow und Jens Simon

Liebe Leserin, lieber Leser,

da liegt es plötzlich – ein paar Tage vor der Zeit – vor einem: das Päckchen zum Geburtstag von der Tante aus Buxtehude, und nur zu gerne wüsste man, was drin steckt, was sich in der Schachtel, packpapierumwickelt und fest verschnürt, verbirgt. Für ein Buch, den Klassiker unter den Geschenken, ist das Päckchen zu groß und – nach einem ersten Abwägen in den Händen – zu leicht. Vielleicht einmal schütteln? Aber selbst hier ist kein verräterisches Signal zu hören. Oder hat es da nicht leise geklappert? Wahrscheinlich nichts als Einbildung. Ob man die Tante einfach mal anruft, über Gott und die Welt plaudert und darauf hofft, dass sie sich verplappert? Aber wie man die Tante (prinzipienfest) kennt, hat das eher keinen Zweck. Dann bliebe wohl nur der direkte Weg. Aber dieser ist natürlich durch die eigene Moral verstellt und durch die Tatsache, dass man die Schere in anderen Angelegenheiten schon gestern gesucht und nicht gefunden hat. Das Innere wird also noch eine Weile sein Geheimnis für sich behalten.

Bei einer ganz besonderen Sorte von „Päckchen“ gibt es jedoch ein paar Möglichkeiten, sich ein Bild vom Inneren zu verschaffen, ohne die Hülle zu zerstören. Diesen Möglichkeiten (aber auch den direkteren, Stichwort Schere) gehen die maßstäbe mit dieser Ausgabe nach und begeben sich auf die Suche nach den Innenansichten – den Innenansichten vom Menschen. Hierzu waren unsere Autorinnen und Autoren auf der Frühchenstation und im Röntgenlabor, haben eine radiologische Klinik in Jülich besucht und sich in der PTB in Berlin „in die Röhre“ schieben lassen, lagen bei der Psychiaterin auf der Couch und haben sich gar in die Rechtsmedizin gewagt. Herausgekommen sind Berichte und Reportagen über menschliche Innenansichten und die dafür notwendigen Werkzeuge von Ultraschall bis Skalpell, von Licht bis Sprache. Bei einigen, aber natürlich nicht bei allen dieser Werkzeuge werden Sie der PTB begegnen, denn die Medizin ist in vielen Fällen auch eine „messende Wissenschaft“.

Eine Innenansicht ganz anderer Art finden Sie wieder auf den letzten Seiten dieser maßstäbe – mit einer Auswahl Ihrer Leserbriefe und einer Nachlese zu unserem „Bettelbrief“ vom letzten Mal (an dieser Stelle schon vorab: herzlichen Dank!). Und damit diese, nämlich Ihre Innenansicht, eine Tradition wird, möchte ich Sie auch diesmal ermuntern, uns Ihre Meinung zu den maßstäben zu sagen.

Jetzt wünsche ich Ihnen im Namen der Redaktion viel Spaß bei den folgenden Seiten, die Sie durchblättern und schütteln und – natürlich – lesen können. Hoffentlich Letzteres mit Vergnügen.

Ihr Jens Simon

Ultraschall

Abbildung: GE Medical Systems / Science Photo Library
Abbildung: GE Medical Systems / Science Photo Library

Autorin: Erika Schow

Das ist doch Papas Nase! Und Mamas Stirn!– Für angehende Eltern ist es höchst faszinierend, ihr Baby schon lange vor der Geburt auf einem 4D-Ultraschallbild zu sehen. Aber natürlich steht der medizinische Nutzen im Vordergrund: Ist alles okay, sind keine Organschäden zu sehen? Braucht das Kind womöglich sogar eine Operation schon vor der Geburt? Wenn ja: Auch da würde wieder  der Ultraschall helfen, diese altbewährte Technik, mit unhörbar hohen Schallwellen gefahrlos in den Körper hineinzuschauen. Darum ist Ultraschall das häufigste unter all den Verfahren, mit denen sich Innenansichten des Menschen erzeugen lassen.

