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Schnurrende Motoren dank exzellenter Messtechnik

Weltweit erster Mikrotaster für dreidimensionale Strukturen unterhalb von zehntel Millimetern entwickelt – fruchtbare Kooperation von PTB und Industrie

18.12.2008

Wenn das Auto gleichmäßig schnurrt und uns in diesen Tagen verlässlich zur Weihnachtsfeier bringt, liegt das am Zusammenspiel kleinster Teilchen im Motor - zu ihnen gehört beispielsweise die Einspritzdüse, deren Öffnung einen Durchmesser von etwa einem zehntel Millimeter hat. Bei der Herstellung entscheiden tausendstel Millimeter über ihre fehlerlose Funktion. Solch kleine Abmessungen lassen sich in Koordinatenmessgeräten nur mit speziellen Mikrotastern messen, die sich am besten entwickeln lassen, wenn Forschung und Industrie eng zusammen arbeiten. Ein Mikrotaster für zweidimensionale Strukturen wurde bereits vor mehreren Jahren in Zusammenarbeit zwischen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) und der Werth-Messtechnik GmbH entwickelt und ist heute in größerer Zahl im industriellen Einsatz. In mehrjähriger Arbeit ist nun ein Mikrotaster entwickelt worden, der dreidimensionale Strukturen an Mikrobauteilen, die kleiner als ein zehntel Millimeter sind, taktil abtasten kann - eine weltweit bisher einmalige Entwicklung.

Fasertaster mit Bemaßung: Das Kamerabild des 3D-Fasertasters zeigt die Tastspitze als leuchtenden Punkt innerhalb einer Bohrung. Die Tastkugel hat mit 60 Mikrometern in etwa den Durchmesser eines Haares.

Fasertaster mit Zahnrad: In der Mitte des Bildes ist der gebogene Fasertaster mit der kugelförmigen Spitze zu sehen. In der Detailansicht lässt sich gut erkennen, wie die Tastkugel die Flanken eines Mikrozahnrades abtastet, das im Durchmesser nicht einmal einen halben Millimeter misst.

In vielen Industriebereichen werden immer mehr kleinste Bauteile eingesetzt, viele von ihnen sind deutlich kleiner als ein Millimeter und mit dem bloßen Auge kaum noch zu erkennen. Sie müssen so exakt gefertigt werden, dass sie nicht mehr als einige tausendstel Millimeter von der vorgeschriebenen Form abweichen. Der nun entwickelte Mikrotaster ermöglicht in Verbindung mit einem hochgenauen Koordinatenmessgerät erstmals neben der zweidimensionalen Erfassung und Überprüfung des Bauteils auch die dreidimensionale: Eine kleine Kugel am Ende einer gebogenen Glasfaser ertastet die Oberfläche eines Bauteils. Wird der Taster durch die Berührung des Werkstücks ausgelenkt, erfasst dies eine Kamera. Um auch die Tiefen und Höhen des Bauteils erfassen zu können, haben die Ingenieure Dr. Ulrich Neuschaefer-Rube und Mark Wissmann als Lichtquelle eine Laserdiode eingesetzt. Sie erzeugt auf der Kamera ein so genanntes Specklemuster, aus dem sich die dreidimensionale Position der Tastkugel bestimmen lässt.

Die enge Zusammenarbeit der PTB mit der Werth-Messtechnik GmbH, die zur Entwicklung des 3D-Fasertasters führte, nahm von zehn Jahren ihren Anfang, als die PTB 1998 mit ersten Fasertastern experimentierte. Damals erkannte die Firma Werth die zukünftige industrielle Bedeutung solcher Mikrotaster für Koordinatenmessgeräte (heute sind etwa 25 000 verschiedenste Koordinatengeräte in Deutschland im Einsatz) und wurde Projektpartner. Seither profitieren die Mitarbeiter des Projektes voneinander, denn nun addieren sich die Forschungsleistung und das "Gütesiegel" der PTB mit dem Know-how für die technische Umsetzung bei der Firma Werth. Vorläufiger Höhepunkt der Kooperation ist der 3D-Mikrotaster - mit einem Tastkugelradius von weniger als einem zehntel Millimeter - in dem 1,5 Tonnen schweren und vollständig luftgelagerten Koordinatenmessgerät VideoCheck. Doch beide Partner wollen auch zukünftig an der Zusammenarbeit festhalten.

Die Koordinatenmesstechnik in der PTB umfasst heute Messungen von Strukturgrößen von unter 0,1 Millimeter bis zu über 100 Meter. Beispiele für kleinste Bauteile sind neben den erwähnten Einspritzsystemen auch MEMS (MEMS sind Kombination von mechanischen Elementen und elektronischen Schaltungen) oder Bauteile für die Nachrichtentechnik. Auf der anderen Seite des Spektrums stehen die Messung ganzer Flugzeugrümpfe, aber auch von Satelliten, Antennen,Teleskopen und Teilen von Windkraftanlagen.

Ansprechpartner in der PTB
Dr. Frank Härtig, Fachbereich 5.3 Koordinatenmesstechnik,
Tel. (0531) 592-5300,
E-Mail: frank.haertig(at)ptb.de

Dr. Ulrich Neuschaefer-Rube, Fachbereich 5.34 Multisensor-Koordinatenmesstechnik,
Tel. (0531) 592-5311,
E-Mail: ulrich.neuschaefer-rube(at)ptb.de