Die Qualitätsinfrastruktur (QI) in Deutschland ist ein wesentlicher Garant des wirtschaftlichen Erfolgs. Sie basiert auf dem Zusammenspiel von Metrologie, Standardisierung, Akkreditierung, Konformitätsbewertung und Marktüberwachung. Im Zuge der Digitalisierung muss sich auch die QI verändern zu einer QI-Digital. Dabei spielt die PTB eine ganz wesentliche Rolle. Zu ihren gesetzlichen Kernaufgaben gehört die Sicherstellung der Einheitlichkeit des Messwesens nach dem Einheiten- und Zeitgesetz. Die PTB garantiert, dass Messrichtigkeit, Messbeständigkeit und Prüfbarkeit sichergestellt sind, und unterstützt die internationale Harmonisierung in diesen Bereichen stark. Um diese Ziele auch in einer digitalisierten Welt erreichen zu können, entwickelt die PTB Anwendungen wie digitale Kalibrierzertifikate, erforscht im Kompetenzzentrum „Metrologie für virtuelle Messgeräte“ (VirtMet) die Vergleichbarkeit von realen und virtuellen Messungen und arbeitet an objektiven Bewertungsmethoden für maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz.
Digitalisierung - Kernziel 1
Die PTB will auch in einer digitalisierten Welt die Einheitlichkeit im Messwesen sicherstellen.
Digitale Kalibrierzertifikate
Im industriellen Messwesen unterstützt die PTB das Kalibrierwesen bei der Entwicklung maschinenlesbarer digitaler Zertifikate mit entsprechender Infrastruktur für die gegenseitige Anerkennung der Gültigkeit. Ein Beispiel hierfür ist das digitale Kalibrierzertifikat, welches die Kalibrierinformation in einer für Computer verständlichen Struktur enthält und mit einem digitalen Siegel gesichert werden kann. So können diese Informationen direkt in digitalen Systemen ausgelesen und automatisiert weiterverwendet werden. Neben der Nutzung für digitale Kalibrierzertifikate ist diese Vorgehensweise auch übertragbar auf beliebige andere metrologische Dokumente wie beispielsweise maschinenlesbare Konformitätsbescheinigungen oder digitale Prüfberichte. Über geeignete Softwareschnittstellen wird die in diesen Dokumenten enthaltene Information weltweit nutzbar. Für den DCC liegt inzwischen eine stabile Version vor, auf dessen Grundlage nun die Abstimmungen mit internationalen Partnern aus Metrologie, Forschung und Industrie begonnen wurden.
Ansprechpartner: Dr. Siegfried Hackel, 1.01 Digitalisierung in der Abteilung 1, Tel.:(0531) 592-1017, Siegfried.Hackel(at)ptb.de
Das Kompetenzzentrum „Metrologie für virtuelle Messgeräte“
Im Zuge der Digitalisierung nimmt die Bedeutung von mathematisch-physikalischen Simulationen und computerbasierten Experimenten rasant zu. Wenn mit solchen Simulationen reale Messeinrichtungen und Messungen nachempfunden werden, so kann man dies als virtuelles Messgerät bezeichnen. Aufgabe der Metrologie ist hier die Sicherung von Vertrauen in Simulationsergebnisse, wenn diese in derselben Weise wie reale Messungen verwendet werden sollen. Aus diesem Grund hat die PTB das Kompetenzzentrum „Metrologie für virtuelle Messgeräte“ (VirtMet) eingerichtet. Hier betreibt sie interdisziplinäre Forschung und bündelt Expertise, um sowohl konkrete virtuelle Messverfahren zu entwickeln als auch übergeordnete Fragestellungen zu bearbeiten, etwa folgende: Wie stellt man die Vergleichbarkeit von virtuellen und realen Messungen her? Welche Standards für Schnittstellen, Metadaten und Datenformate sind notwendig? Und wie können virtuelle Experimente für komplexe Messsysteme mit Methoden des maschinellen Lernens behandelt werden?
Ansprechpartner:
Dr. Sascha Eichstädt,FB 9.4 "Metrologie für die digitale Transformation", Tel.:(030) 3481-2008, Sascha.Eichstaedt(at)ptb.de
Maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz
Durch den digitalen Wandel entstehen kontinuierlich neue Produkte und Prozesse, welche die bewährten Maßnahmen zur Qualitätssicherung an ihre Grenzen bringen. Besonders deutlich wird das an komplexen Produkten, die nach dem Inverkehrbringen ihren Zustand dynamisch verändern. Damit sie zuverlässig sind, müssten sie während ihres Lebenszyklus mehrfach, teils kontinuierlich geprüft werden. Dafür gibt es noch keine praktikablen Lösungen. Ein Beispiel hierfür sind Anwendungen des maschinellen Lernens (als eine Art von künstlicher Intelligenz - KI) in der Medizintechnik.