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Bilder und Schall

Abbildung: Simuliertes Schallfeld. Simulation von J. A. Jensen, TU of Denmark
Abbildung: Simuliertes Schallfeld. Simulation von J. A. Jensen, TU of Denmark

Autorin: Ute Kehse

Gerade in den letzten Jahren hat die Technik rund um die faszinierende Art der Bilderzeugung,die die Forscher letztlich den Fledermäusen abgeguckt haben, die Ultraschall-Diagnostik, einen ungeheuren Sprung nach vorne gemacht. PTB-Forscher sind mittendrin.

Es war im Jahr 1965, als die Ultraschallbilder von Ungeborenen laufen lernten. In diesem Jahr zeigte das erste Gerät Aufnahmen aus dem Bauch von Schwangeren ohne zeitliche Verzögerung als Schwarzweißbild auf einem Monitor. Jetzt konnten Arzt und Mutter sehen, ob und wie sich das Kind bewegte und ob es sich zeitgerecht entwickelt hatte. Mit der Echtzeit-Sonographie brach das endgültige Ende der Röntgenuntersuchungen von Schwangeren an, die in den Sechzigerjahren noch an der Tagesordnung waren. Der Ultraschall hat gleich zwei entscheidende Vorteile: Er kommt ohne Strahlenbelastung aus und liefert nicht nur Standbilder, sondern einen Life-Film aus dem Inneren des Körpers. „Mittlerweile hat Ultraschall das Röntgen auch in den meisten anderen Bereichen der Medizin überholt“, berichtet Christian Koch, Leiter des Fachbereichs Schall in der PTB. Aus gutem Grund: „Die Sonographie ist ein schonendes, schnelles, genaues und sicheres Verfahren“, fasst der Physiker die Vorteile zusammen.

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Viele Kabel – und ein ganz bisschen Kind

Fotos: Wüsthof / Böning: Früh geboren, Urban & Fischer bei Elsevier (2005)
Fotos: Wüsthof / Böning: Früh geboren, Urban & Fischer bei Elsevier (2005)

Autorin: Erika Schow

Wenn ein Kind zwei oder gar drei Monate vor dem errechneten Geburtstermin auf die Welt kommt, dann liegt es plötzlich völlig schutzlos da. Selbst die Haut ist bei extremen Frühchen noch so dünn, dass man geradezu in den Körper hineinsehen kann. Eine Innenansicht der ganz eigenen Art, ganz ohne Hilfsmittel. Aber natürlich sind gerade diese winzigen Patienten auf perfekt funktionierende Messgeräte angewiesen.

Dieses Piepen! Noch bevor ich die Frühchen-Intensivstation im Klinikum Braunschweig betrete, höre ich diesen Ton, der mich ab nun bis in den Schlaf hinein verfolgen wird. Und ich ahne, dass die Welt hier anders ist, von Technik beherrscht. Fast bin ich erstaunt, dass es trotzdem von Menschen wimmelt; Schwestern in grünen Kitteln eilen durch den engen Flur...

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Licht

Abbildung: PTB
Abbildung: PTB

Autorin: Erika Schow

Wer etwas im Dunkeln Liegendes besser sehen will, der nimmt am besten Licht zu Hilfe. Das funktioniert bei einem dunklen Raum, aber erstaunlicherweise auch beim menschlichen Körper, dessen äußere Hülle doch nahezu lichtundurchlässig ist. Aber Wärme gelangt ziemlich weit hinein. Und da der Übergang vom sichtbaren Licht zum „wärmenden Licht“fließend ist, muss man sich nur die passende Licht-Wellenlänge wählen, dazu ein ausgefeiltes Messgerät – und siehe da, sichtbar wird zum Beispiel, dass diese Hand hier krank ist. Der Patient leidet unter Rheuma; die Entzündungsherde haben die Lichtdurchlässigkeit des Gewebes verändert. Die optischen Verfahren, mit denen sich vieles sichtbar machen lässt (von einzelnen Molekülen bis hin zu großflächigen Gewebeveränderungen), könnten einmal eine wirkliche Alternative zu Röntgenuntersuchungen sein und beispielsweise bei der Diagnose von Brustkrebs mehr Licht in ein immer noch dunkles Kapitel der menschlichen Gesundheit bringen. 

