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Nanopartikel-Messsystem für die Corona-Impfstoffforschung

Neuartiges Messsystem ermittelt die Konzentration von Nanopartikeln – erfolgreicher Technologietransfer aus der PTB in die Industrie

Presseinformation
03.08.2021

Im Einzelpartikelzähler wird die Suspension mit einer Kanüle in den konischen Bereich der Durchflussküvette injiziert und anschließend durch die Verjüngung und den umgebenden Hüllstrom beschleunigt. Dadurch werden die Partikel entlang der Strömungsrichtung separiert und passieren überwiegend einzeln den Laserfokus. Dabei wird für jedes Partikel das Streulicht in Laserstrahlrichtung (Vorwärtsstreuung) und senkrecht dazu (Seitwärtsstreuung) gemessen.

Die Vorsilbe „Nano“ kennzeichnet nicht einfach nur die Größe der Teilchen (kleiner als 100 nm), sondern steht für einen teilweise radikalen Wechsel der Teilchen-Eigenschaften: Eben weil sie so klein sind, kommen Nanoteilchen mit ganz anderen optischen, elektrischen oder magnetischen Kennzeichen daher als größere Teilchen desselben Materials. Dies wird beispielsweise für Sonnencremes, funktionale Tinten oder Quantendots (nanometergroße Materialstrukturen, meist aus Halbleitermaterialien, deren Eigenschaften sich in einzigartiger Weise maßschneidern lassen) genutzt. Und auch die Medizin setzt große Hoffnungen auf Nanoteilchen: Sie könnten beispielsweise als Vehikel dienen, mit deren Hilfe Medikamente biologische Barrieren wie die Luft-Blut- oder die Blut-Hirn-Schranke überwinden. Man versucht mit ihnen Krebsmedikamente gezielt in einen Tumor oder einen Impfstoff direkt an den Ort seiner besten Wirksamkeit zu bringen.

Nanopartikel stellen große Anforderungen an die Messtechnik, die man für die Produktentwicklung, die Kontrolle der Produktionsqualität und nicht zuletzt auch für die Risikobewertung der Produkte braucht. Dabei geht es immer häufiger nicht nur um die Größenmessung, sondern auch um die Messung der Teilchenzahl und -konzentration. Im Rahmen eines vom BMWi unterstützten Technologietransferprojekts zwischen der PTB und der Firma LUM GmbH wurde auf Basis eines neuen Ansatzes das Messprinzip eines Einzelpartikel-Streulichtphotometers entwickelt. Es kann die Partikelgrößenverteilung und die Partikelkonzentration von Nano- und Mikropartikeln in Suspensionen und Emulsionen mit hoher Auflösung bestimmen. Neben seiner Genauigkeit ist es gekennzeichnet durch einen sehr breiten Einsatzbereich (für Teilchen von 40 nm bis hin zu 10 µm) und durch große Schnelligkeit: Pro Sekunde können bis zu 10 000 Teilchen analysiert werden. Die Basistechnologie nennt sich Single Particle Light Scattering (SPLS)-Technologie. Damit ermittelt das Gerät die Intensität des Lichts, das von jedem einzelnen Nano- oder Mikropartikel in verschiedenste Richtungen gestreut wird. Dass die Teilchen einzeln hintereinander das Messgerät passieren, ist das Ergebnis von hydrodynamischer Fokussierung: Ein sogenannter Hüllstrom bringt die Teilchen in eine Vorzugsrichtung; anschließend wandern sie gleichsam im Gänsemarsch durch das Zentrum der Messzelle. Diese Methode wird bereits seit Jahren sehr erfolgreich für die Durchflusszytometrie genutzt, mit der z. B. Körperzellen einzeln und schnell gezählt werden können.

Das neue Messystem ist in der Lage, ohne Veränderungen an der Hardware Partikelsuspensionen mit unterschiedlichsten Zusammensetzungen zu analysieren. Es kann auch bei sehr hohen Ausgangskonzentrationen kleinste Größenunterschiede bis in den Nanometerbereich hinein ermitteln. Sowohl das Gesamtsystem als auch einzelne Teile wie spezifische Verstärker und die spezielle Optikanordnung basieren auf zum Patent angemeldeten Verfahren der Partner.

Erste Geräte sind bereits bei einem globalen Pharmakonzern in der EU für die Entwicklung eines Coronaimpfstoffes sowie bei einem namhaften deutschen Forschungsinstitut im Einsatz – eine Erfolgsgeschichte für den Transfer von gemeinschaftlichen vorwettbewerblichen Entwicklungen in aktuelle Anwendungen.
es/ptb

 

Ansprechpartner
Dr. Martin Hussels, Arbeitsgruppe 8.31 Medizinisch-optische Bildgebung, Telefon: (030) 3481-7628, Opens local program for sending emailmartin.hussels(at)ptb.de