Obwohl zurzeit zahlreiche innovative Medizinprodukte mit hohem Softwareanteil entwickelt werden, gelingt nur einem Bruchteil der Sprung in den Gesundheitsmarkt. Ein wesentlicher Grund dafür ist der Mangel an strukturierten Prozessen und einer Qualitätsinfrastruktur zur objektiven, belastbaren und reproduzierbaren Validierung von KI-Technologien. Die PTB arbeitet daran, für den Einsatz maschinellen Lernens objektive Bewertungsmethoden für die Qualität von Algorithmen festzulegen, gemeinsam mit medizinischen Experten Verfahren für die Bereitstellung von Referenzdaten zu entwickeln sowie an Normen und Standards für quantifizierbare und prüfbare Kriterien für die Datenqualität mitzuarbeiten. Beispielsweise trainieren Forschende der PTB ein künstliches neuronales Netz darauf, die Qualität einzelner Mammografiebilder einzuschätzen. Eine große Hilfe ist dabei eine von der PTB entwickelte virtuelle Mammografie, die zu einer riesigen Datenbank an Bildern mit jeweils genau bekannten Eigenschaften geführt hat. In diesem Zusammenhang beteiligt sich die PTB auch an der Entwicklung und Etablierung einer digitalen Qualitätsplattform, mit der KI-basierte Lösungen validiert werden können. Die Plattform soll nachvollziehbare Kriterien zur Bestimmung der Datenqualität liefern und gewährleisten, dass die Evaluation durch den Computer objektiv und sicher vor Manipulation ist
Mehr Informationen zur Digitalisierung im Gesundheitswesen und der KI-Strategie der PTB finden Sie im Kapitel "Herausforderung Medizin".
Beteiligte Fachbereiche
Fachbereich 6.2 Dosimetrie für Strahlentherapie und Röntgendiagnostik
Fachbereich 8.4 Mathematische Modellierung und Datenanalyse
Digitalisierung im gesetzlichen Messwesen
Die digitale Transformation macht auch nicht Halt vor dem gesetzlichen Messwesen, also in Bereichen geregelt durch das Mess- und Eichgesetz und die Mess- und Eichverordnung (mehr Informationen hier).
Über den bereits genannten Bereich der Medizinprodukte hinaus, finden digitale Technologien zunehmend Eingang in Messeinrichtungen, die unter das MessEG, bzw. die MessEV fallen. So beschäftigt sich die PTB beispielsweise bereits seit einiger Zeit mit Fragestellungen zur Verwendung verteilter Messgeräte, zukunftsfähigen Methoden für Stichprobenverfahren sowie mit der Softwareprüfung bei der Bauartzulassung von Messgeräten. Auch im Bereich "Digitalisierung der Energiewende" ist die PTB aktiv eingebunden, insbesondere bei der Ausgestaltung und Prüfung von Anforderungen für Smart Meter Gateways (SMGW).
Darüber hinaus arbeitet die PTB auch aktiv an der Verwendung digitaler Technologien für die Verschlankungen von Prozessen im gesetzlichen Messwesen. Dafür entwickelt die PTB den Prototypen einer "European Metrology Cloud" mit Anbindung an GAIA-X.
Das gesetzliche Messwesen wird sich durch die digitale Transformation verändern. Die PTB ist in zahlreichen Vorhaben aktiv an den damit einhergehenden Veränderungen pro-aktiv beteiligt und gestaltet diese mit. Dabei ist ein intensiver Austausch mit allen Beteiligten ein wesentlicher Bestandteil der Arbeiten der PTB.
Ansprechpartner "Gesetzliches Messwesen"
Dr. Dirk Ratschko, FB9.2 "Gesetzliches Messwesen und Konformitätsbewertung", Tel.: (0531) 592 9200, Dirk.Ratschko(at)ptb.de
Ansprechpartner "Metrology Cloud" und "Metrologische IT"
Dr. habil. Florian Thiel, FB8.5 "Metrologische Informationstechnik", Tel.: (030) 3481 7592, Florian.Thiel(at)ptb.de