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Photonen, Phantome und leuchtende Mäuse

Sie spielen eine Hauptrolle: die roten Blutkörperchen, deren Hämoglobin das Licht absorbiert.
Abbildung: Andrew Syred / Science Photo Librar
Sie spielen eine Hauptrolle: die roten Blutkörperchen, deren Hämoglobin das Licht absorbiert.
Abbildung: Andrew Syred / Science Photo Librar

Autorin: Andrea Hoferichter

Einige der faszinierenden Eigenschaften von Licht lassen sich nutzen, um völlig unblutig und ohne schädliche Strahlung Krebs, Rheuma und anderen Krankheiten auf die Schliche zu kommen – und manchmal sogar deutlich früher als bei anderen Diagnosemethoden.

Wenn es dunkel wird, geht es auf Kindergeburtstagen meistens hoch her. Ein besonderer Partykracher: Sich mit einer Taschenlampe in den Mund leuchten. Das gibt einen tollen Gruseleffekt, weil die Wangen dann gespenstisch hellrot leuchten. Der Spaß ist zudem pädagogisch wertvoll, illustriert er doch sehr anschaulich ein physikalisch komplexes Phänomen.

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Röntgenstrahlen

Abbildung: Gustoimages / Science Photo Library
Abbildung: Gustoimages / Science Photo Library

Autorin: Erika Schow

Man nehme: Elektronen. Man löse sie aus einer Glühwendel (Kathode) und beschleunige sie mit Hilfe einer starken Spannung. Die Elektronen sausen zur gegenüberliegenden Anode und treffen dort mit solcher Wucht auf, dass durch das abrupte Bremsen eine erste Form von Röntgenstrahlung entsteht– Bremsstrahlung. Außerdem schlagen sie aus dem Anodenmaterial Elektronen heraus. Die Löcher werden aus anderen Enrgieniveaus wieder aufgefüllt, wobei Energie frei wird– die charakteristische Röntgenstrahlung. Beide Sorten von Röntgenstrahlen durchdringen den menschlichen Körper, allerdings die harten Bereiche wesentlich schlechter als die weichen. Man lasse sie sodann auf einen Film treffen, der sich umso stärker schwärzt, je mehr Stahlen ihn treffen. Man erhalte: einfaszinierendes Röntgenbild. Dieses hier zeigt eine gesunde Lunge.

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Die dunkleren Schatten der Handknochen

Vielleicht die berühmteste aller Röntgenaufnahmen: Die Hand von Röntgens Frau mit Ring – die erste Röntgenaufnahme eines Menschen. Röntgen machte sie kurz nach seiner Entdeckung der geheimnisvollen X-Strahlen.
Abbildung: Wilhelm Roentgen / Science Photo Library
Vielleicht die berühmteste aller Röntgenaufnahmen: Die Hand von Röntgens Frau mit Ring – die erste Röntgenaufnahme eines Menschen. Röntgen machte sie kurz nach seiner Entdeckung der geheimnisvollen X-Strahlen.
Abbildung: Wilhelm Roentgen / Science Photo Library

Autorin: Anne Hardy

Wie Röntgens X-Strahlen die medizinische Diagnostik revolutionierten

Zeit seines Lebens hat sich Wilhelm Conrad Röntgen darüber ausgeschwiegen, wie er seine bahnbrechende Entdeckung machte. Einem hartnäckigen englischen Journalisten gab er lediglich preis, dass sich die entscheidenden Versuche in der Nacht des 8. November 1895 ereignet hatten. In seinem Labor an der Universität Würzburg hatte der Physikprofessor bereits seit über einem Jahr mit einer Gasentladungsröhre experimentiert. Das war eine leergepumpte Glasröhre, in deren beiden Enden eine Elektrode eingeschmolzen war. Solche Röhren waren damals allseits beliebt, weil darin, sobald man sie an eine Hochspannungsquelle anschloss, geheimnisvolle Leuchterscheinungen auftraten. Phänomene, die sogar im Variété-Theater vorgeführt und von einer Hamburger Firma zur Verschönerung der Villen an Alster und Elbe angeboten wurden...

