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Wenn der Schlitten aus der Bahn gerät

15.03.2000

Neuer Sensor überwacht Abweichungen von der geradlinigen Bewegung

Ähnlich wie ein fahrendes Schiff kann auch der Teil einer Maschine, der eine geradlinige Bewegung ausführen muss, ein Schlitten, ins Rollen geraten: Wenn seine Führung nicht genau genug ist, schwankt er um seine Längsachse. Um diesen so genannten Roll-Fehler zu messen, ist in der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) ein neuartiger Sensor entwickelt worden. Er arbeitet mit einem Laserstrahl, also ohne jede Berührung, und ist weitaus genauer als bisherige Verfahren. Die PTB stellt den neuen Sensor, der große Fehler, beispielsweise bei Hobelmaschinen, aber vor allem auch sehr kleine Abweichungen bei Präzisionsarbeiten im Hochtechnologiebereich messen kann, auf der Hannover-Messe (20. bis 25. März 2000) vor.

Optische Messverfahren setzen sich immer mehr durch. Ihr großer Vorteil gegenüber mechanischen Verfahren: Sie können den zu überprüfenden Prozess sozusagen von außen betrachten; das Messobjekt wird nicht berührt und damit auch nicht verändert.

Der in der PTB entwickelte optoelektronische Sensor bedient sich der Eigenschaften von polarisiertem Licht: Stellt man einen Polarisator hinein, dann lässt dieser nur Licht einer bestimmten Schwingungsrichtung durch. Wenn sich die Schwingungsrichtung dreht, dann gelangt weniger oder gar kein Licht hindurch. „Bei unserem Sensor wird das Licht eines Lasers zunächst polarisiert“, erklärt Dr. Michael Schulz, einer der Entwickler. „Es trifft dann auf einen zweiten Polarisator, der auf dem Schlitten mitfährt und zunächst so eingestellt ist, dass kein Licht durchkommen dürfte. Kommt dennoch Licht durch, dann wissen wir: Das zu prüfende Gerät hat einen Roll-Fehler produziert.“ Dann hat sich der Schlitten, der eigentlich eine unverdrehte Bewegung ausführen müsste, um seine Längsachse gedreht ‑ und der Polarisator, der quasi huckepack darauf sitzt, mit ihm.

Ein großer Vorteil dieses Verfahrens liegt darin, dass sich die Eigenschaften von polarisiertem Licht auch über weite Strecken nicht ändern. Daher ist der Sensor in der Lage, Messungen über beliebig lange Strecken auszuführen. Außerdem hat er einen extrem großen Einsatzbereich: Er reicht von Abweichungen, die man mit dem bloßen Auge sehen kann, bis hin zu Größenordnungen, die im Hochtechnologiebereich eine Rolle spielen. „Hier finden wir das wichtigste Einsatzfeld des neuen Sensors“, erklärt Schulz.

Für solche Anwendungen ist auch eine neue Ultrapräzisionsapparatur gedacht, die er und seine Kollegen entwickelt haben und die den neuen Sensor als ein wichtiges Bauteil enthält. Dieses Gerät misst die Form bestimmter Oberflächen, die in optischen Systemen eingesetzt werden, und zwar äußerst genau ‑ mit einer Höhenauflösung in der Größenordnung eines Atomdurchmessers.

Aber auch ganz normale Werkzeugmaschinen könnten durch die neue Messtechnik verbessert werden. „Für Handwerker, beispielsweise Tischler, die mit Hobelmaschinen arbeiten, wird unser Sensor sicher nicht interessant“, meint Schulz. „Wohl aber für Firmen, die solche Maschinen für Tischlereien herstellen.“

Weitere Informationen:
Auf der Hannover-Messe (20.-25.3.2000)
Stand der PTB (Halle 18, Stand B 020,
Telefon auf der Messe: (0511) 89-438 04)

Dr. Michael Schulz, Telefon: (05 31) 592-4211, E-Mail: michael.schulz(at)ptb.de
Dipl.-Ing. Andreas Fricke, Telefon: (05 31) 592-4213, E-Mail:andreas.fricke(at)ptb.de
Fachlaboratorium „Bildoptik und Spektrometrie“