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Referenzmaterialien und Referenzstrukturen

Die hochentwickelte Fertigung nanotechnologischer Bauelemente und -materialien in Industrie oder Forschung & Entwicklung benötigt die verschiedensten nanometrologischen Messsysteme. Um diese Messsysteme zu kalibrieren und damit die Fertigungspräzision sicherzustellen und um die Rückführbarkeit und Vergleichbarkeit der angewendeten Messverfahren gewährleisten zu können, werden Referenzmaterialien benötigt. Sie können aus geordneten oder ungeordneten Nanostrukturen bestehen. Für ihre Herstellung gibt es zwei Ansätze: Top- Down und Bottom-Up. Bei der Top-Down-Methode wird aus einer Ausgangsstruktur Material abgetragen, bis die gewünschte Struktur erreicht ist. Bei der Bottom-Up-Methode werden durch chemische Synthese Nanopartikel oder durch Selbstorganisation Nanostrukturen gezielt hergestellt.

Silber-Nanopartikel
Silber-Nanopartikel

Ungeordnete Referenzmaterialien mit Bottom-Up
Die kontrollierte Herstellung von Referenzmaterialien mit einem eng spezifizierten, charakteristischen Merkmal, wie etwa der Breite einer Größenverteilung, ist eine große Herausforderung. Daher gibt es zurzeit einen großen Mangel an verfügbaren, anwendungsnahen Referenzmaterialien für die Kalibrierung der Messinstrumente.

Pyramidenförmige 3D-Referenzstruktur
Pyramidenförmige 3D-Referenzstruktur

Geordnete Referenzstrukturen mit Top-Down
Diese Strukturen werden in der PTB mit verschiedenen Methoden hergestellt: vor allem mit der Elektronenstrahllithografie (Reinraumzentrum), der Ultrapräzisionsbearbeitung (Wissenschaftlicher Gerätebau) und dem Fokussierten Ionenstrahlätzen in Kombination mit der Rasterelektronenmikroskopie (Laboratory for Emerging Nanometrology, LENA). Entwickelt werden damit so unterschiedliche Dinge wie dielektrische Oberflächen für die hochauflösende Interferometrie, nanostrukturierte Präzisionsoberflächen auf Wafer- oder Photomaskensubstraten (in verschiedensten Materialkombinationen), Strukturdesigns und -größenbereiche für die optische Nanometrologie, kristalline Si- und GaN-Mikro- und Nanostrukturen als Referenz für nanomechanische Charakterisierungsmethoden und Gold-EUV-Photomasken-Normale. Diese werden auch mithilfe der verschiedensten Messverfahren kalibriert.

monoatomare Siliziumstufen
Durch Selbstorganisation hergestellte monoatomare Siliziumstufen

Geordnete Referenzstrukturen mit Bottom-Up
Mithilfe selbstorganisierter Oberflächenrekonstruktion auf Silizium (111) können monoatomare Stufenhöhennormale hergestellt werden. Mit ihnen lassen sich etwa Rastersondenmikroskope rückgeführt kalibrieren. Dabei dient gemäß der Neudefinition des SI-Einheitensystems die Kristallgitterkonstante des Siliziums als sekundäre Längenreferenz. Derselbe Herstellungsprozess wird genutzt, um atomar glatte Flächen mit Abmessungen von zurzeit ca. 100 μm zu fertigen. Sie lassen sich einsetzen, um Führungsabweichungen von Nanometrologie- Messgeräten mit bewegten Messachsen zu ermitteln. Darüber hinaus können Strukturbreitennormale für die Halbleiterindustrie mit ideal rechteckigen Querschnittsprofilen hergestellt werden. Eine weitere Methode ist die Fertigung von Nanostrukturen basierend auf DNA-Origami-Methoden.