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Mit 1000 Röntgenaugen ins Herz geschaut

CT-Aufnahme eines kranken Herzens. Man erkennt zwei Stents. Das sind kleine Stützröhrchen, die in verengte und dann vom Arzt mit einem Ballon aufgeweitete Blutgefäße geschoben werden, um sie für längere Zeit offen zu halten.
Abbildung: Erasmus University Medical Center Rotterdam / Siemens Medical Solutions
CT-Aufnahme eines kranken Herzens. Man erkennt zwei Stents. Das sind kleine Stützröhrchen, die in verengte und dann vom Arzt mit einem Ballon aufgeweitete Blutgefäße geschoben werden, um sie für längere Zeit offen zu halten.
Abbildung: Erasmus University Medical Center Rotterdam / Siemens Medical Solutions

Autor: Rainer Scharf

Es ist Freitagmorgen in einer Uniklinik im Rheinland. „So, jetzt nehme ich mal die Knochen weg. Dann haben wir einen besseren Blick auf die inneren Organe.“ Mit einem Knopfdruck legt Assistenzarzt Bernd Schütte* das Innere eines menschlichen Brustkorbes frei. Man sieht das Herz und die Aorta des Patienten. Wir schauen uns das Herz genauer an. Der Arzt weist auf ein verengtes Blutgefäß hin: Deutlich erkennt man ein millimetergroßes Hindernis, das an der Innenwand des Gefäßes sitzt. Dann macht Schütte noch einen Schnitt mitten durch das Herz. Im Herzmuskel hat sich eine winzige Ablagerung gebildet. Bei dieser Untersuchung fließt kein einziger Tropfen Blut, und auch der Patient ist wohlauf. Wir haben uns auf einem Computerbildschirm ein virtuelles dreidimensionales Bild seines Körpers angeschaut. Es beruht auf Daten, die mit einem Computertomographen gewonnen wurden...

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Radioaktivität

Abbildung: CNRI / Science Photo Library
Abbildung: CNRI / Science Photo Library

Autor: Jens Simon

Von den alten Griechen lässt sich einiges lernen. Und so ist die Geschichte vom Trojanischen Pferd auch heute noch ein Erfolgsmodell– etwa in der Medizin. Allerdings sind die Holzpferde hier nicht aus Holz und Pferde sind sie eigentlich auch nicht. Aber das Prinzip ist dennoch sehr ähnlich: Dem Patienten wird eine Substanz injiziert, die der Körper „als Freund“ identifiziert, nicht ahnend, dass sich an den eingeschleusten Molekülen radioaktive Substanzen befinden. Diese radioaktiven Marker, so der Medizinerslang, heften sich etwa an Krebszellen, zerfallen irgendwann und der Mensch strahlt von innen heraus.

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Lass leuchten!

Der Hirntumor dieses Patienten stellt sich mit der PET-Aufnahmetechnik ganz anders dar als mit der Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT). Im PET-Bild zeigt eine Rotfärbung, wo sich der FET-Tracer im Tumorgewebe angereichert hat. 
Abbildung: Forschungszentrum Jülich
Der Hirntumor dieses Patienten stellt sich mit der PET-Aufnahmetechnik ganz anders dar als mit der Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT). Im PET-Bild zeigt eine Rotfärbung, wo sich der FET-Tracer im Tumorgewebe angereichert hat.
Abbildung: Forschungszentrum Jülich

Autor: Jens Simon

Im Blitzlichtgewitter der Positronen

Auf den Fluren dieser Station zeigt die Wanduhr dem Besucher, dass die Zeit wie gewohnt fortschreitet. Andernfalls, ohne Uhr, könnte er das Gefühl bekommen, sich in ein Standbild verirrt zu haben, denn es passiert: nichts. Würde nicht gelegentlich eine Schwester über den Gang laufen, käme der Besucher auch gar nicht auf den Gedanken, sich mitten in einem Klinikbetrieb zu befinden. „Unsere Patienten haben striktes Ausgeh- und Besuchsverbot“, sagt Konstantin Kley, Oberarzt in der Nuklearmedizinischen Klinik auf dem Gelände des Forschungszentrums Jülich, und zeigt auf die verschlossenen Krankenzimmer. „Erst wenn die Aktivitäten weit abgeklungen sind, lassen wir sie aus ihren Zimmern wieder raus.“ Denn jeder Kranke auf dieser Station strahlt. Jeder von ihnen hat ein radioaktives Präparat geschluckt oder hat es injiziert bekommen, um den Tumor in seiner Schilddrüse, die Metastasen in seinen Knochen oder die rheumatischen Beschwerden in seinen Knien zu bekämpfen. Die konkrete Aufgabe der radioaktiven Substanzen etwa bei einem Krebspatienten: Sie sollen sich im Tumor oder um ihn herum ansammeln, damit die radioaktiven Zerfallsprodukte die bösartigen Zellen in ihrer Nachbarschaft zerstören oder zumindest akute Schmerzen lindern. Während dieser Teil der Strahlung, meistens Beta-Strahlung, den Körper nicht mehr verlässt, sondern von den Zellen absorbiert wird, rast ein anderer Teil der Strahlung, die so genannte Gamma-Strahlung, weitgehend ungestört durch den Körper und gelangt nach außen. Erst wenn dieser Strahlungsanteil soweit abgeklungen ist, dass ein gesetzlich vorgeschriebener Schwellenwert unterschritten wird, kann der Patient sich wieder frei bewegen. Bei Schilddrüsenpatienten, die ein Radiojodpräparat mit dem radioaktiven Isotop Iod-131 bekommen, dauert der stationäre Aufenthalt in der Regel etwa eine Woche...

