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Weltrekord mit Einzelelektronenpumpe

Demonstration des Quanten-Ampere mit bisher unerreichter Genauigkeit

PTB-News 1.2016
12.01.2016
Besonders interessant für

Metrologieinstitute

Grundlagenforschung

Einzelelektronenpumpen sind aussichtsreiche Kandidaten zur Realisierung eines zukünftigen Quantenstrom-normals und Gegenstand intensiver metrologischer Forschung. Unter Einsatz eines neuartigen, höchstgenauen Stromverstärkers ist es PTB-Forschern gelungen, die Quantisierung des von einer Einzelelektronenpumpe gelieferten Stromes in der Größenordnung von 100 pA bislang unerreicht genau nachzuweisen: Innerhalb der relativen Messunsicherheit von nur 2 · 10–7 stimmte die Stromstärke mit dem erwarteten quantisierten Wert überein. Dies bedeutet eine Messunsicherheit, die um etwa einen Faktor fünf geringer als bei zuvor erzielten Ergebnissen und damit erstmals besser ist als die bestmögliche Ampere-Realisierung im gültigen SI-Einheitensystem.

Funktionsprinzip der untersuchten Einzelelektronenpumpe: Einzelne Elektronen, dargestellt als rote Kugeln, werden von einem „dynamischen Quantentopf“ (zwischen den „Hügeln“ der hier dargestellten Potentiallandschaft) von der einen Seite eines Leiters (im Bild von links) kommend eingefangen und zur anderen Seite hin ausgeworfen. Das Ganze wiederholt sich im Takt der Wechselspannung, die an der linken Barriere des Quantentopfs anhebt und absenkt.

Precision current measurement at a single-electron pump (f = 545 MHz, corresponding tof = e · f ≈ 87 pA) as a function of the voltage at a control gate, depicted as a relative deviation from the nominal value. The error bars at the points (which were measured with different integration times) correspond to statistical standard measurement uncertainties. Also shown is the progression of a fitted theory line.

Einzelelektronenpumpen sind nano-strukturierte elektrische Schaltungen, die den getakteten Transport einzelner Ladungsquanten (Elektronen mit Ele-mentarladung e) ermöglichen. In der PTB werden solche Schaltungen auf der Basis von Halbleiter-Heterostrukturen für zukünftige Anwendungen in der Metrologie hergestellt und erforscht. Bei Taktraten f bis in den Gigahertz-Be-reich können gemäß I = e · f quantisierte Stromstärken I von mehr als hundert Pikoampere generiert werden. Einzelelektronenpumpen sind somit aussichtsreiche Kandidaten für Quantenstromquellen, mit denen die Stromstärkeeinheit nach der anstehenden Neudefinition des Ampere in Zukunft realisiert werden könnte (siehe auch Opens internal link in current windowPTB-News 2.2014).

Die PTB-Forscher setzten einen im ei-genen Hause entwickelten höchstpräzisen Stromverstärker ein, der rückgeführt kalibriert wird („Ultrastable Low-noise Current Amplifier“, siehe auch Opens internal link in current windowPTB-News 1.2015). Er übertrifft die Genauigkeit bislang verfügbarer Pikoamperemeter etwa um das Hundertfache. Der von einer bei f  =  545  MHz betriebenen Einzelelektronenpumpe erzeugte Strom wurde mit dem neuen Instrument in Abhängigkeit von externen Kontrollparametern gemessen. Die relative systematische Messunsicherheit bei diesen Strommessungen betrug nur 1,3 · 10–7.

Die Abbildung links zeigt die Messergebnisse unter Variation der Spannung an der Steuerelektrode, welche die rechte Barriere des „Quantentopfs“ der Elektronenpumpe ansteuert. Abhängig von der Messdauer pro Punkt wurden statistische Standardmessunsicherheiten von hinab bis zu 6  ·  10–7 erreicht. Innerhalb eines relativ großen Bereichs von etwa 11 mV wichen die Messwerte weniger als zwei Standardabweichungen vom Wert des Wendepunktes ab. Die Mittelung der Messwerte in diesem Plateaubereich – in der Abbildung als gestrichelter Rahmen eingezeichnet – lieferte schließlich das Endergebnis: Die relative Differenz zwischen generierter Stromstärke und dem quantisierten Nominalwert, also (I - e · f)/(e · f), betrug -0,94  ±  1,94  ·  10–7. Es wurde somit nachgewiesen, dass die generierte Stromstärke innerhalb einer Gesamtmessunsicherheit von etwa 2 · 10–7 mit dem quantisierten Erwartungswert e · f übereinstimmt – bei 545 Millionen transferierter Elektronen pro Sekunde entspricht dies einer Unsicherheit von nur rund 100 Elektronen. Das bedeutet eine Verringerung der Messunsicherheit um etwa einen Faktor fünf gegenüber zuvor erreichten Messergebnissen.

Zudem übertrifft die bei dieser „Quanten-Ampere“-Demonstration erreichte Genauigkeit erstmals die bestmögliche experimentelle Darstellung des Ampere durch „klassische“ Experimente im gültigen SI-Einheitensystem: Diese erreicht eine Gesamtmessunsicherheit von 2,7 · 10–7.

Ansprechpartner

Hansjörg Scherer
Fachbereich 2.6 Elektrische Quantenmetrologie
Telefon: (0531) 592 2610
Opens window for sending emailhansjoerg.scherer(at)ptb.de

Wissenschaftliche Veröffentlichung

F. Stein, D. Drung, L. Fricke, H. Scherer, F. Hohls, C. Leicht, M. Götz, C. Krause, R. Behr, E. Pesel, K. Pierz, U. Siegner, F.-J. Ahlers, H. W. Schumacher:Opens external link in new window Validation of a quantized-current source with 0.2 ppm uncertainty.  Applied Physics Letters 107, 103501 (2015), DOI: 10.1063/1.4930142 (2015)