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Magnetfeld

Abbildung: PTB
Abbildung: PTB

Autor: Jens Simon

Für zwanzig oder dreißig Minuten heißt es: Nicht bewegen! Und das Presslufthammergeräusch in dieser engen Tonne aushalten, das die Untersuchung begleitet. Ansonsten spürt der Patient (in diesem Fall: der Redakteur als Testperson) bei einer Kernspintomographie oder Magnetresonanztomographie, wie es synonym heißt, nichts. Denn der Mensch besitzt kein Sinnesorgan für Magnetfelder. Und Magnetfelder sind es, mit denen Schichtbilder wie diese hier erzeugt werden. Jedes einzelne Bild ist ein Schnitt durch das untersuchte Organ. Dieses Hirn sieht – und der Redakteur atmet auf – normal aus.

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Das Observatorium der Hirnforscher

Patient „in der Röhre“ eines Kernspintomographen
Foto: Alexander Tsiaras / Science Photo Library
Patient „in der Röhre“ eines Kernspintomographen
Foto: Alexander Tsiaras / Science Photo Library

Autorin: Brigitte Röthlein

In ihrem äußeren Erscheinungsbild und ihrem Auftreten könnten Malek Bajbouj und Jürgen Gallinat kaum unterschiedlicher sein: Schwarzgelockt, südländisch, mit bezirzend sanfter Stimme der eine; hellblond, glatthaarig, energisch und resolut der andere. Dennoch haben sie das gleiche Ziel: Die beiden Ärzte an der Berliner Charité wollen ergründen, was im Kopf von psychisch gestörten Menschen vor sich geht, und beide versuchen es auf die gleiche Weise. Sie benutzen magnetische Felder, um in das menschliche Gehirn zu schauen. Um die aufwändige Technik hierzu kümmern sich Wissenschaftler des Instituts Berlin der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB). Auf dem idyllischen Campus mitten in der Bundeshauptstadt steht zwischen Alt- und Neubauten das so genannte Observatorium, in dem allerdings nie die Sterne, sondern – durch Experimente – schon immer die Natur beobachtet wurde. Anfangs – der Vorläufer der PTB wurde vor 120 Jahren gegründet– galt dieses Interesse allein der unbelebten Welt der reinen Physik, seit etlichen Jahren dringt aber der Blick auch ins Innere des lebenden Menschen...

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Signale aus dem Gehirn

Welche Emotionen spiegeln sich in den Gesichtern? Borderline-Patientinnen haben Schwierigkeiten, diese Frage zu beantworten. Die Schwarzweiß-Fotos, die bei diesen Untersuchungen benutzt werden, die „Pictures of Facial Affects“, sind standardisiert und seit Jahrzehnten im Einsatz.
Fotos: Paul Ekman Group
Welche Emotionen spiegeln sich in den Gesichtern? Borderline-Patientinnen haben Schwierigkeiten, diese Frage zu beantworten. Die Schwarzweiß-Fotos, die bei diesen Untersuchungen benutzt werden, die „Pictures of Facial Affects“, sind standardisiert und seit Jahrzehnten im Einsatz.
Fotos: Paul Ekman Group

Autor: Frank Frick

Magnetische Felder, millionenfach schwächer als das der Erde, verraten einiges über Persönlichkeitsstörungen und die menschliche Wahrnehmung.

Hochempfindliche Messsonden werden in den nächsten Stunden registrieren, wie Sabines Gehirn auf Bilder von traurigen, wütenden oder ängstlichen Gesichtern reagiert. Sabine ist auf die Situation in der kargen Messkammer vorbereitet. Im Gepäck hat sie unter anderem Chilischoten und kleine Fläschchen mit Ammoniak und Pfefferminzöl. „Skills“ nennt sie die ungewöhnlichen Utensilien, die ihr helfen, extreme Anspannung zu überstehen – eine Anspannung, die häufig mit dem Drang verbunden ist, sich selbst Schnittwunden zuzufügen. Denn Sabine ist Borderline-Patientin. Die Skills aktivieren starke Sinnesreize und ermöglichen so, dass Sabine im Stresszustand ihre Anspannung reguliert. Den Umgang mit den Skills hat sie während der zurückliegenden Wochen in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Berliner Charité erlernt und trainiert...

 

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Sprache

Abbildung: http://ar.geocities.com/test_de_rorschach/
Abbildung: http://ar.geocities.com/test_de_rorschach/

Autor: Jens Simon

Manchmal weiß das Ich auf die Frage „Wie geht es Dir?“ zu antworten. Denn wie es innen aussieht, kann ja niemand anders besser beurteilen als derjenige, dem das Innere gehört. Manchmal jedoch ist auch das Ich ratlos und stöbert im eigenen Nebel. Dann sind die Psychologen und Analytiker gefragt, die in ihrer Werkzeugkiste vielleicht das eine oder andere Instrument finden, mit dem sich das Ich freilegen lässt. Früher gehörten zu diesen Werkzeugen– vor allem bei Psychoanalytikern der Freudschen Schule – solche Tintenklecksbilder (Rorschach-Test). Die Patienten oder Testpersonen mussten bei diesem Test aufschreiben, was sie in den Bildern (insgesamt gab es 10 solcher Tafeln) sehen.

 

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Innen: eine andere Welt

Alexander Kosinski, 16 Jahre
Alexander Kosinski, 16 Jahre

Autorin: Julia Förster

Die vier Hauptdarsteller dieses Kapitels werden nicht in Röhren geschoben, nicht bestrahlt, nicht vermessen. Dabei gibt es bei ihnen durchaus überraschende Innenansichten zu entdecken. Doch weder das elektromagnetische Spektrum noch sonstige physikalische Werkzeuge weisen einen Weg dorthin. Überhaupt ist der Weg nach innen schwierig. Fangen wir an mit der Oberfläche.

Julian Mill, 5, spielt im Kindergarten „Raupe“. Er hat sich unter ein grünes Tuch verkrochen und robbt über den Teppich. Jetzt wickelt er sich aus dem Tuch, grinst süß, schaut verschmitzt und erklärt: „Ich will mich wieder als Raupe verstecken.“ Sein Blondschopf verschwindet, die Raupe kriecht weiter...

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Die Stunde des Analysanden

Grafik: alb / PTB
Grafik: alb / PTB

Autor: Uwe Reinermann

Ich musste kurz eingenickt sein. Ich lag auf der Couch. Es war einlullend warm und bequem, nicht so nebelkalt wie auf Freuds west-östlichem Diwan im Londoner Exil. Probeliegen, fiel mir ein, doch brauchte ich eine Weile, bis mir klar wurde, dass ich nicht im Möbelgeschäft war. Das kommt davon, wenn man als Zeitungsleser immer von diesen Prospekten molestiert wird. Schräg hinter mir summte sanft die Stimme der Psychoanalytikerin, denn eigentlich war sie es, die erzählte, und jetzt wusste ich auch wieder, was ich hier wollte. Es war schwer genug gewesen, eine ausgewiesene Therapeutin der Fachrichtung Psychoanalyse aufzutreiben. Sicher, man hätte einfach bei seiner Krankenkasse nachfragen können, schließlich ist seit 1999 Psychoanalytiker ein geschützter Beruf. Aber als Scheinpatient?..

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Skalpell

Autor: Jens Simon

Wer wissen will, was drin steckt, kann einen direkten Weg einschlagen: aufmachen und nachschauen. Dies gilt allgemein für Schachteln, Dosen, Schubfächer und Behältnisse aller Art. Und im Besonderen gilt dies natürlich für den menschlichen Körper, dessen Inneres vom Äußeren nur durch eine dünne Schicht Haut getrennt ist. Wer diese Grenzschicht öffnet und den Menschen offen legt, sieht eine neue Welt.

Auch Leonardo da Vinci (1452-1519) griff zum Skalpell und danach zur Feder. In dieser anatomischen Studie zeigt er die Organe des weiblichen Körpers.

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Der große Schnitt

Foto: okerland-archiv, Grafik: alb / PTB
Foto: okerland-archiv, Grafik: alb / PTB

Autorin: Dörte Sasse

Er erinnert mich ein bisschen an Opa. Ein freundlich wirkender alter Herr im Schlafanzug, wirre dünne dunkle Haare, wie nach dem Baden. 1938 geboren, ein Kriegskind. Er ist in seinem Bett gestorben. Wird hereingefahren auf einem Edelstahlwagen und auf den Seziertisch gehoben. Da wirkt er wie eine große Plastikpuppe – die Totenstarre löst sich ja erst nach einigen Tagen, wenn die Verwesung einsetzt. Ein abstoßender Gedanke? Riechen tut es hier bisher jedenfalls nur aseptisch und ein bisschen süßlich. Diese Leiche ist noch „relativ frisch“.

Und dann geht‘s los: Die Rechtsmedizin schreitet zur Tat, in Gestalt von zwei Ärzten und einem Präparator in grünen Kitteln. Sie zeigen Routine – Außenbeschau, Innenbeschau, Zunähen und Dokumentieren. Am Diktiergerät zunächst: Der Oberarzt Detlef Günther spricht ununterbrochen samt „Komma“ und „Punkt“, um das Auffällige und Unauffällige am nackten Körper auf Band festzuhalten...

 

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Beim Betrachten von Tante Wandas Schädel

Fotos: Alberto Parra del Riego / PTB
Fotos: Alberto Parra del Riego / PTB

Autorin: Birgit Ehlbeck

Womit kann man heute noch seine Gäste beeindrucken? Da muss man sich schon etwas einfallen lassen, denn mit einer ausgefallenen Rezeptsammlung kann ich nun leider wirklich nicht prahlen. Was mich rettet, ist meine Aprikosen-Sahne-Torte mit Walnüssen. Die mache ich gerne und sie kommt bei Kaffeekränzchen und Geburtstagsfeiern auch immer sehr gut an. Als ich sie neulich mal machen wollte, (was war noch gleich der Anlass?) fehlten mir leider die dringend erforderlichen Walnüsse. Normalerweise nehme ich ja gehackte in kleinen Tüten, aber dieses Mal war ich in einem Geschäft, in dem ich nur selten einkaufe und – kurz – es gab nur ganze Hälften in kleinen Tüten. Ich nahm eine der Tüten in die Hand und mir wurde sofort klar, dass ich meine Torte mit ganzen Walnusshälften noch eine Nuance verbessern könnte. Sie würde perfekt sein...

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Das Letzte

Bettwanze unter dem Rasterelektronenmikroskop
Abbildung: David Scharf / Science Photo Library
Bettwanze unter dem Rasterelektronenmikroskop
Abbildung: David Scharf / Science Photo Library

Autorin: Erika Schow 

Wanzen sind aufdringliche Tiere. Denken Sie nur an die klassischen Bettwanzen, die früher in jedem schlechten Hotel zu finden waren. So ein hinterlistiges Exemplar konnte, in der Matratze oder hinter einer Tapete verborgen, wochenlang auf sein Opfer warten, um dann unversehens zuzuschlagen. Eine geschlagene Woche juckte es dann, und wenn man Pech hatte, gab es eine Hepatitis-Infektion gratis dazu. Kein Wunder, dass Wanzen insgesamt unbeliebt sind. Das gilt nicht nur, Ungerechtigkeit regiert die Welt, für all die harmlosen, Pflanzensaft-saugenden Verwandten der kleine Tiere, sondern erst recht für ihre vielen elektronischen Varianten. Egal ob sie die Besprechung einer Terrorgruppe mitschneiden helfen oder doch nur ein Video des heimlichen Techtelmechtels im Bett liefern – Wanzen sind, außer bei Innenministern und misstrauischen Ehepartnern, in der Bevölkerung nicht gern gesehen...

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